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Gruppe 1 - Station 2

Lena Thielen und Alexandra Würsching

Hans-Georg Trescher

Prof. Dr. habil. Hans-Georg Trescher (* 17. Juni 1950 † 4. Dezember 1992) war ein Vertreter der jüngeren Generation der psychoanalytischen Pädagogik und versteht diese als Teil der Psychoanalyse in Bezug auf eine kritische Sozialwissenschaft. Die Beschleunigung des Diskurses in Bezug auf die systematische Weiterentwicklung einer psychoanalytischen Pädagogik ist ihm zu verdanken.

Berufliche Laufbahn

Trescher hat von 1972 bis 1976 Diplompädagogik an der Universität in Frankfurt stu-diert, promovierte 1979 mit seiner Dissertation zu dem Thema ‘Sozialisation und beschädigte Identität‘ und habilitierte 1985 mit ‘Theorie und Praxis der Psychoanalytischen Pädagogik‘ in Frankfurt (vgl. Krüger 2006, S. 111; vgl. Evangelische Hoch-schule Darmstadt, S. 40, 42). Als Professor für Sozialpädagogik und Sonderpädagogik lehrte Trescher an der Evangelischen Fachhochschule in Darmstadt bis zu seinem Tod (vgl. Evangelische Hochschule Darmstadt 1995, S. 7). Der von Trescher mitgegründete Frankfurter Arbeitskreis für Psychoanalytische Pädagogik (FAPP) ist ein Institut für Weiterbildung und Forschung von Psychoanalytische Pädagogik und Soziale Arbeit und bringt seit 1989 fast jedes Jahr ein Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik heraus (vgl. FAPP 2016; Krüger 2006, S. 111). Trescher fokussierte sich auf praktische Arbeiten mit verwahrlosten Jugendlichen unter dem Aspekt der psychoanalytischen Pädagogik (vgl. Krüger 2006, S. 111). Hier zeigt sich, dass er die Psychoanalyse in Bezug auf ihre Anwendung in pädagogischen Fragestellungen und Handlungsfeldern erforscht hat (vgl. Evangelische Hochschule Darmstadt 1995, S. 7).

Treschers Grundgedanke zur psychoanalytischen Pädagogik

Treschers Konzept der psychoanalytischen Pädagogik als Anwendungsfeld der Psychoanalyse kommt erst zum Tragen, sofern die Psychoanalyse als „Kritische Theorie des Subjekts verstanden“ (Krüger 2006, S. 113) wird. Der Fokus liegt hierbei auf der wechselseitigen Beziehung zwischen Klienten_innen und Pädagogen_innen, wobei der_die Klient_in zum Subjekt wird und der Herrschaftsanspruch seitens des_der Pädagogen_in aufgelöst wird. Diese Beziehung als Forschungsgegenstand sollte professionell-fördernd durch den_die Pädagogen_in gestaltet werden und kennzeichnet sich durch einen nicht immer konfliktfreien Dialog aus (vgl. Trescher 1993, S. 168). Die Intention der psychoanalytischen Methode wird von Trescher allerdings ausgehend von dem Paradigma „Heilen und Forschen“ nach Freud nicht mehr als therapeutisches Heilverfahren verstanden, sondern zielt auf den Verstehensprozess des_der Klienten_in ab (vgl. Krüger 2006, S. 113; Trescher 1993, S. 168 ff.). Demnach soll eine Veränderung des Bewusstseins und der Lebenspraxis des Subjekts ermöglicht und Förderungspotenziale sowie Verarbeitungsmöglichkeiten von Entwicklungskrisen oder Beziehungsproblemen erkannt werden (vgl. Trescher 1993, S. 170 ff.). Ziel ist es, den_die Klienten_in zu verstehen und ihm_ihr zu helfen, Unbewusstes bewusst werden zu lassen. Auf diese Weise werden neue qualitative entwicklungsfördernde bzw. konfliktverarbeitende Handlungsspielräume in pädagogi-schen Anwendungsfeldern geschaffen (vgl. Ebd. 1993, S. 170). Diese psychoanalytische Methode ist prozessorientiert und bedient sich den Instrumenten der Selbstreflexion, Reflexion und der Metakommunikation um Beobachtungen und Dialoge zu erforschen und zu analysieren (vgl. Ebd. 1993, S. 169 ff.). Der_die Pädagoge_in zeichnet sich durch seine_ihre Rolle als sowohl Forschende_n als auch Lernende_r aus, mit der Intention, den_die Klienten_in zu verstehen und ihn_sie angemessen zu fördern (vgl. Ebd. 1993, S. 171).

Aus diesem Grund stellt die psychoanalytische Pädagogik ein Prozessmodell dar. Sie wird daher auch als szenisches Verstehen bezeichnet. Der Fokus liegt hierbei auf der Erfassung von unbewussten und bewussten Interaktionsfiguren, die im Beziehungsprozess aufgedeckt werden. „Das szenische Verstehen ist Teil der psychoanalytischen Haltung in der Pädagogik, es ist wesentlicher Teil der notwenigen Basisqualifikation, um psychoanalytisch in den Praxisfeldern der Pädagogik arbeiten zu können.“ (Ebd. 1993, S. 172) Dabei nimmt der_die Pädagoge_in eine lernende und forschende Rolle ein. Dadurch kann ein fördernder Dialog geführt werden. Dieser Dialog findet als interpersonelle Interaktion statt, welche eine für die psychische Pädagogik charakteristische Perspektive ist (vgl. Ebd. 1993, S. 172). Das szenische Verstehen kann als Forschungsmethode verstanden werden, da es durch die Wechselwirkung von Handeln und beständiger Reflexion geprägt ist. Das Ziel, welches mit dieser Methode verfolgt wird, ist dadurch die Veränderung pädagogischer Praxis (vgl. Ebd. 1993, 173). Der Bewusstwerdungsprozess vom Unbewussten hin zum Bewussten ist hierbei immer bei dem_der Pädagoge_in lokalisiert (vgl. Ebd. 1993, S. 171f.). Dabei gibt es einige Faktoren zu beachten, die der_die Pädagoge_in erfüllen muss. Als Voraussetzung gilt eine besondere Haltung im Interaktionsgeschehen und eine spezifische Zuwendung dem_der Klienten_in gegenüber. Um dies zu gewährleisten, muss der_die Pädagoge_in eine gewisse Professionalität erlangen. Dies gelingt überwiegend durch Reflexion und selbstreflexive Ich-Spaltung. Diese führt nämlich zu einer gleichschwebenden Aufmerksamkeit. Der_Die Pädagoge_in muss die optimale Distanz zu wie Aspekten wahren. Dazu zählen einmal das Belastungspotenzial und das Konflikvermögen. Nur so kann eine Bewusstwerdung von Funktionen, Verführungsversuche und Erwartungen stattfinden. Außerdem können dadurch Rollen, die dem_der Pädagogen_in unbewusst zugedacht werden, identifiziert werden. (vgl. Ebd. 1993, S. 172).

Literaturangaben

Krüger, Heinz-Hermann (2006): Einführung in Theorien und Methoden der Erziehungswissenschaft. Opladen: Budrich.

Evangelische Fachhochschule Darmstadt (1995): Bibliographie Hans-Georg Dre-scher. In: Evangelische Fachhochschule Darmstadt (Hrsg.): Fördernder Dialog. Psychoanalytische Pädagogik als Handlungstheorie. Zum Gedenken an Prof. Dr. habil. Hans-Georg Trescher 17. Juni 1950- 4. Dezember 1992. Bogen Verlag: Darmstadt. S. 40-42.

Frankfurter Arbeitskreis für Psychoanalytische Pädagogik e.V. (2016): Startseite. http://www.fapp-frankfurt.de (letzter Zugriff: 13.12.2016).

Köhler-Offierski, Alexa (1995): Vorwort. In: Evangelische Fachhochschule Darmstadt (Hrsg.): Fördernder Dialog. Psychoanalytische Pädagogik als Handlungstheorie. Zum Gedenken an Prof. Dr. habil. Hans-Georg Trescher 17. Juni 1950-4. Dezember 1992. Bogen Verlag: Darmstadt. S. 7-8

Trescher, Hans-Georg (1993): Handlungstheoretische Aspekte der Psychoanalytischen Pädagogik. In: Muck, Mario; Trescher, Hans-Georg (Hrsg.): Grundlagen der psychoanalytischen Pädagogik. Gießen: Psychosozial-Verlag. S. 167-196.

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