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lehre:sose2017:sozialwissmeth:analysen:faehnrich:tandem17

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lehre:sose2017:sozialwissmeth:analysen:faehnrich:tandem17 [2017/09/15 10:25]
tandem17a [Fragestellung, Forschungsperspektiven]
lehre:sose2017:sozialwissmeth:analysen:faehnrich:tandem17 [2020/11/04 21:41] (aktuell)
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 ==== Annäherung ans Feld ==== ==== Annäherung ans Feld ====
-Um einen umfassenden Überblick über das Feld der Untersuchung, den jugendlichen Wiederholungstätern zu bekommen, hat Fähnrich Kontakt mit dem hessischen Polizeipräsidium aufgenommen. Dort wurde zuvor eine Ermittlungsgruppe mit dem Namen "Kompass" gegründet, die sich mit "Besonders auffälligen Straftätern unter 21 Jahren" (BASU 21) beschäftigt. In sogenannten Personagrammen wurden dort die soziale und "kriminelle Biographie" der auffälligen jugendlichen Straftäter festgehalten. Für die Dauer der Studie wurde Fähnrich der Kontakt mit dem zuständigen Leiter der Ermittlungsgruppe als Ansprechpartner zugesichert (vgl. Fähnrich 2009, S. 105). +Um einen umfassenden Überblick über das Feld der Untersuchung, den jugendlichen Wiederholungstätern zu bekommen, hat Fähnrich Kontakt mit dem hessischen Polizeipräsidium aufgenommen. Dort wurde zuvor eine Ermittlungsgruppe mit dem Namen "Kompass" gegründet, die sich mit "Besonders auffälligen Straftätern unter 21 Jahren" (BASU 21) beschäftigt. In sogenannten Personagrammen wurden dort die soziale und "kriminelle" Biographie der auffälligen jugendlichen Straftäter festgehalten. Für die Dauer der Studie wurde Fähnrich der Kontakt mit dem zuständigen Leiter der Ermittlungsgruppe als Ansprechpartner zugesichert (vgl. Fähnrich 2009, S. 105). 
  
 Zum Zeitpunkt der Materialübergabe befanden sich 80 besonders auffällige Straftäter unter 21 in dem Projekt BASU 21, die insgesamt für 1454 Straftaten verurteilt wurden.  Zum Zeitpunkt der Materialübergabe befanden sich 80 besonders auffällige Straftäter unter 21 in dem Projekt BASU 21, die insgesamt für 1454 Straftaten verurteilt wurden. 
-Auf diese 80 Jugendlichen kam man indem folgende Kriterien auf eine EDV-Recherche der Polizei angewandt wurden. Es wurden nur diejenigen berücksichtigt, die innerhalb eines Jahres mindestens fünf, aber insgesamt höchstens 20 Straftaten begangen hatten und sich darunter innerhalb der letzten sechs Monate mindestens ein Gewaltdelikt befand (vgl. Fähnrich 2009, S. 106).+Auf diese 80 Jugendlichen kam man indem in einer EDV-Recherche der Polizei nur diejenigen berücksichtigt wurden, die innerhalb eines Jahres mindestens fünf, aber insgesamt höchstens 20 Straftaten begangen hatten und sich darunter innerhalb der letzten sechs Monate mindestens ein Gewaltdelikt befand (vgl. Fähnrich 2009, S. 106).
 ==== Sammlung der Daten ==== ==== Sammlung der Daten ====
 Bei der Methode der Datenerhebung wurde sich für das Leitfadeninterview entschieden, da es laut Fähnrich bei einem narrativen Interview für die Jugendlichen Überforderungen bei der freien Erzählung entstanden wären (vgl. Fähnrich 2009, S. 118f). Bei dem Leitfadeninterview werden den Jugendlichen gezielt eine Reihe von vorbereiteten Fragen gestellt, die das thematisch relevante Spektrum des Interviews und seines Gegenstands abdecken soll (vgl. Flick 2009, S.113). Der Interviewer kann sich hierbei aktiv und konstruktiv am Erzählungsprozess beteiligen. Somit können die Jugendlichen nicht nur durch aktives Zuhören, sondern auch durch verbale Kommunikation motiviert werden sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen (vgl. Fähnrich 2009, S.119). Ziel des Leitfadeninterviews ist es, durch den Dialog die individuelle Sicht des Interviewpartners auf das Thema zu erhalten (vgl. Flick 2009, S.113). Bei der Methode der Datenerhebung wurde sich für das Leitfadeninterview entschieden, da es laut Fähnrich bei einem narrativen Interview für die Jugendlichen Überforderungen bei der freien Erzählung entstanden wären (vgl. Fähnrich 2009, S. 118f). Bei dem Leitfadeninterview werden den Jugendlichen gezielt eine Reihe von vorbereiteten Fragen gestellt, die das thematisch relevante Spektrum des Interviews und seines Gegenstands abdecken soll (vgl. Flick 2009, S.113). Der Interviewer kann sich hierbei aktiv und konstruktiv am Erzählungsprozess beteiligen. Somit können die Jugendlichen nicht nur durch aktives Zuhören, sondern auch durch verbale Kommunikation motiviert werden sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen (vgl. Fähnrich 2009, S.119). Ziel des Leitfadeninterviews ist es, durch den Dialog die individuelle Sicht des Interviewpartners auf das Thema zu erhalten (vgl. Flick 2009, S.113).
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 Die Ausgangsthese ist, dass vorliegende theoretische Forschungsansätze bisher nur unzulänglich die Selbstdeutungen der Jugendlichen für ihr kriminelles Verhalten berücksichtigen. Daraus abgeleitet, möchte der Forschende die Frage beantworten, wie Jugendliche ihre aktuellen Lebensumstände und biographischen Erfahrungen selbst deuten und ob sich typische Selbstdeutungsmuster der Jugendlichen bezügliche ihrer aktuellen Lebensumstände und biographischen Erfahrungen feststellen lassen. Hierbei sollen sich die Fragen auch auf ihre Straftaten beziehen (vgl. Fähnrich 2009, S.102f). Die Ausgangsthese ist, dass vorliegende theoretische Forschungsansätze bisher nur unzulänglich die Selbstdeutungen der Jugendlichen für ihr kriminelles Verhalten berücksichtigen. Daraus abgeleitet, möchte der Forschende die Frage beantworten, wie Jugendliche ihre aktuellen Lebensumstände und biographischen Erfahrungen selbst deuten und ob sich typische Selbstdeutungsmuster der Jugendlichen bezügliche ihrer aktuellen Lebensumstände und biographischen Erfahrungen feststellen lassen. Hierbei sollen sich die Fragen auch auf ihre Straftaten beziehen (vgl. Fähnrich 2009, S.102f).
  
-Da sich Fähnrichs Forschungsarbeit in erster Linie um die verschiedenen Biographien der jugendlichen Straftäter interessiert, kann von einem retrospektiven Basisdesign ausgegangen werden (vgl. Fähnrich 2009, S.7; Flick 2009, S.180).+Da sich Fähnrichs Forschungsarbeit in erster Linie für die verschiedenen Biographien der jugendlichen Straftäter interessiert, kann von einem retrospektiven Basisdesign ausgegangen werden (vgl. Fähnrich 2009, S.7; Flick 2009, S.180).
 ==== Annäherung ans Feld==== ==== Annäherung ans Feld====
 Um einen umfassenden Überblick über das Feld der Untersuchung, den jugendlichen Wiederholungstätern zu bekommen, hat Fähnrich Kontakt mit dem hessischen Polizeipräsidium aufgenommen. Dort wurde zuvor eine Ermittlungsgruppe mit dem Namen „Kompass“ gegründet, die sich mit „Besonders auffälligen Straftätern unter 21 Jahren“ (BASU 21) beschäftigt. In sogenannten Personagrammen wurden dort die soziale und „kriminelle Biographie“ der auffälligen jugendlichen Straftäter festgehalten. Für die Dauer der Studie wurde Fähnrich der Kontakt mit dem zuständigen Leiter der Ermittlungsgruppe als Ansprechpartner zugesichert (vgl. Fähnrich 2009, S.105). Um einen umfassenden Überblick über das Feld der Untersuchung, den jugendlichen Wiederholungstätern zu bekommen, hat Fähnrich Kontakt mit dem hessischen Polizeipräsidium aufgenommen. Dort wurde zuvor eine Ermittlungsgruppe mit dem Namen „Kompass“ gegründet, die sich mit „Besonders auffälligen Straftätern unter 21 Jahren“ (BASU 21) beschäftigt. In sogenannten Personagrammen wurden dort die soziale und „kriminelle Biographie“ der auffälligen jugendlichen Straftäter festgehalten. Für die Dauer der Studie wurde Fähnrich der Kontakt mit dem zuständigen Leiter der Ermittlungsgruppe als Ansprechpartner zugesichert (vgl. Fähnrich 2009, S.105).
  
-Zum Zeitpunkt der Materialübergabe befanden sich 80 besonders auffällige Straftäter unter 21 in dem Projekt BASU 21, die insgesamt für 1454 Straftaten verurteilt wurden. Auf diese 80 Jugendlichen kam man indem folgende Kriterien auf eine EDV-Recherche der Polizei angewandt wurden. Es wurden nur diejenigen berücksichtigt, die innerhalb eines Jahres mindestens fünf, aber insgesamt höchstens 20 Straftaten begangen hatten und sich darunter innerhalb der letzten sechs Monate mindestens ein Gewaltdelikt befand (vgl. Fähnrich 2009, S.106).+Zum Zeitpunkt der Materialübergabe befanden sich 80 besonders auffällige Straftäter unter 21 in dem Projekt BASU 21, die insgesamt für 1454 Straftaten verurteilt wurden. Auf diese 80 Jugendlichen kam man indem in einer EDV-Recherche der Polizei nur diejenigen berücksichtigt wurden, die innerhalb eines Jahres mindestens fünf, aber insgesamt höchstens 20 Straftaten begangen hatten und sich darunter innerhalb der letzten sechs Monate mindestens ein Gewaltdelikt befand (vgl. Fähnrich 2009, S.106).
  
-Fähnrich nimmt die Jugendlichen während seiner gesamten Forschungstätigkeit sehr ernst und respektiert deren Recht auf Privatsphäre beziehungsweiße Datenschutz (vgl. Fähnrich 2009, S.123). Da er mit ihnen agiert und in Kontakt tritt definiert sich seine Rolle als "teilnehmender Beobachter" (vgl. Flick et al. 1995, S.154). Die Wirkung des Forschers auf die Jugendlichen (nach Flick et al. [1995] der sogenannte Fremdenstatus [S.154]), wird in der Dissertation weder reflektiert noch angesprochen.+Fähnrich nimmt die Jugendlichen während seiner gesamten Forschungstätigkeit sehr ernst und respektiert deren Recht auf Privatsphäre beziehungsweiße Datenschutz (vgl. Fähnrich 2009, S.123). Da er mit ihnen agiert und in Kontakt trittdefiniert sich seine Rolle als "teilnehmender Beobachter" (vgl. Flick et al. 1995, S.154). Die Wirkung des Forschers auf die Jugendlichen (nach Flick et al. [1995] der sogenannte Fremdenstatus [S.154]), wird in der Dissertation weder reflektiert noch angesprochen.
 ==== Sammlung der Daten==== ==== Sammlung der Daten====
  
 Bei der Methode der Datenerhebung wurde sich für das **Leitfadeninterview** entschieden, da laut Fähnrich bei einem narrativen Interview für die Jugendlichen Überforderungen bei der freien Erzählung entstanden wären. Dies bestätigte sich in den Leitfadeninterviews durch die Probleme, die die Jugendlichen beim Formulieren längerer zusammenhängender Sätze hatten (vgl. Fähnrich 2009, S. 118f).  Bei der Methode der Datenerhebung wurde sich für das **Leitfadeninterview** entschieden, da laut Fähnrich bei einem narrativen Interview für die Jugendlichen Überforderungen bei der freien Erzählung entstanden wären. Dies bestätigte sich in den Leitfadeninterviews durch die Probleme, die die Jugendlichen beim Formulieren längerer zusammenhängender Sätze hatten (vgl. Fähnrich 2009, S. 118f). 
  
-Aufgefallen ist, dass beim Leitfadeninterview die Form des **problemzentrierten Interviews** benutzt wurde. Dies bedeutet, dass ein Kurzfragebogen erstellt wird. Den Interviewten werden gezielt eine Reihe von vorbereiteten Fragen gestellt, die das thematisch relevante Spektrum des Interviews und seines Gegenstands abdecken soll (vgl. Flick 2009, S.113). Der Interviewer kann sich hierbei aktiv und konstruktiv am Erzählungsprozess beteiligen. Somit können in Fähnrichs Studie die Jugendlichen nicht nur durch aktives Zuhören, sondern auch durch verbale Kommunikation motiviert werden sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen (vgl. Fähnrich 2009, S.119). +Aufgefallen ist, dass beim Leitfadeninterview die Form des **problemzentrierten Interviews** benutzt wurde. Dies bedeutet, dass ein Kurzfragebogen erstellt wird. Den Interviewten werden gezielt eine Reihe von vorbereiteten Fragen gestellt, die das thematisch relevante Spektrum des Interviews und seines Gegenstands abdecken sollen (vgl. Flick 2009, S.113). Der Interviewer kann sich hierbei aktiv und konstruktiv am Erzählungsprozess beteiligen. Somit können in Fähnrichs Studie die Jugendlichen nicht nur durch aktives Zuhören, sondern auch durch verbale Kommunikation motiviert werden sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen (vgl. Fähnrich 2009, S.119). 
-Auch wird ein Leitfaden vorbereitet, der in der Studie von Fähnrich die Themengebiete Lebensgeschichte, aktuelle Situation und Interessen der Jugendlichen, Familie und Familienverhältnisse, Freunde, Gleichaltrige und außerfamiliären Kontakte, sowie Erfahrungen des Bildungssystems in Beruf und Schule enthält (vgl. Fähnrich 2009, S. 122; Flick 2007, S.210). Dieser Leitfaden soll jedoch den Erzählstrang des Interviewten nicht unterbrechen, sondern eine Möglichkeit seindem Interview eine neue Wendung zu geben (vgl. Flick 2007, S.210).  +Auch wird ein Leitfaden vorbereitet, der in der Studie von Fähnrich die Themengebiete Lebensgeschichte, aktuelle Situation und Interessen der Jugendlichen, Familie und Familienverhältnisse, Freunde, Gleichaltrige und außerfamiliären Kontakte, sowie Erfahrungen des Bildungssystems in Beruf und Schule enthält (vgl. Fähnrich 2009, S. 122; Flick 2007, S.210). Dieser Leitfaden soll jedoch den Erzählstrang des Interviewten nicht unterbrechen, sondern eine Möglichkeit sein dem Interview eine neue Wendung zu geben (vgl. Flick 2007, S.210). 
-Das Interview wird bei dieser Methode auf einen Tonträger aufgezeichnet und ein Interviewprotokoll verfasst (vgl. ebd.).+
  
 ==== Fixierung der Daten==== ==== Fixierung der Daten====
-Die während des Interviews gewonnen Daten wurden von Fähnrich auf doppelte Weiße fixiert. Zum einen wurden die Interviews auf einem **Tonträger** aufgezeichnet und zum anderen wurden zusätzlich noch **Notizen** angefertigt (vgl. Fähnrich 2009, S.122f). Flick et al. (1995) beschreiben den Einfluss von Aufzeichnung auf die Probanden als nicht zu unterschätzenden Faktor (S.161). Gerade bei Personen die nicht täglich an einem forschungs-geleiteten Interview teilnehmen. Damit die Jugendlichen im Fall Fähnrich nicht in großer Skepsis verfallen, wurde ihnen im Vorfeld alles erläutert und vor allem die Schweigepflicht explizit zugesichert (vgl. Fähnrich 2009, S.123).+Die während des Interviews gewonnen Daten wurden von Fähnrich auf doppelte Weiße fixiert. Zum einen wurden die Interviews auf einem **Tonträger** aufgezeichnet und zum anderen wurden zusätzlich noch **Notizen** angefertigt (vgl. Fähnrich 2009, S.122f). Flick et al. (1995) beschreiben den Einfluss von Aufzeichnung auf die Probanden als nicht zu unterschätzenden Faktor (S.161). Gerade bei Personen die nicht täglich an einem forschungs-geleiteten Interview teilnehmen. Damit die Jugendlichen im Fall Fähnrich nicht in große Skepsis verfallen, wurde ihnen im Vorfeld alles erläutert und die Schweigepflicht explizit zugesichert (vgl. Fähnrich 2009, S.123).
  
 Die gewonnenen Daten der Interviews wurden "vollständig und wörtlich transkribiert" (ebd.) und mit Zusatzmaterialien der beteiligten Institutionen zusammengestellt. Aus diesen Datenpaketen konnte Fähnrich die Biographien in verschiedene Typen abbilden (vgl. ebd.). Die gewonnenen Daten der Interviews wurden "vollständig und wörtlich transkribiert" (ebd.) und mit Zusatzmaterialien der beteiligten Institutionen zusammengestellt. Aus diesen Datenpaketen konnte Fähnrich die Biographien in verschiedene Typen abbilden (vgl. ebd.).
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