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lehre:sose2018:sozialwissmeth:analysen:leimbach:tandem12

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lehre:sose2018:sozialwissmeth:analysen:leimbach:tandem12 [2018/09/03 12:27]
2001:16b8:2a80:7b00:8135:d85c:14a7:8d71 [Fragestellung, Forschungsperspektiven]
lehre:sose2018:sozialwissmeth:analysen:leimbach:tandem12 [2020/11/04 21:41] (aktuell)
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 Bei der Auseinandersetzung mit den bisherigen Forschungsergebnissen stellt Fähnrich fest, dass die Gründe für das straffällige Verhalten der Jugendlichen von einer bevorzugten Kriminalitätstheorie oder aus der Verknüpfung von personenbezogenen Daten zu einem Kombinationsmuster abgeleitet werden (Fähnrich, 2010, S.7). Daraus resultierend formuliert er die These, dass bislang vorliegende theoretischen Forschungsansätze die Selbstdeutungsmuster der Jugendlichen für ihr kriminelles Verhalten nicht ausreichend berücksichtigen. Daraus leitet er folgende Forschungsfragen ab: (1) Wie deuten die Jugendlichen ihre aktuellen Lebensumstände und biografischen Erfahrungen (einschließlich ihrer Straftaten) selbst? und (2) Lassen sich typische Selbstdeutungsmuster der Jugendlichen bezüglich ihrer aktuellen Lebensumstände sowie biografischen Erfahrungen (einschließlich Straftaten) feststellen? (Ebd., S.103) Durch die Interviews erhobene Daten werden mehrfach analysiert, erneut erhoben, zu unterschiedlichen Lebenslagentypen auf zwei Ebenen (Gegenwärtige Situation und biografische Erfahrungen) zusammengefasst und anschließend aufeinander bezogen und miteinander kombiniert (Ebd., S. 201 ff.). Dieses Verfahren leitet sich von der gegenstandsbegründeten Theorie nach Glaser und Strauss (1967/1998) ab (Flick, 2011, S. 387). Die Ergebnisse der Untersuchung sollen dann an das zuständige Polizeipräsidium weitergeleitet werden, da diese in Zukunft hilfreich hinsichtlich Präventiver Konzepte sind (Fähnrich, 2010, S. 105.). Bei der Auseinandersetzung mit den bisherigen Forschungsergebnissen stellt Fähnrich fest, dass die Gründe für das straffällige Verhalten der Jugendlichen von einer bevorzugten Kriminalitätstheorie oder aus der Verknüpfung von personenbezogenen Daten zu einem Kombinationsmuster abgeleitet werden (Fähnrich, 2010, S.7). Daraus resultierend formuliert er die These, dass bislang vorliegende theoretischen Forschungsansätze die Selbstdeutungsmuster der Jugendlichen für ihr kriminelles Verhalten nicht ausreichend berücksichtigen. Daraus leitet er folgende Forschungsfragen ab: (1) Wie deuten die Jugendlichen ihre aktuellen Lebensumstände und biografischen Erfahrungen (einschließlich ihrer Straftaten) selbst? und (2) Lassen sich typische Selbstdeutungsmuster der Jugendlichen bezüglich ihrer aktuellen Lebensumstände sowie biografischen Erfahrungen (einschließlich Straftaten) feststellen? (Ebd., S.103) Durch die Interviews erhobene Daten werden mehrfach analysiert, erneut erhoben, zu unterschiedlichen Lebenslagentypen auf zwei Ebenen (Gegenwärtige Situation und biografische Erfahrungen) zusammengefasst und anschließend aufeinander bezogen und miteinander kombiniert (Ebd., S. 201 ff.). Dieses Verfahren leitet sich von der gegenstandsbegründeten Theorie nach Glaser und Strauss (1967/1998) ab (Flick, 2011, S. 387). Die Ergebnisse der Untersuchung sollen dann an das zuständige Polizeipräsidium weitergeleitet werden, da diese in Zukunft hilfreich hinsichtlich Präventiver Konzepte sind (Fähnrich, 2010, S. 105.).
 ==== Annäherung ans Feld ==== ==== Annäherung ans Feld ====
 +Der Zugang zum Feld geschieht durch die Kontaktaufnahme zu dem Hessischen Polizeipräsidium im Jahr 2006. Somit erhält Fähnrich die als Personagramme zusammengefassten Daten von 80 kriminellen Jugendlichen, die zu einer Ermittlungsgruppe „BASU 21“ gehören. Der Leiter der Ermittlungsgruppe steht Fähnrich für die Dauer der Zusammenarbeit als Ansprechpartner zur Verfügung (Fähnrich, 2010, S. 105). Die Annäherung an das Feld geschieht zunächst über die Methode des selektiven Samplings, muss allerdings verworfen werden, nach dem sich die Komplikationen mit dem Zugang zu den unmittelbaren Probanden ergeben. Da sich zu wenige Jugendlichen für das Interview bereit erklärt haben, nimmt Fähnrich den Kontakt zu weiteren Institutionen auf wählt seine Untersuchungsgruppe mittels „einer Art Zufallsstichprobe“ aus. An dieser Stelle erläutert er nicht weiter, erwähnt nur, dass „die Jugendlichen grundsätzlich in das Profil ‚BASU 21‘ passen sollten“ (Ebd., S.121). Laut Flick liegt die Zufallsstichprobe vor, wenn alle Elemente aus der Gesamtheit unabhängig durch einen Zufallsprozess gezogen werden (Flick, 2009, S.88). An dieser Stelle mangelt es an Erläuterung, ob nur die sieben dazu gekommenen Probanden durch die Zufallsstichprobe und die anderen vier durch eine gezielte Auswahl für die Untersuchungsgruppe gewählt wurden, oder ob die vier Probanden mit in die Gesamtmenge der Zufallsstichprobe gehören. Anschließend führt Fähnrich die persönlichen Interviews mit jedem der elf ausgewählten Jugendlichen ungestört in einem Büro durch. Er nimmt eine aktive Rolle als teilnehmender Beobachter ein und klärt die Jugendlichen über die Inhalte der Untersuchung und über die Vertraulichkeit der Daten auf und animiert sie dazu, die eigene Lebenssituation selbstständig darzulegen. Die Wichtigkeit ihrer persönlichen Meinung wird von Fähnrich betont und im Anschluss an das Interview führt er ein Gespräch darüber, wie das Interview empfunden wurde (Fähnrich, 2010, S.123). Dadurch reduziert Fähnrich (nach Flick) die Distanz als Forscher zu den beobachtenden Personen kann dadurch die Beobachtung konkreter an den wesentlichen Aspekten orientieren (Flick, 2010, S. 126).
 ==== Sammlung der Daten ==== ==== Sammlung der Daten ====
 +Hier ist zwischen zwei verschiedenen Datensammlungen zu differenzieren. Zum ersten die, die Fähnrich bereits im Vorfeld von der Institution erhalten hat und zum zweiten die, die Fähnrich selbst erhoben hat. Durch die Kontaktaufnahme mit dem Hessischen Polizeipräsidium, erhielt Fähnrich, wie in Punkt 4 erwähnt, Zugang zu den bereits erstellten, aber teilweise nicht vollständigen Personagrammen. Zur Ermittlung der eigenen, weiterführenden Daten verwendet Fähnrich das Leitfadeninterview (Fähnrich, 2010, S. 122). Ein Leitfadeninterview stellt den Dialog zwischen dem Interviewer und dem Interviewten dar. Dafür wird im Voraus vom Interviewer ein Leitfaden mit mehr oder minder offenen Fragen erstellt, die der Interviewte dann beantwortet. Ziel ist es die subjektive Sicht des Interviewten zu einem vorher festgelegten Gegenstand zu erkennen. Dieses Gespräch kann bezüglich der Reihenfolge der Fragen variieren. Zudem kann der Fragende an bestimmten Stellen nachhaken und so das Gespräch weiter in die Tiefe lenken (Flick, 2016, S. 113 ff.) Die Interviews wurden von Fähnrich alleine geführt und der Ton wurde aufgenommen. Die Problematik bei dieser Methode liegt im Anwendungsbeispiel dabei, dass die Probanden nicht wahrheitsgemäß antworten könnten und so die Forschungsergebnisse nur bedingt von Wert wären. Dies erkennt Fähnrich und versichert den Jugendlichen „Anonymität“ und Verschwiegenheit (Fähnrich, 2010, S.123). Inwiefern dies zielführend war, lässt sich von Außenstehenden und auch von Fähnrich nicht abschließend klären. Durch die geführten Interviews erhielt Autor die gewünschten subjektiven Empfindungen der Probanden, allerdings wird nicht mehr erwähnt wie er mit den unvollständigen Personagrammen umgehen möchte. Diese halten wir zu diesem Zeitpunkt aber für ‚überflüssig’, da der Autor durch die Zufallsstichprobe ohnehin nicht mehr für die allgemeinen Voraussetzungen seiner Probanden garantieren kann. Dies halten wir für intransparent.
 ==== Fixierung der Daten ==== ==== Fixierung der Daten ====
 +Wie im Unterpunkt „Sammlung der Daten“ schon erwähnt, möchten wir auch hier zwischen den beiden Datensammlungen differenzieren. Die bereits von der Institution ermittelten Daten wurden weiterhin von dieser gespeichert. Die von Fähnrich gesammelten, neuen Daten, wurden als einzelne Fallporträts aufbereitet und, falls vorhanden, mit den Personagrammen vervollständigt. Zudem wurden die Tonaufzeichnungen wortgetreu zu Papier gebracht (Fähnrich, 2010, S. 123). Allerdings bleibt unklar, für welche Transkriptionsmethode sich Fähnrich entschieden hat.
  
 ==== Interpretation der Daten ==== ==== Interpretation der Daten ====
 +Die Interviewfragen entwickelt Fähnrich nach dem Konzept des episodischen Interviews. Diese werden im Zusammenhang mit der thematischen Kodierung umgesetzt, damit die Vorgabe von Themen und gleichzeitige Offenheit für die darauf bezogenen Sichtweisen gewährleistet werden kann (Fähnrich, 2010, S.124 nach Flick 1996, 2007). Es werden zwei Untersuchungsebenen bestimmt: Ebene 1- gegenwärtige Lebensumstände und Kriminalität und Ebene 2 - biografische Erfahrungen mit der Kriminalität. Aus den durch die Interviews erhobenen Daten erstellt Fähnrich die Einzelfallanalysen, die miteinander verglichen werden. Es werden Gemeinsamkeiten aus den Einzelfällen zu den aktuellen Lebensumständen und Kriminalität (Ebene 1) hervorgehoben und bestimmte thematische Kategorien gebildet. Anschließend folgt die Feinanalyse, die mit Hilfe eines Leitfadens erstellt wird und die Bildung von Subkategorien ermöglicht (Fähnrich, 2010, S.125). Die thematisch angelegte Struktur gewährleistet eine hohe Vergleichbarkeit (Flick,2010, S.172). Die angelegten Kategorien werden wieder mit den anderen Fällen abgeglichen und nochmals analysiert. Die Ergebnisse werden von Fähnrich zu den endgültigen Untersuchungskategorien formuliert. Im nächsten Schritt analysiert Fähnrich die einzelnen Fälle unter Beachtung von biografischen Erlebnissen. Aus den festgestellten Gemeinsamkeiten bildet er Situationstypen. Auf die gleiche Weise untersucht Fähnrich die biografischen Erfahrungen der Jugendlichen mit der Kriminalität (Ebene 2) und bildet dadurch die Biografietypen. Die beiden Typen werden miteinander verglichen und auf die inhaltlichen Zusammenhänge überprüft. Anschließend werden durch die Analyse der gemeinsamen Merkmale die Lebenslagentypen gebildet (Fähnrich, 2010, S. 123- 134). Das von Fähnrich verwendetes Auswertungsmodell wird von Flick als zirkuläres Modell beschrieben. Die konsequente Anwendung dieses Modell ermöglicht die permanente Reflexion sowohl der gesamten Forschungsarbeit, als auch deren einzelnen Teilschritte. (Flick, 2011, S. 126 ff.)
 ==== Geltungsbegründung ==== ==== Geltungsbegründung ====
 +In der qualitativen Forschung wird die theoretische Verallgemeinerung angestrebt (Vgl. Flick 2010, S. 279). Diese wird durch einen systematischen Vergleich des erhobenen Materials erreicht. Die vom Flick beschriebenen Methoden des konstanten Vergleichs und Fallkontrastierung und Idealtypenbildung (Vgl. ebd., S. 276ff.) werden von Fähnrich in seiner Forschung umgesetzt (Sieh Abschnitt „Interpretation von Daten“, Typenbildung). Weitere Gütekriterien, die von Flick anführt werden, sind die Anonymität und Datenschutz (Vgl. Flick, 2010, S. 284). Diese werden von Fähnrich den Probanden bei den Interviews zugesichert (Vgl. Fähnrich, S. 123). Die Transparenz der Forschung wird von Fähnrich gewährleistet, indem er seine Vorgehensweisen, Zwischenergebnisse, entstandene Problematiken und deren Lösungsansätze und auch die Forschungsergebnisse offen darlegt, sodass die entstandenen Fragen nach der Vorgehensweise und – gründen beantwortet werden können.
  
 ==== Forschung als Diskurs ==== ==== Forschung als Diskurs ====
 +Eine Rückmeldung von den Ergebnissen der Forschung mit den Lösungsansätzen an die Teilnehmer wird häufig als Erwartung an den Forscher gestellt (Flick, 2009, S. 254) Dieses Kriterium erfüllt Fähnrich teilweise, indem er seine Forschungsergebnisse an das Hessische Polizeipräsidium weiterleitet. Diese soll die erhaltenen Informationen in Zukunft zur Prävention von Straftaten nutzen können (Fähnrich, 2010, S.105). Allerdings bleibt unklar, ob die Studienteilnehmer auch eine Rückmeldung über die Forschungsergebnisse erhalten haben. Zudem werden die Jugendlichen nicht über Zwischenergebnisse informiert oder in den Prozess der Ergebnissicherung eingebunden. 
  
 ==== Literatur ==== ==== Literatur ====
 +**Fähnrich**, Oliver: „Jugendkriminalität: Biografische Kontexte straffälliger Jugendlicher“ Dissertation. Dortmund: Technische Universität Dortmund, 2009
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 +**Flick**, Uwe: „Sozialforschung: Methoden und Anwendungen: Ein Überblick für die BA-Studiengänge“, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 3. Aufl.,2009
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 +**Flick**, Uwe: „Qualitative Forschung. Eine Einführung“, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 4. Aufl., 2011
  
 +**Flick**, Uwe: „Sozialforschung: Methoden und Anwendungen: Ein Überblick für die BA- Studiengänge“, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 3. Aufl., 2016
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