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lehre:sose2017:sozialwissmeth:analysen:faehnrich:tandem17

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lehre:sose2017:sozialwissmeth:analysen:faehnrich:tandem17 [2017/09/15 09:28]
tandem17a [Interpretation der Daten]
lehre:sose2017:sozialwissmeth:analysen:faehnrich:tandem17 [2020/11/04 21:41] (aktuell)
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 ==== Annäherung ans Feld ==== ==== Annäherung ans Feld ====
-Um einen umfassenden Überblick über das Feld der Untersuchung, den jugendlichen Wiederholungstätern zu bekommen, hat Fähnrich Kontakt mit dem hessischen Polizeipräsidium aufgenommen. Dort wurde zuvor eine Ermittlungsgruppe mit dem Namen "Kompass" gegründet, die sich mit "Besonders auffälligen Straftätern unter 21 Jahren" (BASU 21) beschäftigt. In sogenannten Personagrammen wurden dort die soziale und "kriminelle Biographie" der auffälligen jugendlichen Straftäter festgehalten. Für die Dauer der Studie wurde Fähnrich der Kontakt mit dem zuständigen Leiter der Ermittlungsgruppe als Ansprechpartner zugesichert (vgl. Fähnrich 2009, S. 105). +Um einen umfassenden Überblick über das Feld der Untersuchung, den jugendlichen Wiederholungstätern zu bekommen, hat Fähnrich Kontakt mit dem hessischen Polizeipräsidium aufgenommen. Dort wurde zuvor eine Ermittlungsgruppe mit dem Namen "Kompass" gegründet, die sich mit "Besonders auffälligen Straftätern unter 21 Jahren" (BASU 21) beschäftigt. In sogenannten Personagrammen wurden dort die soziale und "kriminelle" Biographie der auffälligen jugendlichen Straftäter festgehalten. Für die Dauer der Studie wurde Fähnrich der Kontakt mit dem zuständigen Leiter der Ermittlungsgruppe als Ansprechpartner zugesichert (vgl. Fähnrich 2009, S. 105). 
  
 Zum Zeitpunkt der Materialübergabe befanden sich 80 besonders auffällige Straftäter unter 21 in dem Projekt BASU 21, die insgesamt für 1454 Straftaten verurteilt wurden.  Zum Zeitpunkt der Materialübergabe befanden sich 80 besonders auffällige Straftäter unter 21 in dem Projekt BASU 21, die insgesamt für 1454 Straftaten verurteilt wurden. 
-Auf diese 80 Jugendlichen kam man indem folgende Kriterien auf eine EDV-Recherche der Polizei angewandt wurden. Es wurden nur diejenigen berücksichtigt, die innerhalb eines Jahres mindestens fünf, aber insgesamt höchstens 20 Straftaten begangen hatten und sich darunter innerhalb der letzten sechs Monate mindestens ein Gewaltdelikt befand (vgl. Fähnrich 2009, S. 106).+Auf diese 80 Jugendlichen kam man indem in einer EDV-Recherche der Polizei nur diejenigen berücksichtigt wurden, die innerhalb eines Jahres mindestens fünf, aber insgesamt höchstens 20 Straftaten begangen hatten und sich darunter innerhalb der letzten sechs Monate mindestens ein Gewaltdelikt befand (vgl. Fähnrich 2009, S. 106).
 ==== Sammlung der Daten ==== ==== Sammlung der Daten ====
 Bei der Methode der Datenerhebung wurde sich für das Leitfadeninterview entschieden, da es laut Fähnrich bei einem narrativen Interview für die Jugendlichen Überforderungen bei der freien Erzählung entstanden wären (vgl. Fähnrich 2009, S. 118f). Bei dem Leitfadeninterview werden den Jugendlichen gezielt eine Reihe von vorbereiteten Fragen gestellt, die das thematisch relevante Spektrum des Interviews und seines Gegenstands abdecken soll (vgl. Flick 2009, S.113). Der Interviewer kann sich hierbei aktiv und konstruktiv am Erzählungsprozess beteiligen. Somit können die Jugendlichen nicht nur durch aktives Zuhören, sondern auch durch verbale Kommunikation motiviert werden sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen (vgl. Fähnrich 2009, S.119). Ziel des Leitfadeninterviews ist es, durch den Dialog die individuelle Sicht des Interviewpartners auf das Thema zu erhalten (vgl. Flick 2009, S.113). Bei der Methode der Datenerhebung wurde sich für das Leitfadeninterview entschieden, da es laut Fähnrich bei einem narrativen Interview für die Jugendlichen Überforderungen bei der freien Erzählung entstanden wären (vgl. Fähnrich 2009, S. 118f). Bei dem Leitfadeninterview werden den Jugendlichen gezielt eine Reihe von vorbereiteten Fragen gestellt, die das thematisch relevante Spektrum des Interviews und seines Gegenstands abdecken soll (vgl. Flick 2009, S.113). Der Interviewer kann sich hierbei aktiv und konstruktiv am Erzählungsprozess beteiligen. Somit können die Jugendlichen nicht nur durch aktives Zuhören, sondern auch durch verbale Kommunikation motiviert werden sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen (vgl. Fähnrich 2009, S.119). Ziel des Leitfadeninterviews ist es, durch den Dialog die individuelle Sicht des Interviewpartners auf das Thema zu erhalten (vgl. Flick 2009, S.113).
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 ====Einleitung ==== ====Einleitung ====
-In der Dissertation „Jugendkriminalität“ von Oliver Fähnrich werden Jugendliche zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr untersucht, die wiederholt und selbst nach strafrechtlicher Sanktionierung straffällig wurden. Die Fragestellungen und Methoden, mit denen Fähnrich hierbei die qualitative Forschung betrieben hat, werden im Folgenden analysiert.+In der Dissertation „Jugendkriminalität“ von Oliver Fähnrich werden Jugendliche zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr untersucht, die wiederholt und selbst nach strafrechtlicher Sanktionierung straffällig wurden. Die Fragestellungen und Methoden, mit denen Fähnrich hierbei Forschung betrieben hat, werden im Folgenden analysiert.
  
 ==== Verhältnis Theorie-Gegenstand==== ==== Verhältnis Theorie-Gegenstand====
-Schon im Vorfeld zeigt Fähnrich bereits eine Vielzahl von empirisch gesicherten Kriminalitätstheorien sowie unterschiedliche Forschungsansätze auf, welche das straffällige Verhalten Jugendlicher aus verschiedenen Blickwinkeln zu erklären versuchen (vgl. Fähnrich 2009, S.96). Die Theorien und Ansätze bieten trotz aller Kritik Fähnrichs "[...] gute Erklärungsmuster zur Begründung von Kriminalität [...]." (Fähnrich 2009, S.102). Seine Kritik richtet sich auf das bisherige nicht beachten der "subjektiven Vorstellungen" (ebd.) der jugendlichen Straftäter. Aufgrund der Vielschichtigkeit und Komplexität hinsichtlich Verhaltensweißen, Biografie und Lebenswelt der Jugendlichen ist es für Fähnrich jedoch umso wichtiger diese mit einzubeziehen (vgl. ebd.).+Schon im Vorfeld zeigt Fähnrich bereits eine Vielzahl von empirisch gesicherten Kriminalitätstheorien sowie unterschiedliche Forschungsansätze auf, welche das straffällige Verhalten Jugendlicher aus verschiedenen Blickwinkeln zu erklären versuchen (vgl. Fähnrich 2009, S.96). Die Theorien und Ansätze bieten trotz aller Kritik Fähnrichs "gute Erklärungsmuster zur Begründung von Kriminalität". (Fähnrich 2009, S.102). Seine Kritik richtet sich auf das bisherige Nichtbeachten der "subjektiven Vorstellungen" (ebd.) der jugendlichen Straftäter. Aufgrund der Vielschichtigkeit und Komplexität hinsichtlich Verhaltensweißen, Biografie und Lebenswelt der Jugendlichen ist es für Fähnrich jedoch umso wichtiger diese mit einzubeziehen (vgl. ebd.).
  
 Als Untersuchungsgegenstand stellen daher die 80 Jugendlichen und ihre individuellen Biografien, welche dem Projekt der sogenannten "Besonders auffällig Straftätigen unter 21 (kurz: BASU21) zugeordnet sind, dar (vgl. Fähnrich 2009, S.105f). Als Untersuchungsgegenstand stellen daher die 80 Jugendlichen und ihre individuellen Biografien, welche dem Projekt der sogenannten "Besonders auffällig Straftätigen unter 21 (kurz: BASU21) zugeordnet sind, dar (vgl. Fähnrich 2009, S.105f).
 Ein gewisses Vorwissen über den Untersuchungsgegenstand - begangene Straftaten, Wohnmilieu u.a. - konnte anhand der polizeilichen Datenbank erfasst werden (vgl. Fähnrich 2009, S.106). Ein gewisses Vorwissen über den Untersuchungsgegenstand - begangene Straftaten, Wohnmilieu u.a. - konnte anhand der polizeilichen Datenbank erfasst werden (vgl. Fähnrich 2009, S.106).
  
-Durch das Aneignen von Vorwissen entwirft sich Fähnrich "'am Schreibtisch'" (Flick et al. 1995, S.150) ein theoretisches Modell seiner qualitativen Forschung. Dennoch räumt Fähnrich dem Untersuchungsgegenstand gegenüber den vorherrschenden Kriminaltheorien große Bedeutung ein: "Ursachen von kriminellen Verhaltensweisen im Jugendalter sind sehr vielschichtig und müssen deshalb immer im Kontext des Jugendlichen und seiner individuellen Biografie und Lebenswelt gesehen und berücksichtigt werden." (Fähnrich 2009, S.102). Modellbildung und Grounded Theory stehen hier im Widerspruch zueinander, da Fähnrich das Vorhandensein grundlegender Kriminalitätstheorien dem Untersuchungsfeld gegenüberstellt (vgl. ebd.).  +Durch das Aneignen von Vorwissen entwirft Fähnrich "am Schreibtisch" (Flick et al. 1995, S.150) ein theoretisches Modell seiner qualitativen Forschung. Dennoch räumt Fähnrich dem Untersuchungsgegenstand gegenüber den vorherrschenden Kriminaltheorien große Bedeutung ein: "Ursachen von kriminellen Verhaltensweisen im Jugendalter sind sehr vielschichtig und müssen deshalb immer im Kontext des Jugendlichen und seiner individuellen Biografie und Lebenswelt gesehen und berücksichtigt werden." (Fähnrich 2009, S.102). Modellbildung und Grounded Theory stehen hier im Widerspruch zueinander, da Fähnrich das Vorhandensein grundlegender Kriminalitätstheorien dem Untersuchungsfeld gegenüberstellt (vgl. ebd.).  
  
 ==== Fragestellung, Forschungsperspektiven==== ==== Fragestellung, Forschungsperspektiven====
-Die Ausgangsthese ist hierbei, dass vorliegende theoretische Forschungsansätze bisher nur unzulänglich die Selbstdeutungen der Jugendlichen für ihr kriminelles Verhalten berücksichtigen. Daraus abgeleitet, möchte der Forschende die Frage beantworten, wie Jugendliche ihre aktuellen Lebensumstände und biographischen Erfahrungen selbst deuten und ob sich typische Selbstdeutungsmuster der Jugendlichen bezügliche ihrer aktuellen Lebensumstände und biographischen Erfahrungen feststellen lassen. Hierbei sollen sich die Fragen auch auf ihre Straftaten beziehen (vgl. Fähnrich 2009, S.102f).+Die Ausgangsthese ist, dass vorliegende theoretische Forschungsansätze bisher nur unzulänglich die Selbstdeutungen der Jugendlichen für ihr kriminelles Verhalten berücksichtigen. Daraus abgeleitet, möchte der Forschende die Frage beantworten, wie Jugendliche ihre aktuellen Lebensumstände und biographischen Erfahrungen selbst deuten und ob sich typische Selbstdeutungsmuster der Jugendlichen bezügliche ihrer aktuellen Lebensumstände und biographischen Erfahrungen feststellen lassen. Hierbei sollen sich die Fragen auch auf ihre Straftaten beziehen (vgl. Fähnrich 2009, S.102f).
  
-Da sich Fähnrichs Forschungsarbeit in erster Linie um die verschiedenen Biographien der jugendlichen Straftäter interessiert, kann von einem retrospektiven Basisdesign ausgegangen werden (vgl. Fähnrich 2009, S.7; Flick 2009, S.180).+Da sich Fähnrichs Forschungsarbeit in erster Linie für die verschiedenen Biographien der jugendlichen Straftäter interessiert, kann von einem retrospektiven Basisdesign ausgegangen werden (vgl. Fähnrich 2009, S.7; Flick 2009, S.180).
 ==== Annäherung ans Feld==== ==== Annäherung ans Feld====
 Um einen umfassenden Überblick über das Feld der Untersuchung, den jugendlichen Wiederholungstätern zu bekommen, hat Fähnrich Kontakt mit dem hessischen Polizeipräsidium aufgenommen. Dort wurde zuvor eine Ermittlungsgruppe mit dem Namen „Kompass“ gegründet, die sich mit „Besonders auffälligen Straftätern unter 21 Jahren“ (BASU 21) beschäftigt. In sogenannten Personagrammen wurden dort die soziale und „kriminelle Biographie“ der auffälligen jugendlichen Straftäter festgehalten. Für die Dauer der Studie wurde Fähnrich der Kontakt mit dem zuständigen Leiter der Ermittlungsgruppe als Ansprechpartner zugesichert (vgl. Fähnrich 2009, S.105). Um einen umfassenden Überblick über das Feld der Untersuchung, den jugendlichen Wiederholungstätern zu bekommen, hat Fähnrich Kontakt mit dem hessischen Polizeipräsidium aufgenommen. Dort wurde zuvor eine Ermittlungsgruppe mit dem Namen „Kompass“ gegründet, die sich mit „Besonders auffälligen Straftätern unter 21 Jahren“ (BASU 21) beschäftigt. In sogenannten Personagrammen wurden dort die soziale und „kriminelle Biographie“ der auffälligen jugendlichen Straftäter festgehalten. Für die Dauer der Studie wurde Fähnrich der Kontakt mit dem zuständigen Leiter der Ermittlungsgruppe als Ansprechpartner zugesichert (vgl. Fähnrich 2009, S.105).
  
-Zum Zeitpunkt der Materialübergabe befanden sich 80 besonders auffällige Straftäter unter 21 in dem Projekt BASU 21, die insgesamt für 1454 Straftaten verurteilt wurden. Auf diese 80 Jugendlichen kam man indem folgende Kriterien auf eine EDV-Recherche der Polizei angewandt wurden. Es wurden nur diejenigen berücksichtigt, die innerhalb eines Jahres mindestens fünf, aber insgesamt höchstens 20 Straftaten begangen hatten und sich darunter innerhalb der letzten sechs Monate mindestens ein Gewaltdelikt befand (vgl. Fähnrich 2009, S.106).+Zum Zeitpunkt der Materialübergabe befanden sich 80 besonders auffällige Straftäter unter 21 in dem Projekt BASU 21, die insgesamt für 1454 Straftaten verurteilt wurden. Auf diese 80 Jugendlichen kam man indem in einer EDV-Recherche der Polizei nur diejenigen berücksichtigt wurden, die innerhalb eines Jahres mindestens fünf, aber insgesamt höchstens 20 Straftaten begangen hatten und sich darunter innerhalb der letzten sechs Monate mindestens ein Gewaltdelikt befand (vgl. Fähnrich 2009, S.106).
  
-Fähnrich nimmt die Jugendlichen während seiner gesamten Forschungstätigkeit sehr ernst und respektiert deren Recht auf Privatsphäre beziehungsweiße Datenschutz (vgl. Fähnrich 2009, S.123). Da er mit ihnen agiert und in Kontakt tritt definiert sich seine Rolle als "teilnehmender Beobachter" (vgl. Flick et al. 1995, S.154). Die Wirkung des Forschers auf die Jugendlichen (nach Flick et al. [1995] der sogenannte Fremdenstatus [S.154]), wird in der Dissertation weder reflektiert noch angesprochen.+Fähnrich nimmt die Jugendlichen während seiner gesamten Forschungstätigkeit sehr ernst und respektiert deren Recht auf Privatsphäre beziehungsweiße Datenschutz (vgl. Fähnrich 2009, S.123). Da er mit ihnen agiert und in Kontakt trittdefiniert sich seine Rolle als "teilnehmender Beobachter" (vgl. Flick et al. 1995, S.154). Die Wirkung des Forschers auf die Jugendlichen (nach Flick et al. [1995] der sogenannte Fremdenstatus [S.154]), wird in der Dissertation weder reflektiert noch angesprochen.
 ==== Sammlung der Daten==== ==== Sammlung der Daten====
  
-Bei der Methode der Datenerhebung wurde sich für das **Leitfadeninterview** entschieden, da es laut Fähnrich bei einem narrativen Interview für die Jugendlichen Überforderungen bei der freien Erzählung entstanden wären. Dies bestätigte sich in den Leitfadeninterviews durch die Probleme, die die Jugendlichen beim Formulieren längerer zusammenhängender Sätze hatten (vgl. Fähnrich 2009, S. 118f). +Bei der Methode der Datenerhebung wurde sich für das **Leitfadeninterview** entschieden, da laut Fähnrich bei einem narrativen Interview für die Jugendlichen Überforderungen bei der freien Erzählung entstanden wären. Dies bestätigte sich in den Leitfadeninterviews durch die Probleme, die die Jugendlichen beim Formulieren längerer zusammenhängender Sätze hatten (vgl. Fähnrich 2009, S. 118f). 
  
-Aufgefallen ist, dass beim Leitfadeninterview die Form des **problemzentrierten Interviews** benutzt wurde. Dies bedeutet, dass ein Kurzfragebogen erstellt wird. Den Interviewten werden gezielt eine Reihe von vorbereiteten Fragen gestellt, die das thematisch relevante Spektrum des Interviews und seines Gegenstands abdecken soll (vgl. Flick 2009, S.113). Der Interviewer kann sich hierbei aktiv und konstruktiv am Erzählungsprozess beteiligen. Somit können in Fähnrichs Studie die Jugendlichen nicht nur durch aktives Zuhören, sondern auch durch verbale Kommunikation motiviert werden sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen (vgl. Fähnrich 2009, S.119). +Aufgefallen ist, dass beim Leitfadeninterview die Form des **problemzentrierten Interviews** benutzt wurde. Dies bedeutet, dass ein Kurzfragebogen erstellt wird. Den Interviewten werden gezielt eine Reihe von vorbereiteten Fragen gestellt, die das thematisch relevante Spektrum des Interviews und seines Gegenstands abdecken sollen (vgl. Flick 2009, S.113). Der Interviewer kann sich hierbei aktiv und konstruktiv am Erzählungsprozess beteiligen. Somit können in Fähnrichs Studie die Jugendlichen nicht nur durch aktives Zuhören, sondern auch durch verbale Kommunikation motiviert werden sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen (vgl. Fähnrich 2009, S.119). 
-Auch wird ein Leitfaden vorbereitet, der in der Studie von Fähnrich die Themengebiete Lebensgeschichte, aktuelle Situation und Interessen der Jugendlichen, Familie und Familienverhältnisse, Freunde, Gleichaltrige und außerfamiliären Kontakte, sowie Erfahrungen des Bildungssystems in Beruf und Schule enthält (vgl. Fähnrich 2009, S. 122; Flick 2007, S.210). Dieser Leitfaden soll jedoch den Erzählstrang des Interviewten nicht unterbrechen, sondern eine Möglichkeit seindem Interview eine neue Wendung zu geben (vgl. Flick 2007, S.210).  +Auch wird ein Leitfaden vorbereitet, der in der Studie von Fähnrich die Themengebiete Lebensgeschichte, aktuelle Situation und Interessen der Jugendlichen, Familie und Familienverhältnisse, Freunde, Gleichaltrige und außerfamiliären Kontakte, sowie Erfahrungen des Bildungssystems in Beruf und Schule enthält (vgl. Fähnrich 2009, S. 122; Flick 2007, S.210). Dieser Leitfaden soll jedoch den Erzählstrang des Interviewten nicht unterbrechen, sondern eine Möglichkeit sein dem Interview eine neue Wendung zu geben (vgl. Flick 2007, S.210). 
-Das Interview wird bei dieser Methode auf einen Tonträger aufgezeichnet und ein Interviewprotokoll verfasst (vgl. ebd.).+
  
 ==== Fixierung der Daten==== ==== Fixierung der Daten====
-Die während des Interviews gewonnen Daten wurden von Fähnrich auf doppelte Weiße fixiert. Zum einen wurden die Interviews auf einem **Tonträger** aufgezeichnet und zum anderen wurden zusätzlich noch **Notizen** angefertigt (vgl. Fähnrich 2009, S.122f). Flick et al. (1995) beschreiben den Einfluß von Aufzeichnung auf die Probanden als nicht zu unterschätzenden Faktor (S.161). Gerade bei Personen die nicht täglich an einem forschungs-geleiteten Interview teilnehmen. Damit die Jugendlichen im Fall Fähnrich nicht in großer Skepsis verfallen, wurde ihnen im Vorfeld alles erläutert und vor allem die Schweigepflicht explizit zugesichert (vgl. Fähnrich 2009, S.123).+Die während des Interviews gewonnen Daten wurden von Fähnrich auf doppelte Weiße fixiert. Zum einen wurden die Interviews auf einem **Tonträger** aufgezeichnet und zum anderen wurden zusätzlich noch **Notizen** angefertigt (vgl. Fähnrich 2009, S.122f). Flick et al. (1995) beschreiben den Einfluss von Aufzeichnung auf die Probanden als nicht zu unterschätzenden Faktor (S.161). Gerade bei Personen die nicht täglich an einem forschungs-geleiteten Interview teilnehmen. Damit die Jugendlichen im Fall Fähnrich nicht in große Skepsis verfallen, wurde ihnen im Vorfeld alles erläutert und die Schweigepflicht explizit zugesichert (vgl. Fähnrich 2009, S.123).
  
 Die gewonnenen Daten der Interviews wurden "vollständig und wörtlich transkribiert" (ebd.) und mit Zusatzmaterialien der beteiligten Institutionen zusammengestellt. Aus diesen Datenpaketen konnte Fähnrich die Biographien in verschiedene Typen abbilden (vgl. ebd.). Die gewonnenen Daten der Interviews wurden "vollständig und wörtlich transkribiert" (ebd.) und mit Zusatzmaterialien der beteiligten Institutionen zusammengestellt. Aus diesen Datenpaketen konnte Fähnrich die Biographien in verschiedene Typen abbilden (vgl. ebd.).
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 Die Datenauswertung soll eine Typenbildung bewirken, in der „typische kriminelle Karriereverläufe“ der besonders auffälligen jugendlichen Straftäter eingeordnet werden sollen (vgl. Fähnrich 2009, S.123). Die Auswertungsschritte der Datenauswertung orientieren sich laut Fähnrich in einigen Punkten an dem von Flick entwickelten **thematischen Kodieren** (vgl. ebd., S.124). Die Datenauswertung soll eine Typenbildung bewirken, in der „typische kriminelle Karriereverläufe“ der besonders auffälligen jugendlichen Straftäter eingeordnet werden sollen (vgl. Fähnrich 2009, S.123). Die Auswertungsschritte der Datenauswertung orientieren sich laut Fähnrich in einigen Punkten an dem von Flick entwickelten **thematischen Kodieren** (vgl. ebd., S.124).
  
-Wie beim thematischen Kodieren üblich führt Fähnrich zunächst Einzelfallanalysen durch, aus denen kurze Einzelfallportraits entstehen. Diese heben in Fähnrichs Studie anders als vorgesehen nicht die typische Aussage des Falls hervor (vgl. Fähnrich 2009, S.126; Flick 2007, S.403). Fähnrich begründet dies damit, dass der erste Eindruck des Falls nicht überwiegen soll (vgl. Fähnrich 2009, S.126). Auch werden danach durch Kodierung Kategoriensysteme für die einzelnen Fälle entwickelt. Hierbei wird nach Strauss und Corbin vorgegangen, die den Schritt als **Konzeptualisierung der Daten**  bezeichnen. Zusätzlich fasst Fähnrich die Aussage des Interviewten in seinen eigenen Worten zusammen (vgl. ebd., S.126). Die Kategoriensysteme bestehen in der untersuchten Studie aus Kategorien und Subkategorien, die er im nächsten Schritt nun nacheinander miteinander vergleicht und aneinander anpasst (vgl. ebd., S. 127ff). Die Fallanalyse aller Fälle scheint hier bei Fähnrich schon abgeschlossen zu sein. Beim thematischen Kodieren werden allerdings nach den ersten Fallanalysen die entwickelten Kategorien und thematischen Bereiche verglichen und deren thematische Struktur bei der Analyse der weiteren Fälle berücksichtigt. Dies soll die Vergleichbarkeit der Fälle erhöhen (vgl. Flick 2007, S.404). Um die Analyse zu verfeinern, beschreibt Fähnrich die (Sub-)Kategorien aus aktueller Sicht und den biographischen Erfahrungen. Daraus resultieren "fallbezogene Darstellungen der Auseinandersetzung mit dem Gegenstand der Untersuchung einschießlich der für den Fall spezifischen Leitthemen" (ebd., S.405). Daraufhin folgt ein Fall- und Gruppenvergleich mithilfe der thematischen Struktur, bei dem Fähnrich Synopsen bildet und die Fälle nach ähnlichen Merkmalen sowie Selbstdeutungsmustern der aktuellen Situation einteilt (vgl. Fähnrich 2009, S129; Flick 2007, S.405). Um die soziale Verteilung der Perspektiven auf den untersuchten Gegenstand zu analysieren und zu überprüfen, entwirft Fähnrich zu den biographischen Erfahrungen der Jugendlichen und bildet Merkmale und Selbstdeutungsmuster dieser Erfahrungen (vgl. Fähnrich 2009, S.131; Flick 2007, S.405). Als letzter Schritt werden die Fälle gruppiert und charaktisiert, wobei Fähnrich zunächst die Ebenen "aktuelle Situation" und "biographische Erfahrungen" unterscheidet und später dann verbindet und überprüft (vgl. Fähnrich 2009, S. 133f; Flick 2007, S.407). +Wie beim thematischen Kodieren üblich führt Fähnrich zunächst Einzelfallanalysen durch, aus denen kurze Einzelfallportraits entstehen. Diese heben in Fähnrichs Studie anders als vorgesehen nicht die typische Aussage des Falls hervor (vgl. Fähnrich 2009, S.126; Flick 2007, S.403). Fähnrich begründet dies damit, dass der erste Eindruck des Falls nicht überwiegen soll (vgl. Fähnrich 2009, S.126). Auch werden danach durch Kodierung Kategoriensysteme für die einzelnen Fälle entwickelt. Hierbei wird nach Strauss und Corbin vorgegangen, die den Schritt als **Konzeptualisierung der Daten**  bezeichnen. Zusätzlich fasst Fähnrich die Aussage des Interviewten in seinen eigenen Worten zusammen (vgl. ebd., S.126). Die Kategoriensysteme bestehen in der untersuchten Studie aus Kategorien und Subkategorien, die er im nächsten Schritt nun nacheinander miteinander vergleicht und aneinander anpasst (vgl. ebd., S. 127ff). Die Fallanalyse aller Fälle scheint hier bei Fähnrich schon abgeschlossen zu sein. Beim thematischen Kodieren werden allerdings nach den ersten Fallanalysen die entwickelten Kategorien und thematischen Bereiche verglichen und deren thematische Struktur bei der Analyse der weiteren Fälle berücksichtigt. Dies soll die Vergleichbarkeit der Fälle erhöhen (vgl. Flick 2007, S.404). Um die Analyse zu verfeinern, beschreibt Fähnrich die (Sub-)Kategorien aus aktueller Sicht und den biographischen Erfahrungen. Daraus resultieren "fallbezogene Darstellungen der Auseinandersetzung mit dem Gegenstand der Untersuchung einschließlich der für den Fall spezifischen Leitthemen" (ebd., S.405). Daraufhin folgt ein Fall- und Gruppenvergleich mithilfe der thematischen Struktur, bei dem Fähnrich Synopsen bildet und die Fälle nach ähnlichen Merkmalen sowie Selbstdeutungsmustern der aktuellen Situation einteilt (vgl. Fähnrich 2009, S129; Flick 2007, S.405). Um die soziale Verteilung der Perspektiven auf den untersuchten Gegenstand zu analysieren und zu überprüfen, entwirft Fähnrich zu den biographischen Erfahrungen der Jugendlichen eine Zeittafel und bildet Merkmale und Selbstdeutungsmuster dieser Erfahrungen (vgl. Fähnrich 2009, S.131; Flick 2007, S.405). Als letzter Schritt werden die Fälle gruppiert und charakterisiert, wobei Fähnrich zunächst die Ebenen "aktuelle Situation" und "biographische Erfahrungen" unterscheidet und später dann verbindet und überprüft (vgl. Fähnrich 2009, S. 133f; Flick 2007, S.407). 
  
 ==== Geltungsbegründung==== ==== Geltungsbegründung====
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