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Tandem 27

  • Tandempartner*in 1: Buchert; Ruth
  • Tandempartner*in 2: Suarezz Romero; Catalina

Entwurfsfassung

Die hermeneutisch-qualitative Studie „Jugendkriminalität. Biografische Kontexte straffälliger Jugendlicher.“, von Oliver Fähnrich im September 2009 verfasst, befasst sich mit wiederholt straffälligen Jugendlichen und deren „subjektiven Einstellungen und individuellen Deutungen ihrer Lebenswelten“ (Fähnrich 2009, S. 118). Der Autor stellt die Frage, ob sich typische Selbstdeutungsmuster unter straffälligen Jugendlichen feststellen lassen (vgl. ebd. S. 103). Fähnrich geht in seiner Untersuchung von der These aus, dass Selbstdeutungen sich nicht immer mit den vorhandenen Kriminalitätstheorien decken (ebd.). Mit seiner Studie möchte er Anregungen zur Diskussion des Themas Jugendkriminalität zu liefern.

Verhältnis Theorie-Gegenstand

Fragestellung, Forschungsperspektiven

Nachdem die Studie vorliegende theoretische Ansätze zur Jugendkriminalität im Kapitel 2 vorstellt, begründet Fähnrich, dass Kriminalität wohl kaum in einer Theorie zu erfassen und erklären ist (vgl. Fähnrich 2009, S. 101). 
Dem Autor geht es im folgenden darum, die subjektiven Vorstellungen und Begründungen der Jugendlichen in Bezug auf ihr kriminelles Verhalten durch Interviews zu erschließen, welches die bestehenden theoretischen Forschungsansätze nach Fähnrich nicht ausreichend berücksichtigen (vgl. ebd., S. 103). 
Daraus ergeben sich die folgenden Forschungsfragen:

  • „Wie deuten die Jugendlichen ihre aktuellen Lebensumstände und biografischen Erfahrungen (einschließliche ihrer Straftaten) selbst?
  • Lassen sich typische Selbstdeutungsmuster der Jugendlichen bezüglich ihrer aktuellen Lebensumstände sowie biografischen Erfahrungen (einschließlich Straftaten) feststellen?“

(ebd.)

Seine Forschungsfragen formuliert Fähnrich eindeutig (vgl. Flick 2016, S. 140). Er möchte dabei auf wichtige, bisher wenig untersuchte, Probleme aufmerksam machen (vgl. ebd., S. 139), seine Fragestellungen können daher als „generative Fragen“ nach Strauss (1991, S. 50) bezeichnet werden.

Annäherung an das Feld

Fähnrich wählt für seine Untersuchung das Projekt „BASU 21“ („Besonders auffällige Straftäter unter 21 Jahren), welches von der 2005 gegründeten Ermittlungsgruppe „Kompass“ bearbeitet wird. Dazu interagiert Fähnrich ab 2006 mit dem hessischen Polizeipräsidium (vgl. Fähnrich 2009, S. 105). Diesen Kontakt legt Fähnrich transparent dar. 
Die Auswertung der biografischen Daten beschreibt der Autor in Kapitel 4 und geht dabei auf verschiedene Aspekte wie beispiesweise Familienumstände, Geschlecht, Nationalität und Bildungslevel ein. Fähnrich wählt darauf basierend Interviewpartner aus, die für seine Studie größtmöglichste Aufschlüsse versprechen (vgl. Flick 2016, S. 159). 
Da sich im weiteren Verlauf nur wenige der möglichen Interviewteilnehmer bereiterklären, an der Untersuchung mitzuwirken, und nur ein Teil dieser zum Interview erscheint, werden auch andere Einrichtungen kontaktiert, die in Frage kommen. Fähnrich wertet durch diesen Schritt schließlich 11 Interviews aus.

Sammlung der Daten

Für seinen Untersuchung zieht Fähnrich zwei Methoden der qualitativen Sozialforschung in Betracht: Das Leitfadeninterview und das narrative Interview nach Fritz Schütze (1976,1977). Er entscheidet sich schließlich für das weniger offene Leitfadeninterview und begründet diese Entscheidung damit, dass die Jugendlichen mit einer offeneren Methode wahrscheinlich überfordert wären (vgl. Fähnrich 2009, S. 118). Welches Leitfadeninterview Fähnrich im genauen auswählt, erwähnt er nicht, er verweist auf verschiedene Formen, welche in Flick 2007 vorgestellt werden (ebd.). Er scheint sich auf die Methoden des problemzentrierten Interviews zu stützen (vgl. Flick 2016, S. 270).


In der Entscheidungsdokumentation beschreibt Fähnrich die Vorteile des Leitfadeninterviews, wobei er auch auf die Schwachstelle der möglichen Notlüge bei einer unangenehmen Frage eingeht, und diese versucht zu minimieren, indem dem „Jugendlichen im Vorfeld, neben der zugesicherten Anonymisierung, mitgeteilt wurde, zu bestimmten, für ihn unangenehmen Fragen nicht antworten […]“ zu müssen (Fähnrich 2009, S. 119).


Der Autor entscheidet sich bei der Auswahl der Interviewpartner zunächst für die Methode des „Theoretical Samplings“ und begründet dies. Er wählt durch diese Methode 10 Interviewpartner aus mit „typischen kriminellen Karriereverläufen“ (ebd. S. 121), muss aber diese Entscheidung im Verlauf der Untersuchung wegen Problemen der Bereitschaft der Jugendlichen des „BASU 21“ Projekts aufgeben und zu „einer Art „Zufallsstichprobe“ übergehen (vgl. ebd. S. 121) sowie weitere Einrichungen mit einbeziehen (vgl. ebd. S. 120ff). Diese zwei Methoden sind in ihrer Vorgehensweise gegensätzlich (vgl. Flick 2007 S. 314), und es kann deswegen von keiner Stichprobe gesprochen werden. „Eine Art Stichprobe“ zeigt ansätzlich diese Problematik, welche Fähnrich mit seiner Benennung versucht einzuordnen. Die Ergebnisse sind durch den Wechsel der sehr verschiedenen Methoden womöglich verzerrt.

Fixierung der Daten

Interpretation der Daten

Bei der Auswertung der Daten greift Fähnrich auf mehrere Ansätze zurück. Das „thematische Kodieren“ von Flick (1996, 2007) bietet hierbei die Grundlage, wobei Fähnrich auch von Kelle/Kluge (1999) sowie Strauss/Corbin (1996) methndische Annahmen mit einbezieht (vgl. Fähnrich 2009, S. 124). Fähnrich wertet die die Ergebnisse hierbei in einem zirkulären Prozess in mehreren Phasen aus. 
Auf Ebene 1 bildet er zunächst zwei „Situationstypen“, auf Ebene 2 drei „Biografietypen“ und subsumiert und kombiniert diese schließlich zu „drei von vier theoretisch denkbaren Typen, hier als „Lebenslagentypen“ bezeichnet“ (ebd. S. 214). Warum nur drei der vier denkbaren Typen in seiner Untersuchung vorkommen, begründet er nachvollziehbar. Es bleiben die Lebenslagentypen „Der subkulturell verhaftetet Typ“ (sechs Fälle), „Der biografisch belastete und subkulturell verhaftete Typ“ (ein Fall), und „Der biografisch belastetet Typ mit ausstiegsorientierten Tendenzen“ (vier Fälle) (vgl. ebd. S. 215).

Geltungsbegründung

Fähnrich versucht mit der Typenbildung einen Ansatz der Verallgemeinerung herzustellen (vgl. Flick 2016, S. 524) und schließt mit Thesen für die drei verschiedenen Lebenslagentypen ab (vgl. Fähnrich 2009, S. 216ff.). Er definiert die verschiedenen Vorraussetzungen, die eintreten müssen, damit sich straffällige Jugendliche von ihrer Strafkarriere distanzieren können und ein Leben ohne Straftaten einschlagen können (ebd.). Der Wechsel von „Theoretical Sampling“ zu „einer Art Stichprobe“ (vgl. Fähnrich 2009, S. 121) ist hierbei in Bezug auf Validität kritisch zu sehen (vgl. Flick 2016, S. 502ff).
Die Studie bewertet Fähnrich folgendermaßen: „Man kann in dieser Arbeit nur vage Vermutungen anstellen, was die Ausstiegsprozesse aus der Kriminalität betrifft.“ (vgl. ebd., S. 218ff.) und „Es wäre interessant zu erfahren, ob man in einer größer angelegten Untersuchung mit ähnlicher Methodik zum selben Schluss käme und die zuletzt aufgestellten Thesen bestätigt werden könnten.“ (vgl. ebd., S. 219).
Kriminalitätstheorien sieht er als Unterstützung zur Behandlung der Jugendkriminalitätsproblematik. Um kriminelle Karrieren zu verhindern, ist es jedoch notwendig, sich mit den Lebenswelten der Jugendlichen selbst auseinanderzusetzen (vgl. ebd., S. 219).

Forschung als Diskurs

Literatur

  • Flick, Uwe. „Sozialforschung. Methoden und Anwendungen Ein Überblick für die BA Studiengänge“. Hamburg. (2014).
  • Flick, Uwe. „Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung“. Hamburg. (2017).
  • Fähnrich, Oliver. „Jugendkriminalität. Biografische Kontexte straffälliger Jugendlicher“. (2009).
  • Strauss, Anselm L. „Grundlagen qualitativer Sozialforschung - Datenanalyse und Theoriebildung in der empirischen soziologischen Forschung“. München. (1991).

Zweiter Text: Begründete Einschätzung anderer Analysen

Ranking: 1. Platz: Tandem 24, 2. Platz: Tandem 23, 3. Platz: Tandem 17, 4. Platz: Tandem 19.

Tandem 24, Platz 1

Die Analyse beinhaltet reichlich weiterführende Literatur, das finden wir gut! Durch die Einleitung kann dem Leser ein guter Einstieg in die Thematik verschafft werden. Der Abschnitt der Fragestellung ist sehr gut aufgebaut und folgt einem Roten Faden. Die Fragestellungen selbst fehlen aber, diese sollten Erwähnung finden und ergänzt werden. Auf die erste Person Plural „wir“ sollte verzichtet werden (Annäherung ans Feld, Interpetation der Daten) und stattdessen eine andere Formulieren gewählt werden. In Sammlung der Daten sollten die Formulierungen bzw. der Satzbau nochmals überschaut werden.

Tandem 23, Platz 2

Die Analyse ist sprachlich gut und verständlich formuliert. Auf eine Einleitung wurde verzichtet, dies könnte bei der finalen Fassung überdacht werden, um dem Leser einen guten Einstieg zu geben. Der Abschnitt ,Forschungsfragen‘ ist ausführlich anhand weiterführender Literatur beschrieben. Hierbei ist zu beachten, nicht in einen beschreibenden, sondern im analysierenden Modus zu bleiben. Dies gilt auch für den Teil „Interpretation der Daten“. Im Abschnitt „Annäherung an das Feld“ werden die Methoden Fähnrichs korrekt beschrieben, der Methodenwechsel sowie die Gründe für diesen Wechsel fehlen jedoch und könnten für die finale Fassung ergänzt werden. Im Abschnitt „Sammlung der Daten“ schreibt ihr „Es stehen ihm 2 Vorgehen zur Auswahl“. Diese Sprachwahl kann unserer Meinung nach zur Verwirrung führen, denn theoretisch stehen Fähnrich mehrere Vorgehen zur Auswahl, er findet aber nur 2 passend für seine Studie

Tandem 17, Platz 3

Insgesamt ist die Analyse sehr gut formuliert.

Der Abschnitt „Fragestellung“ folgt einem Roten Faden, es werden die Ziele der Dissertation genannt, an welche Gruppe die Untersuchung gerichtet ist und dass es sich um eine Qualitative Studie handelt. Auf die genaue Fragestellung selbst wird verzichtet, diesen Schritt könnte man überdenken. 
Die Annäherung an das Feld wird gut nachvollziehbar erläutert. Im Abschnitt „Sammlung der Daten“ wird erwähnt, dass Jugendliche beim narrativen Interview überfordert wären, es bleibt aber unklar, warum dies so wäre, dies könnte ergänzt werden. Weiterführende Literatur wird vorallem in Sammlung der Daten benutzt. Insgesamt sollte darauf geachtet werden, nicht zu sehr in eine Beschreibung bzw. Zusammenfassung zu rutschen, sondern auf der Analyseebene zu bleiben. Beispielsweise ist der Abschnitt „Interpretation der Daten“ vorallem prozessbeschreibend, es wird nur auf Fähnrichs Studie selbst verwiesen.

Tandem 19, Platz 4

Auf eine Einleitung wird verzichtet, dafür wird der Abschnitt „Fragestellung, Forschungsperspektiven“ gut eingeleitet. Auf die genaue Fragestellung selbst wird verzichtet. Da dies wichtiger Kern einer Studie ist, wäre diese Entscheidung zu überdenken. Im Abschnitt „Annäherung ans Feld“ findet vorallem eine Beschreibung statt und es wird auf keine weiterführende Literatur verwiesen. Der Folgeabschnitt „Sammlung der Daten“ ist sehr ausführlich beschrieben. Man sollte versuchen, den Inhalt knapper und präziser zu formulieren. Außerdem sollte für eine Bewertung weiterführende Literatur hinzugezogen werden. Insgesamt ist noch kein roter Faden erkennbar und manche Aussagen unvollständig, beispielsweise „Es sind klar Gründe zur Wahl dieser Interviewform erkennbar“ Hier ist unklar welche Gründe erkennbar sind. Mit einer Überarbeitung und zusätzlicher weiterführender Literatur können diese Lücken gefüllt werden.

Dritter Text: Endfassung

Einleitung

Die hermeneutisch-qualitative Studie „Jugendkriminalität. Biografische Kontexte straffälliger Jugendlicher.“, von Oliver Fähnrich im September 2009 verfasst, befasst sich mit wiederholt straffälligen Jugendlichen und deren „subjektiven Einstellungen und individuellen Deutungen ihrer Lebenswelten“ (Fähnrich 2009, S. 118). Der Autor stellt die Frage, ob sich typische Selbstdeutungsmuster unter straffälligen Jugendlichen feststellen lassen (vgl. ebd. S. 103). Fähnrich geht in seiner Untersuchung von der These aus, dass Selbstdeutungen sich nicht immer mit den vorhandenen Kriminalitätstheorien decken (ebd.). Mit seiner Studie möchte er Anregungen zur Diskussion des Themas Jugendkriminalität zu liefern.

Verhältnis Theorie-Gegenstand

Gegenstand Fänrichs Arbeit ist die Jugendkriminalität. Hierbei geht er spezifisch auf die Wiederholung von Jugendkriminialität ein. Um sich diesem Thema zu nähern, setzt er sich mit der aktuellen Problemlage der Jugendkriminalität auseinander (vgl. Fähnrich 2009, S. 6), und weist unter anderem auf die fragwürdige Forderung hin, härtere Maßnahmen für kriminelle Jugendliche einzuführen (ebd.). In der Einleitung legt er Vorwissen über den Gegenstand offen (vgl. Fähnrich 2009, S. 6ff.).

Fähnrich entwickelt seinen Gegenstand in kritischer Auseinandersetzung mit den zugehörigen Theorien, er bezieht sich immer wieder auf „ausgewählte klassische und aktuelle Kriminalitätstheorien“ (Fährnich 2009, S. 7), und gibt einen Überblick von Theorien (S. 53ff.) und Forschungsstand (S. 96ff.) in seinem 2. Kapitel „Stand der Forschung“ wieder. Obwohl er den Theorien „sehr gute Erklärungsmuster zur Begründung von Kriminalität“ (Fähnrich 2009, S. 102) zuschreibt, kritisiert er das Auslassen der subjektiven Ansichten der Jugendlichen selbst (vgl. Fähnrich 2009, S. 102). Mit dem Aufzeigen und Versuch des Füllens dieser vermeintlichen Forschungslücke folgt er dem Anspruch wissenschaftlachem Arbeitens.

Fragestellung, Forschungsperspektiven

Nachdem die Studie vorliegende theoretische Ansätze zur Jugendkriminalität im Kapitel 2 vorstellt, begründet Fähnrich, dass Kriminalität wohl kaum in einer Theorie zu erfassen und erklären ist (vgl. Fähnrich 2009, S. 101). 
Dem Autor geht es im folgenden darum, die subjektiven Vorstellungen und Begründungen der Jugendlichen in Bezug auf ihr kriminelles Verhalten durch Interviews zu erschließen, welches die bestehenden theoretischen Forschungsansätze nach Fähnrich nicht ausreichend berücksichtigen (vgl. ebd. S. 103). 
Daraus ergeben sich die folgenden Forschungsfragen:

  • „Wie deuten die Jugendlichen ihre aktuellen Lebensumstände und biografischen Erfahrungen (einschließliche ihrer Straftaten) selbst?
  • Lassen sich typische Selbstdeutungsmuster der Jugendlichen bezüglich ihrer aktuellen Lebensumstände sowie biografischen Erfahrungen (einschließlich Straftaten) feststellen?“

(ebd.)

Fähnrich möchte bei seiner Fragestellung auf wichtige, bisher wenig untersuchte, Probleme aufmerksam machen (vgl. ebd. S. 139), seine Fragestellungen können daher als „generative Fragen“ nach Strauss (1991, S. 50) bezeichnet werden.

Annäherung ans Feld

Fähnrich wählt für seine Untersuchung das Projekt „BASU 21“ („Besonders auffällige Straftäter unter 21 Jahren), welches von der 2005 gegründeten Ermittlungsgruppe „Kompass“ bearbeitet wird. Dazu interagiert Fähnrich ab 2006 mit dem hessischen Polizeipräsidium (vgl. Fähnrich 2009, S. 105). Diesen Kontakt legt Fähnrich transparent dar (ebd.). 
Die Auswertung der biografischen Daten beschreibt der Autor in Kapitel 4 und geht dabei auf verschiedene Aspekte wie beispiesweise Familienumstände, Geschlecht, Nationalität und Bildungslevel ein. Fähnrich wählt darauf basierend Interviewpartner aus, die für seine Studie größtmögliche Aufschlüsse versprechen (vgl. Flick 2016, S. 159). 
Da sich im weiteren Verlauf nur wenige der möglichen Interviewteilnehmer bereiterklären, an der Untersuchung mitzuwirken, und nur ein Teil dieser zum Interview erscheint, werden auch andere Einrichtungen kontaktiert, die in Frage kommen. Fähnrich wertet durch diesen Schritt schließlich 11 Interviews aus.

Sammlung der Daten

Für seinen Untersuchung zieht Fähnrich zwei Methoden der qualitativen Sozialforschung in Betracht: Das Leitfadeninterview und das narrative Interview nach Fritz Schütze (1976,1977). Er entscheidet sich schließlich für das weniger offene Leitfadeninterview und begründet diese Entscheidung damit, dass die Jugendlichen mit einer offeneren Methode wahrscheinlich überfordert wären (vgl. Fähnrich 2009, S. 118). Welches Leitfadeninterview Fähnrich im genauen auswählt, erwähnt er nicht, er verweist auf verschiedene Formen, welche in Flick 2007 vorgestellt werden (vgl. Fähnrich 2009, S. 118). Er scheint sich auf die Methoden des problemzentrierten Interviews zu stützen (vgl. Flick 2016, S. 270).


In der Entscheidungsdokumentation beschreibt Fähnrich die Vorteile des Leitfadeninterviews, wobei er auch auf die Schwachstelle der möglichen Notlüge bei einer unangenehmen Frage eingeht, und diese versucht zu minimieren, indem dem „Jugendlichen im Vorfeld, neben der zugesicherten Anonymisierung, mitgeteilt wurde, zu bestimmten, für ihn unangenehmen Fragen nicht antworten […]“ zu müssen (Fähnrich 2009, S. 119).


Der Autor entscheidet sich bei der Auswahl der Interviewpartner zunächst für die Methode des „Theoretical Samplings“ und begründet dies. Er wählt durch diese Methode 10 Interviewpartner aus mit „typischen kriminellen Karriereverläufen“ (ebd. S. 121), muss aber diese Entscheidung im Verlauf der Untersuchung wegen Problemen der Bereitschaft der Jugendlichen des „BASU 21“ Projekts aufgeben und zu „einer Art „Zufallsstichprobe“ übergehen (vgl. ebd. S. 121) sowie weitere Einrichungen mit einbeziehen (vgl. ebd. S. 120ff). Diese zwei Methoden sind in ihrer Vorgehensweise gegensätzlich (vgl. Flick 2007 S. 314), und es kann deswegen von keiner Stichprobe gesprochen werden. „Eine Art Stichprobe“ zeigt ansätzlich diese Problematik, welche Fähnrich mit seiner Benennung versucht einzuordnen. Die Ergebnisse sind durch den Wechsel der sehr verschiedenen Methoden womöglich verzerrt.

Fixierung der Daten

Fähnrich fixiert seine Daten mit Hilfe eine Tonträgers (vgl. Fähnrich 2009, S. 122) und mit Hilfe von Notizen (vgl. Fähnrich 2009, S. 123). Notizen wurden hierbei zusätzlich gemacht um „im Nachfrageteil bestimmte Themen zu konkretisieren bzw. eventuelle Unklarheiten beseitigen zu können.“ (Fähnrich 2009, S. 123).

Interpretation der Daten

Bei der Auswertung der Daten greift Fähnrich auf mehrere Ansätze zurück. Das „thematische Kodieren“ von Flick (1996, 2007) bietet hierbei die Grundlage, wobei Fähnrich auch von Kelle/Kluge (1999) sowie Strauss/Corbin (1996) methndische Annahmen mit einbezieht (vgl. Fähnrich 2009, S. 124). Fähnrich wertet die die Ergebnisse hierbei in einem zirkulären Prozess in mehreren Phasen aus. 
Auf Ebene 1 bildet er zunächst zwei „Situationstypen“, auf Ebene 2 drei „Biografietypen“ und subsumiert und kombiniert diese schließlich zu „drei von vier theoretisch denkbaren Typen, hier als „Lebenslagentypen“ bezeichnet“ (ebd. S. 214). Warum nur drei der vier denkbaren Typen in seiner Untersuchung vorkommen, begründet er nachvollziehbar (vgl. Fähnrich 2009. S. 202). Es bleiben die Lebenslagentypen „Der subkulturell verhaftetet Typ“ (sechs Fälle), „Der biografisch belastete und subkulturell verhaftete Typ“ (ein Fall), und „Der biografisch belastetet Typ mit ausstiegsorientierten Tendenzen“ (vier Fälle) (vgl. ebd. S. 215).

Geltungsbegründung

Fähnrich versucht mit der Typenbildung einen Ansatz der Verallgemeinerung herzustellen (vgl. Flick 2016, S. 524) und schließt mit Thesen für die drei verschiedenen Lebenslagentypen ab (vgl. Fähnrich 2009, S. 216ff.). Er definiert die verschiedenen Vorraussetzungen, die eintreten müssen, damit sich straffällige Jugendliche von ihrer Strafkarriere distanzieren können und ein Leben ohne Straftaten einschlagen können (ebd.). Der Wechsel von „Theoretical Sampling“ zu „einer Art Stichprobe“ (vgl. Fähnrich 2009, S. 121) ist hierbei in Bezug auf Validität kritisch zu sehen (vgl. Flick 2016, S. 502ff).
 Die Studie bewertet Fähnrich folgendermaßen: „Man kann in dieser Arbeit nur vage Vermutungen anstellen, was die Ausstiegsprozesse aus der Kriminalität betrifft.“ (vgl. Fähnrich 2009, S. 218ff.) und „Es wäre interessant zu erfahren, ob man in einer größer angelegten Untersuchung mit ähnlicher Methodik zum selben Schluss käme und die zuletzt aufgestellten Thesen bestätigt werden könnten.“ (vgl. ebd. S. 219).
 Kriminalitätstheorien sieht er als Unterstützung zur Behandlung der Jugendkriminalitätsproblematik. Um kriminelle Karrieren zu verhindern, ist es jedoch notwendig, sich mit den Lebenswelten der Jugendlichen selbst auseinanderzusetzen (vgl. ebd. S. 219).

Forschung als Diskurs

Flick arbeitet im Kontext der Forschung als Diskus mit dem Begriff „Subjektverständnis“. Damit ist vorallem gemeint, in wieweit die Teilnehmer einer Studie in die Auswertung und Reflexion mit einbezogen werden (vgl. Flick 1996, S. 170ff.) Hierbei verweist Flick auf drei Teilschritte, wobei er die ersten zwei Schritte unter dem Begriff des „kommunikatives Validieren[s]„ (Flick 1995, S. 170) zusammenfasst:

1. Den Teilnehmern wird das Ergebnis der Befragung zugänglich für Rückmeldung gemacht. 2. Die Teilnehmer sollen in die „Interpretation der Daten“ (Flick 1995, S. 170) mit einbezogen werden um die Richtigkeit der Aussagen sicherzustellen. 3. Falls die Rückmeldung nach Befragung und Interpretation ausbleibt, soll eine Rückmeldung der Teilnehmer nach Abschluss der Forschung erfolgen.

(vgl. Flick 1995 S. 170ff.)

In Fähnrichs Arbeit zur Jugendkriminalität wird eine Rückmeldung der Teilnehmer nach Befragung oder Interpretation nicht beschrieben. Fähnrich verweist lediglich auf S. 105, dass die „gewonnenen Erkenntnisse an die zuständige Stelle weitergegeben“ werden. Womöglich hätte sich die Einbeziehung der Teilnehmer nach der Befragung als schwierig erwiesen, da sich die Bereitschaft als solches bereits im Vorfeld und während der Studie als eher problematisch herausstellte und Fähnrich notgedrungen seine Methoden ändern und auf weitere Einrichtungen zugreifen musste.

Literatur

  • Flick, Uwe (1995): Stationen des qualitativen Forschungsprozesses. In: Flick, U./von Kardoff, E./Keupp, H./von Rosenstiel, L./Wolff, St. (Hrsg.): Handbuch qualitative Sozialforschung. Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen. Weinheim: Beltz, PVU, S. 148-173.
  • Flick, Uwe (2014): „Sozialforschung. Methoden und Anwendungen Ein Überblick für die BA Studiengänge“. Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag.
  • Flick, Uwe (2016): „Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung“. Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag.
  • Fähnrich, Oliver (2009): „Jugendkriminalität. Biografische Kontexte straffälliger Jugendlicher“.
  • Strauss, Anselm L. (1991): „Grundlagen qualitativer Sozialforschung - Datenanalyse und Theoriebildung in der empirischen soziologischen Forschung“. München: Wilhelm Fink Verlag.

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