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Tandem 02

  • Tandempartner 1: Xenia Stindl
  • Tandempartner 2: Leila Kelley

Verhältnis Theorie-Gegenstand

Sue-Ann Bäsler legt im ersten Teil ihrer Forschungsarbeit zum medialen Habitus und die Ausbildung medienpädagogischer Kompetenz bei angehenden Lehrkräften die theoretische Grundlage dar, auf die sich ihre Forschungsarbeit stützt. Dabei handelt es sich um die Modelle „medienpädagogische Kompetenz“ nach Blömke (2000) und das Konzept „medialer Habitus“ nach Kommer und Biermann (2012) (Bäsler 2019: S.9). Außerdem geht sie auf zahlreiche Studien ein, die sich mit dem Medienhandeln von Lehramtsstudierenden beschäftigen und entwickelt ausgehend von diesen und in kritischer Auseinandersetzung ihren Untersuchungsgegenstand (Bäsler 2019: S.33). Sie lässt den Leser also an ihrem Vorwissen teilhaben und zeigt ihm den Weg zur Fragestellung auf. Bäsler nennt an zwei Stellen explizite Hypothesen (S. 52 und S. 147), obwohl sie mit der qualitativen Forschungsmethode arbeitet und damit mit einer hypothesengenerierenden und nicht mit einer hypothesenüberprüfenden Methode (Quelle? Könntest du die angeben?). Damit missachtet sie auch das Prinzip der Offenheit, welches sie in ihrer Analyse nicht explizit anspricht, da sie durch ihre expliziten und impliziten Hypothesen bereits voreingenommen an die Thematik herangeht, obwohl bei qualitativen Forschungsprozessen die Hypothesen erst am Ende des Untersuchungszeitraumes entwickelt werden sollten (Lamnek 2005: S.21).

Fragestellung, Forschungsperspektiven

Sue-Ann Bäsler beschäftigt sich in ihrer Studie mit dem medialen Habitus und mit der medienpädagogischen Ausbildung von Lehramtsstudierenden. Hierbei stellt sie die Frage, ob sich die universitäre medienpädagogische Ausbildung und der mediale Habitus von Lehramtsstudierenden gegenseitig beeinflussen und, ob die universitäre Ausbildung zur Entwicklung des medialen Habitus der Lehramtsstudierenden beitragen kann (Bäsler 2018: S.59).

Aus der Einleitung der Forschungsarbeit geht hervor, dass der Ursprung des Forschungsinteresses soziale Umstände sind. Denn, obwohl es in den letzten Jahren viele Bemühungen und Verbesserungen an den deutschen Schulen, sowohl in der Fort- und Weiterbildung im Bereich der Medienbildung, als auch in der technischen Ausstattung gab, ist die Medienbildung an deutschen Schulen noch nicht komplett umgesetzt worden (Bäsler 2018: S.6). Wird die zentrale Frage der Forschungsarbeit beantwortet, so hat diese Arbeit auch einen gesellschaftlichen Nutzen, weil sie Ansatzpunkte aufzeigen wird, wie die Medienbildung/medienpädagogische Ausbildung von Lehrkräften verbessert werden kann (Bäsler 2018: S.7).

Nach Flick (2009: S. 39 Z.21 ff.) sollte eine Fragestellung eindeutig und zielgerichtet formuliert sein. Allerdings schließt diese Fragestellung keine Themen aus, ist insgesamt sehr allgemein gehalten und sehr weit formuliert. Denn in der Fragestellung wird von Lehramtsstudenten allgemein ausgegangen ohne auf einen Bereich der Lehramtsausbildung zu beschränken (z.B. Elementarstufe/ Sekundarstufe 1/2). Die Fragestellung geht auch nicht explizit darauf ein, dass sich die Forschungsarbeit nur mit der deutschen Lehramtsausbildung beschäftigen wird, obwohl dies in der Forschungsarbeit der Fall ist. Flick führt auf, dass eine Studie auch mehrere Unterfragestellungen umfassen kann (Flick 2009: S.39 Z. 23 ff.). Bäsler nutzt dies auch und formuliert sechs Unterfragestellungen, um die Forschungsfrage zu beantworten (ebd.).

Annäherung ans Feld

Für die Studie wurde als Forschungsdesign die Querschnittsstudie gewählt. Querschnittsdesign bedeutet, dass zu einem gewissen Zeitpunkt Befragungen durchgeführt werden und es damit zu einer Momentaufnahme kommt. Es wird also der Querschnitt eines Zustandes zu einem bestimmten Zeitpunkt gezogen (Flick 2009: S.81). Bäsler hat in ihrer Studie dafür zwei Kohorten gebildet (Medienuniversität und Vergleichsuniversität), welche dann im weiteren Verlauf der Forschungsarbeit miteinander verglichen wurden (Bäsler 2018: S.66). Dieser Vergleich zwischen zwei Gruppen ist ebenfalls typisch für eine Querschnittsstudie (Flick 2009: S.82).

In der Diskussion und Schluss bemängelt Bäsler die Auswahl des Forschungsdesigns selbst. Denn um die Forschungsfrage klar beantworten zu können „müssten die befragten Lehramtsstudierenden in einem längsschnittlichen – statt wie vorliegend in einem querschnittlichen - Design weiter befragt werden, wenn sie in die zweite Phase der Ausbildung, also in den Referendardienst, übergehen“ (Bäsler 2018: S.187).

Im Untersuchungsfeld wird nicht mit einer Institution direkt gearbeitet, was in diesem Fall die Universität wäre, sondern es wird mit Einzelpersonen „geforscht“, die eine universitäre Lehramtsausbildung machen. Die Stichprobe, die an einer Studie teilnimmt sollte ein „verkleinertes Abbild der Grundgesamtheit“ (Flick 2009: S.87) darstellen. Für die Studie wurden von zwei verschiedenen Universitäten Probanden rekrutiert, wobei diese Gruppen sehr heterogen sind. Während von der Medienuni 10 Personen an der Studie teilgenommen haben, gab es von der Vergleichsuni wenig Rücklauf, weshalb aus dieser Kohorte nur 6 Probanden teilgenommen haben (Bäsler 2018: S.63). Die Studienfächer der Medienuniversität sind breit gestreut, während die Studienfächer der Vergleichsuniversität hauptsächlich technische Fächer sind, da es sich bei der Vergleichsuniversität um eine technische Universität handelt (Bäsler 2018: S.66). Die beiden Kohorten sind nicht gut vergleichbar, weil die Kohorte der Medienuni hauptsächlich aus Studierenden im Master besteht, während in der Vergleichskohorte der Studienfortschritt sehr unterschiedlich ist und einige der Studienteilnehmer noch ganz am Anfang ihres Studiums stehen (ebd.). Die Probanden der Vergleichsuni, die für diese Studie ausgewählt wurden sind ebenfalls nicht sehr repräsentativ. Denn bei der Vergleichsuni handelt es sich um eine technische Universität, in der wohl durchschnittlich mehr technikinteressierte Menschen studieren als an durchschnittlichen Universitäten. Das könnte bedeuten, dass der mediale Habitus dieser Studenten über dem der durchschnittlichen Lehramtsstudenten liegt, unabhängig von der medienpädagogischen Ausbildung, die die Studenten an der Universität erfahren.

Der Feldzugang der Forscherin erfolgt distanziert. Sie nimmt nicht an der Lebenswelt der Probanden teil, indem sie etwa die Universitäten persönlich besucht und das Lehrangebot dort in Form einer teilnehmenden Beobachtung wahrnimmt, sondern sie führt ein Interview über das Telefon ohne die Probanden persönlich kennen zu lernen (Bäsler 2018: S. 63). Die Forscherin nimmt also hauptsächlich eine zuhörende Position im Feld ein.

Sammlung der Daten

Bäsler wählt als Erhebungsinstrument das halb-offene Leitfadeninterview (Bäsler 2018: S. 62), was bedeutet, dass mit verbalen Daten gearbeitet wird. Es handelt sich hierbei um ein nicht standardisiertes Befragungsverfahren, das eine flexible Interviewsituation ermöglicht, denn es ist nicht notwendig, die Interviewfragen in einer festgelegten Abfolge zu erfragen. Zudem erläutert Flick, dass die Formulierung der Fragen dazu dient, den Interviewten zu ermöglichen, seine Sicht auf bestimmte Dinge zu entfalten (Flick 2009: S. 310). Gleichzeitig besteht aber auch eine Vergleichbarkeit der Daten (Mayering 2016: S.70), da die Hauptfragen in allen Interviews gestellt werden. Außerdem führt Bäsler auf, dass das Leitfadeninterview eine Stärke ihrer Studie ist, da die Probanden ihre eigene Medienbiografie reflektieren konnten und dies ein gängiges Instrument in der Biografieforschung ist (Bäsler 2018: S. 188).

Fixierung der Daten

Zunächst wurden die so Daten aufbereitet, dass alle Interviews in mp3-Format vorlagen. Die Transkription an sich erfolgte über das f4-Programm und wurde von verschiedenen Externen vorgenommen, die nicht projektbezogen waren. Die Transkriptionsregeln wurden recht einfach gehalten. Beispielsweise mussten Sprechpausen und Überlappungen nicht aufgezeichnet werden, lautmalerische Aussagen hingegen wurden aufgezeichnet. Es entstanden pro Interview 8-13 seitenlange Worddokumente, die im rtf-Format festgehalten wurden (Bäsler 2018: S.67).

Interpretation der Daten

Für die Interpretation der Daten hat die Autorin die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayering verwendet. Diese Methode ist insbesondere dann geeignet, wenn große Datenmengen systematisch und intersubjektiv nachvollziehbar bearbeitet werden müssen (Mayring/Hurst 2005: S. 436). Da insgesamt über hundert Seiten Textmaterial entstanden sind, scheint diese Methode angemessen zu sein. Bäsler hat die induktive Kategoriegewinnung angewandt (Bäsler 2018: S.68). Hierbei werden Forschungsfragen an das Material herangetragen und induktiv abgeleitete Hauptkategorien gebildet. Dann werden die Hauptkategorien in Subkategorien ausdifferenziert und schließlich die Interviewtexte den Kategorien zugeordnet. Hierbei gibt es einen Kodierleitfaden, der formuliert, wann eine Textpassage welcher Kategorie zugeordnet wird (Mayering 2010: S.69ff.). Bäsler hat die Auswertung der Studienergebnisse transparent gemacht, indem sie den gesamten Kodierleitfaden zur Kategorienbildung in den Anhang gestellt hat (siehe Bäsler 2018: S.222 ff.). Das Ziel der qualitativen Inhaltsanalyse ist, das Material zu reduzieren und dabei eine überschaubare Zusammenfassung zu bilden, die immer noch Abbild des Grundmaterials ist (Mayering 2016: S.115). Dies ist Bäsler gut gelungen, da sie die Aussagen von 16 Studenten, die einen Umfang von mehr als hundert Seiten hatten anhand der sechs Unterfragen auf einen Umfang von drei Seiten reduzieren konnte. Die Forscherin hat die qualitative Inhaltsanalyse computergestützt mithilfe des Programms MAXQDA durchgeführt (Bäsler 2018: S. 69).

Geltungsbegründung

Forschung als Diskurs

Literatur

Bäsler, Sue-Ann (2018):Lernen und Lehren mit Medien und über Medien : der mediale Habitus und die Ausbildung medienpädagogischer Kompetenz bei angehenden Lehrkräften. Berlin: Technische Universität Berlin

Flick, Uwe (2016) Qualitative Sozialforschung. 7.Auflage. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag

Flick, Uwe (2009): Sozialforschung. Methoden und Anwendungen. Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag

Mayering, Philipp (2016): Einführung in die qualitative Sozialforschung. 6.Auflage. Weinheim: Beltz

Mayering, Philipp (2010): Qualitative Inhaltsanalyse. 11.Auflage. Weinheim: Beltz

Kommentare

Diskussion

Sandra Kunz, Nadja Friedrich , 2019/06/25 12:41

Bei der Studienanalyse unserer gewählten Studie bewerten wir Tandem 2 mit Platz 2. Der Schreibstil ist umgangssprachlich bis bemüht wissenschaftlich. Positiv zu bemerken sind Sinnesabschnitte und der Punkt „Annäherung an das Feld“. Es wurde sehr viel gute qualitative Literatur gewählt. Die Benennung der Studie fehlt, womit eine Heranführung an das Thema schwer fällt und der Einstieg sehr abrupt stattfindet. Die Zitierweise ist nicht klar erkennbar, da für die indirekte Zitierweise die Kennzeichnung „vgl.“ fehlt. In dem Abschnitt „Interpretation der Daten“ wird ebenfalls nicht klar ersichtlich zitiert (siehe Bäsler 2018: S.222 ff.). Bei der Aufzählung der Literatur wird die gewählte Online Studie leider nicht mit „zuletzt aufgerufen am“ gekennzeichnet.

Lea von Heesen, 2019/07/06 15:52

Wir bewerten Tandem 2 mit Platz 1. Der Einstieg in das Thema ist unserer Ansicht nach sehr gut gelungen und hat unmittelbar zum Weiterlesen animiert. Der inhaltliche Umfang der Studienanalyse liegt genau im Rahmen der uns vorgegebenen Richtlinie. Besonders positiv ist uns der Abschnitt „Annäherung an das Feld“ aufgefallen, da hier eine sehr differenzierte Betrachtung stattgefunden hat. Insgesamt hat uns vor allem die kritische Herangehensweise des Tandems gefallen, die bei den anderen Tandems oftmals zu kurz gekommen ist. Wünschenswert wäre eventuell eine einheitlichere Zitierweise gewesen, die dem/der Lesenden vermittelt, ob es sich um ein indirektes oder ein direktes Zitat handelt. Außerdem positiv anzumerken ist die breit gefächerte Auswahl an Literatur.

Kassandra Wuttig, 2019/07/08 17:37

Tandem 02 sticht vor allem durch seine vielen Belege und die Begriffserläuterung (bspw. Querschnittstudie und induktive Kategoriegewinnung) heraus. Die Verwendung von der vorliegenden Literatur ist positiv zu nennen (bspw. zusätzlich Mayering). Aber nicht nur das Zitieren von Literatur ist notwendig, sondern auch das Einbinden dieser in die Analyse. Dies ist dem Tandem 02 in einigen Abschnitten gelungen (bspw. in dem Kapitel „Fragestellung und Forschungsperspektive“ letzter Sinnesabschnitt) und kann an anderen Textstellen noch weiter ausgearbeitet werden. Als Tipp geben wir dem Tandem eine weitere Verknüpfung von Literatur und Studie. Alles im Allem war die Analyse sehr verständlich und wissenschaftlich fundiert, weswegen das Tandem 02 bei uns auf den 2. Platz zu verordnen ist.

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