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lehre:wise2016-17:gruppe1:station3

Gruppe 1 - Station 3

Namen des Tandems: Marissa Wenner, Maria Boldt

Einleitung

In diesem Teil der Psychoanalytischen Pädagogik, wird das Praxisbeispiel erklärt. Im Seminar wurde dazu ein Flipchart verwendet, um die Erklärungen zu visualisieren. In dem Beispiel sind wir die fertig ausgebildeten Pädagogen und arbeiten mit Individuen zusammen, die ein Trauma erlebt haben. Dieses Thema ist sehr aktuell, wenn man sich die Flüchtlinge betrachtet, die nach Deutschland kommen. Viele von ihnen sind psychisch traumatisiert. Speziell in diesem Beispiel nehmen wir als Klienten einen Jugendlichen, der von seinem gewalttätigen Vater psychisch traumatisiert wurde. Er befindet sich nun in unserer Einrichtung und wird betreut, um so die Möglichkeit zu bekommen, sein Trauma zu bearbeiten und es als Teil seiner Identität anzuerkennen.

Übertragung, Gegenübertragung und Übertragungsidentifizierung

Bei diesem Prozess ist der Jugendliche auf die Hilfe eines Pädagogen angewiesen. Zusammen durchlaufen die beiden verschiedene Stationen der Traumabewältigung, die Übertragung, Gegenübertragung und möglicherweise die Übertragungsidentifizierung. Die Übertragung ist ein weit verbreitetes Phänomen, in der man die erlebten traumatischen Erfahrungen noch einmal mit Hilfe eines Stellvertreters (dem Pädagogen) unbewusst durchlebt. Hierbei kommt es zu einer Wahrnehmungseinschränkung und –verzerrung. Der Pädagoge wird dabei mit einer wichtigen Person (dem gewalttätigen Vater) innerpsychisch „verwechselt“. Daher bezeichnet die Übertragung einen intrapsychischen Vorgang. Ein weiteres Merkmal liegt in der wiederbelebten Objektbeziehung durch einen Stellvertreter, den Pädagogen. Ein drittes Merkmal der Übertragung ist, dass die Übertragungsreaktionen an Regressionen gekoppelt sind und, dass man unbewusst infantilen (kindlichen) Beziehungsmustern folgt. Ein fünftes Merkmal besteht darin, dass Erfahrungen unbewusst in Haltungen und Handlungen umgesetzt werden. Des Weiteren basieren Übertragungsreaktionen auf Verschiebungen und Ersetzungen des früheren Objekts (des Vaters) durch einen Stellvertreter im Hier und Jetzt. Ein letztes Merkmal ist die Wiederholung bzw. Wiederbelebung früherer Beziehungsmuster. Durch die Wahrnehmungsverzerrung, bei der der Jugendliche den Pädagogen stellvertretend als Vater sieht, kommt es zu Abwehrbewegungen, sogenannten Gegenübertragungsreaktionen. D.h., der Jugendliche reagiert auf den Pädagogen, wie auf den Vater, was dazu führt, dass der Pädagoge, beispielsweise bei einer Provokation des Jugendlichen, verärgert wird. Übertragungsreaktionen können also einmal positiv, aber auch negativ sein. Sind sie positiv, verbessert sich das Beziehungsmuster (vgl. Trescher. 1993. S. 174). Sind sie aber negativ, kann der Klient erneut traumatisiert werden. Die Übertragungsreaktionen sind unbewusst, äußern sich aber in Interaktionsformen und Beziehungsangeboten. Dabei versucht der Klient den Pädagogen zu einer Rollenübernahme zu drängen, was das Verhalten und Erleben des Pädagogen beeinflusst. Dazu passt das oben genannte Beispiel, dass der Pädagoge wie der gewalttätige Vater behandelt wird. Daraufhin folgt eine spezifische Übertragungsreaktion als Antwort, zum Beispiel, dass der Pädagoge den Impuls hat stärker mit dem Jugendlichen zu schimpfen als notwendig. Beide befinden sich nun in einer konflikt- und belastungstypischen Szene. Es ist nun sehr wichtig, dass der Pädagoge sein Handeln reflektiert und somit erkennt, dass er eine andere Rolle übernommen hat. Er muss sich zurückhalten. Dieser Vorgang nennt sich „Containing Function“. Versagt der Pädagoge hier, kommt es zu einer verschlüsselten Reproduktion der traumatischen Beziehungssituation, wobei eine unbewusste Identifizierung des Pädagogen mit der Übertragungsfigur (dem Vater) stattfindet (vgl. Trescher. 1993. S. 175). Diese Identifizierung nennt sich Übertragungsidentifizierung. Ihr Ergebnis ist die szenische Reproduktion unverarbeiteter Erfahrungen des Klienten im Hier und Jetzt. Schafft der Pädagoge immernoch nicht sein Verhalten richtig zu reflektieren, scheitert die pädagogische Beziehung durch eine erneute Traumatisierung des Jugendlichen (vgl. Trescher. 1993. S. 176).

Projektion und projektive Identifizierung

Neben der Übertragungsreaktion und dem Versuch der Verarbeitung unbewältigter Erlebnisse in der Gegenwart, spielt auch die Projektion und die projektive Identifizierung eine bedeutenden Rolle. Ging es bei der Übertragungsreaktion um die Aktivierung der Selbstanteile der traumatischen Situation des Pädagogen, werden nun dessen Objektanteile mobilisiert. Bei der Projektion und der anschließenden projektiven Identifizierung handelt es sich um einen Vorgang innerhalb der Interaktionen zwischen Pädagogen und Klienten. Der KLient versucht hierbei den Pädagogen in die Rolle des traumatisierten Kindes zu drängen, um sich selbst aus der drohenden traumatischen Situation zu retten (vgl.Trescher,S. 176). Ein Beispiel für solch eine projektive Identifizierung wäre das hochaggressive Kind, das zügellos um sich schlägt und nicht zu kontrollieren ist. Mit diesem Verhalten versetzt es den Pädagogen in eine Art Ohnmacht, Hilflosigkeit und (Selbst)zweifel, da er nicht weiß, wie er mit dem Kind umgehen soll. Bei der projektiven Identifizierung handelt sich es um einen Versuch des Klienten psychisch zu überleben und mit dem traumatischen Erlebnis „fertig“ zu werden, indem dieses Trauma nun bei anderen, sei es Gleichaltrigen oder Pädadogen, wahr wird (vgl. ebd.) Es besteht die Hoffnung, dass der andere das Trauma stellvertretend übernimmt und verarbeitet. In solchen Momenten kommt es häufig vor, dass Pädagogen an ihren fachlichen Fähigkeiten zweifeln, da ihnen der Klient zu entgleiten droht und sie nicht an ihn herankommen, egal wie sehr sie sich bemühen. In solchen Situationen, wenn der Pädagoge Angst, Zweifel, Verständnislosigkeit und sogar Wut empfindet, durchlebt er genau die Emotionen, die eine traumatische Erfahung mit sich bringt. Nun liegt es am Pädagogen, wie er mit diesen Gefühlen umgeht und sie bearbeitet. Der Klient hofft hierbei, dass der Pädagoge das Trauma besser vearbeitet, als es der Klient konnte, sich aus der traumatischen Situation befreit und das Trauma stellvertretend für den Klienten bearbeitet. Um professionell mit der Situation umzugehen, muss der Pädagoge die Gegenübertragungsreaktionen, sowie die aufkommenden Gefühle und Handlungswünsche ertragen und reflektieren (Containing-Function). Um dies zu ermöglichen wäre eine Supervision hilfreich um einen neuen Blick auf die Geschehnisse zu bekommen und anschließend einen professionellen Umgang mit der Situation zu finden (vgl.ebd.S.178). Indem der Pädagoge seine eigenen Grenzen anerkennt und erträgt, gibt er dem Klienten eine der gewünschten Antworten und gleichzeit ein Modell, mit dem es sich gleichstellen und das es verinnerlichen kann. Die innerpsychische Bearbeitung solcher traumatischen Erlebnisse durch das Containing führt häufig an eigene Belastungsgrenzen, da es die gleiche Intensität „wirklicher“ traumatischer Situation vorweist und dementsprechend auch intensive affektive Reaktionen nach sich zieht (vgl. ebd.)

Fazit

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das psychoanalytische Verstehen viel mehr ist, als das bloße Verstehen oder Aufklären difuser Konflikte. Es bedarf in der Pädagogik eine grundlegende psychoanalytische Haltung, die mit einer offenen Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und teilnehmenden Beobachtung einhergeht. Dies erfodert jedoch eine sogenannte Ich-Spaltung, bei dem das eigene Erleben mittels Reflektion analysiert wird und wichtige Informationen über die Dynamik und Struktur der professionellen Beziehung geben kann. Gleich dem Prinzip „sich verwenden lassen, aber den anderen nicht verwenden“ wird der Pädagoge in die belastenden Lebenssituationen des Klienten miteinbezogen und die Probleme des Klienten werden erlebbar, verstehbar und greifbar (vgl.ebd.). Um diese Vorgäng verstehen zu können, muss der Pädagoge sich und die Beziehung zwischen ihm und dem Klienten Erforschender und Lernenden verstehen. Voraussetzuung dafür ist eine entsprechende Weiterbildung und Professionalisierung. Die psychonalytische Haltung ist eine Wahrnehmungseinstellung, die sich in schwierigen Beziehungen bewährt hat und die auf „aktiver Verstehensbereitschaft“ und teilnehmender Beobachtung basiert.

Literaturangaben

Trescher, Hans-Georg (1993): Handlungtheoretische Aspekte der Psychoanalytischen Pädagogik. In: Muck, Mario/ Trescher, Hans-Georg (Hrsg). Grundlagen der Psychoanalytischen Pädagogik. Mainz: Matthias-Grünewald-Verlag. S.173-179

lehre/wise2016-17/gruppe1/station3.txt · Zuletzt geändert: 2020/11/04 21:02 (Externe Bearbeitung)