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lehre:sose2018:sozialwissmeth:analysen:leimbach:tandem7 [2018/09/12 12:41]
lenahauner [Fragestellung, Forschungsperspektiven]
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 ==== Annäherung ans Feld ==== ==== Annäherung ans Feld ====
 +Laut Flick sind bei der Annäherung an das Forschungsfeld „in der Regel vier Probleme zu lösen“. Als erstes muss „der Zugang zur Institution organisiert“ werden (Flick 2009, S. 66).
 +Wie Fähnrich in Kapitel 4 schreibt, hatte er im Frühjahr 2006 Kontakt mit einem hessischen Polizeipräsidium aufgenommen, um einen umfassenden Überblick über jugendliche Wiederholungstäter zu erhalten (Vgl. Fähnrich 2009, S. 105). 
 +Zweitens muss „der Zugang zu den Einzelpersonen, die an der Untersuchung teilnehmen gefunden werden“ (Flick 2009, S. 66). 
 +Das Polizeipräsidium, welches der Forscher auswählte, gründete 2005 eine Ermittlungsgruppe, welche sich mit „Besonders auffälligen Straftätern unter 21 Jahren“ (es wird auch als BASU 21 bezeichnet) beschäftigt. Somit erlangte Fähnrich zum Zeitpunkt der Materialübergabe Zugang zu 80 besonders auffälligen Straftätern unter 21 Jahren (Vgl. Fähnrich 2009, S. 106). Durch das Selektive Sampling wählte er aus den 80 Fällen zehn Fälle aus, von denen sich jedoch nur vier Jugendliche interviewen ließen (Fähnrich, 2009, S. 120, 121). Flick beschreibt das Selektive Sampling als Purposive Sampling (Flick, 2009, S.95).
 +Als dritten Punkt führt Flick „die Abklärung von Genehmigungen“ auf, sowie als letzten Punkt sie die „Frage des Datenschutzes zu klären“ (Vgl. Flick 2009, S. 66). Personen, welche diese Kriterien erfüllten, wurden zur Kenntnis genommen und Personagramme wurden erstellt (Vgl. Fähnrich 2009, S. 106).
  
 ==== Sammlung der Daten ==== ==== Sammlung der Daten ====
 +Für die Erhebung der Daten wählte Fähnrich das Leitfaden-Interview. Zwar hätte sich auch die Möglichkeit geboten, die Daten mit einem narrativen Interview zu erheben, allerdings sah man dann davon ab, weil „die Jugendlichen mit hoher Wahrscheinlichkeit überfordert gewesen wären, zu einem Thema eine längere Zeit ohne Nachfragen und sonstiges Intervenieren ausführlich zu erzählen“ (Fähnrich 2009, S. 118). Daher wurde das Leitfaden-Interview gewählt, bei dem ein Fragenkatalog vorbereitet wird, der „das thematisch relevante Spektrum des Interviews und seines Gegenstandes abdecken“ soll (Flick 2009, S. 113). Der Interviewer kann bei dieser Form auch von der Reihenfolge der Fragen abweichen um das Ziel zu erreichen, „die individuelle Sicht des Interviewpartners auf das Thema zu erhalten, wozu ein Dialog zwischen Interviewer und Interviewten mit den Fragen initiiert werden soll“ (Flick 2009, S. 114). Der Interviewte kann so frei und umfangreich antworten und der Interviewer kann gegebenenfalls nachfragen, falls die Antworten nicht ergiebig genug sind (Flick 2009, S. 114). Durch die versprochene Anonymität wurden „(Not-)Lügen“ weitgehend minimiert, des Weiteren mussten die Jugendlichen auf für sie unangenehme Fragen nicht antworten (Vgl. Fähnrich 2009, S. 119). Da die Gegenwart weiterer Personen außer Interviewer und Interviewtem „die Darstellung mancher Lebensabschnitte und -bereiche“ hätte verfälschen können, fanden die Interviews in einem ungestörten Büro statt. Nachdem die Fragen und thematischen Schwerpunkte des Interviews dargelegt wurden, wurde dem Jugendlichen nahegelegt „seine persönliche Meinung, Einstellung und Erfahrungen zu allen Themenkomplexen“ zu äußern.
 ==== Fixierung der Daten ==== ==== Fixierung der Daten ====
 +Zur Durchführung der Interviews wurde ein Leitfaden erstellt. Der Forscher zeichnete die Interviews mit einem Tonträger auf und machte sich Notizen „um im Nachfrageteil bestimmte Themen zu konkretisieren bzw. eventuelle Unklarheiten beseitigen zu können“ (Fähnrich 2009, S. 123). Wie Flick in Kapitel 5 auf Seite 138 schreibt, wird bei der Dokumentation der Daten „besonderer Wert auf möglichst umfassende Aufzeichnungen gelegt, weshalb Tonband oder Video der Vorzug vor dem Notieren von Antworten und Handlungen in Stichworten gegeben wird“. Nach der Erhebung der Daten begann Fähnrich damit „typische kriminelle Karriereverläufe“ herzuleiten (Vgl. Fähnrich 2009, S. 123). Um eine erste Orientierung zu erhalten wurde im Vorfeld ein Kurzprofil erstellt, welches dann im weiteren Verlauf erweitert und angepasst wurde (Vgl. Fähnrich 2009, S. 125). Als letzten Schritt werden die gesammelten Daten zusammengebracht.
 ==== Interpretation der Daten ==== ==== Interpretation der Daten ====
 +Bei der Auswertung der Daten orientierte sich Fähnrich „in einigen Punkten an dem von Flick entwickelten `thematischen Kodieren´“ (Flick, 1996, 2007). Fähnrich bildet in seiner Studie Kategorien und Subkategorien aus. Sie wurden unter dem Vorwissen des Bearbeiters aus dem Transkript der thematischen Einheiten herausgearbeitet. Es wurde „geprüft, welche thematischen Einheiten des Interviews entsprechenden Kategorien zugeordnet werden können“ (Fähnrich 2009, S. 127). So unterteilt Fähnrich in seiner Studie beispielsweise die Kategorie „Familie“ in die Subkategorien „Eltern, Mutter, Vater, Geschwister, Besonderheiten und Sonstiges“ und kann so den einzelnen Subkategorien die formulierten Textsequenzen zuordnen (Vgl. Fähnrich 2009, S. 128). Das entstanden Kategoriengerüst kann nun auf den nächsten Fall angewendet werden, wobei man hier offen für weitere neue Kategorien sein sollte. Wenn dieses Verfahren dann auf die weiteren Fälle angewandt wurde und ein einheitliches Kategoriengerüst entstanden ist, kann man es als Methode für die Bildung von Typen und den Fallvergleich heranziehen (Vgl. Fähnrich 2009, S. 129). Flick beschreibt auf Seite 184 die Vorgehensweise zur Datenanalyse hermeneutischer Verfahren, um das es sich hier, wie in der Einleitung beschrieben, handelt. Hierbei wird zunächst eine Fallanalyse durchgeführt anschließend erfolgen Fallvergleiche. Wichtig für die Erstellung von Fallanalysen ist laut Flick „die Einordnung, wofür der Fall und seine Analyse stehen und was an ihm verdeutlicht werden soll“ (Flick 2009, S. 185).
 ==== Geltungsbegründung ==== ==== Geltungsbegründung ====
 +Bei der Geltungsbegründung von Daten stehen zwei zentrale Fragen im Fokus: „Wie entstehen Evidenzen und wie lassen sie sich absichern und vermitteln?“ (Flick/ Kardorff, 1995, S. 167). Zuerst beschäftigt sich der Forscher mit der Frage, wie die allgemeinen Zusammenhänge, welche er im Material gefunden hat, auch tatsächlich darin begründet sind. Der zweite Schritt besteht daraus, dies an Dritte zu vermitteln, hierbei können zwei Strategien beschrieben werden. Es kann versucht werden, Gütekriterien wie Reliabilität, Validität und Objektivität für qualitative Forschungszwecke zu modifizieren (vgl. Flick/ Kardorff, 1995, S. 167). Die zweite Strategie besteht aus der “Entwicklung und Anwendung `methodenangemessener` Gütekriterien für qualitative Forschung“ (Flick/ Kardorff, 1995, S. 167). Des Weiteren ist die Interviewsituation zu analysieren. Dabei wird überprüft, ob im Verlauf des Interviews der zu gewährleistende Authentizitätsgrad angestrebt wurde (Flick/ Kardorff, 1995, S. 167). Oliver Fähnrich wählte die Form des Leitfaden-Interviews (Fähnrich, 2009, S. 119). Hierbei hat laut Uwe Flick der Interviewer die Möglichkeit von der Fragenreihenfolge abzuweichen (Flick, 2009, S. 114).
 ==== Forschung als Diskurs ==== ==== Forschung als Diskurs ====
 +Uwe Flick beschreibt die Forschung als Diskurs als „Subjektverständnis“ (Flick/ Kardorff, 1995, S. 170). Zum Thema wird dabei die „Frage nach der Einbeziehung der Erforschten“ (Flick/ Kardorff, 1995, S. 170), diese Frage kann beschränkt auf die Rolle der Datenlieferanten sein (vgl. Flick/ Kardorff, 1995, S. 170). Oliver Fähnrich holte sich die Bereiterklärung zu den Interviews ein (vgl. Fähnrich, 2009, S. 121) und sicherte den befragten Wiederholungstätern im Vorfeld zu, dass ihre Anonymität gewahrt bliebe, des Weiteren hätten sie für sie unangenehme Fragen nicht beantworten müssen (vgl. Fähnrich, 2009, S. 119). Die Einbeziehung der Beforschten und somit eine Veränderung der Rolle der Subjekte erfolgt laut Flick in drei Schritten. 1. Die „Rückmeldung nach Abschluß der Erhebung“ (Flick/ Kardorff, 1995, S. 170), holt sich der Interviewer die Zustimmung zur Verwendung der Aussagen im Interview ein, „werden diese Aussagen den Befragten natürlich auch rückgemeldet und zugänglich gemacht“ (Flick/ Kardorff, 1995, S. 171). 2. Die „Rückmeldung von Interpretationen“ (Flick/ Kardorff, 1995, S. 170), hierbei werden die Beforschten in die Dateninterpretation miteinbezogen und die Ergebnisse werden geradewegs rückgemeldet (vgl. Flick/ Kardorff, 1995, S. 170). 3. Die „Rückmeldung nach Abschluß der Forschung“ sollte laut Flick „eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein“ (Flick/ Kardorff, 1995, S. 170).
 +==== Literatur ====
 +Fähnrich, Oliver (2009): „Jugendkriminalität: Biografische Kontexte straffälliger Jugendlicher“ Dissertation. Dortmund: Technische Universität Dortmund.
  
-==== Literatur ====+Flick, Uwe (2009): „Sozialforschung. Methoden und Anwendungen. Ein Überblick für die BA-Studiengänge“, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. 
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 +Flick, Uwe (2014): „Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung“, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. 
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 +Flick, Uwe (1995): „Stationen des qualitativen Forschungsprozesses“. In: Flick, Uwe/ von Kardorff, Ernst/ Keupp, Heiner/ von Rosenstiel, Lutz/ Wolff, Stephan (Hrsg.): „Handbuch qualitative Sozialforschung. Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen“, 3. Auflage, Weinheim: Psychologie Verlags Union, S. 148-173.
  
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