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lehre:sose2018:sozialwissmeth:analysen:leimbach:tandem7

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 ==== Fragestellung, Forschungsperspektiven ==== ==== Fragestellung, Forschungsperspektiven ====
 +Die mir vorliegende Dissertation wurde im September 2009 von Oliver Fähnrich mit dem Titel „Jugendkriminalität“, „Biografische Kontexte straffälliger Jugendlicher“, „Merkmale und Selbstdeutungsmuster jugendlicher Wiederholungstäter“ verfasst. Es handelt sich um eine hermeneutisch-qualitative Studie, welche die Selbsteinschätzung der Lebenssituation der Jugendlichen und deren Straftaten, sowie deren Biografie im Kontext mit ihren Straftaten behandelt.
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 +„Fragestellungen können auf repräsentative Ergebnisse abzielen oder auf spezielle Teilgruppen der Gesellschaft gerichtet sein“ (Flick 2009, S. 44). In diesem Fall betrachtet Oliver Fähnrich die Lebensumstände und Merkmale von elf straffällig gewordenen Jugendlichen. Er formuliert im Laufe seiner Dissertation zwei Forschungsfragen, welche ihn zum Ziel seiner Untersuchung führen sollen. Einerseits stellt sich die Frage „Wie deuten die Jugendlichen ihre aktuellen Lebensumstände und biografischen Erfahrungen (einschließlich ihrer Straftaten) selbst?“, andererseits soll herausgefunden werden ob „sich typische Selbstdeutungsmuster der Jugendlichen bezüglich ihrer aktuellen Lebensumstände sowie biografischen Erfahrungen (einschließlich Straftaten) feststellen“ lassen (Vgl. Fähnrich 2009, S. 103). Ziel dieser Dissertation ist es zum einen herauszufinden „wie und unter welchen Bedingungen die Jugendlichen aufgewachsen sind“, zum anderen zu „beschreiben, wie die Jugendlichen ihre biografischen Erfahrungen und aktuellen Lebensumstände deuten und ihre Straftaten rechtfertigen. Anschließen sollen typische Beschreibungs- bzw. Selbstdeutungsmuster herausgearbeitet werden“ und in seinem dritten Punkt möchte er „Anregungen zur aktuellen Diskussion um das Thema Jugendkriminalität liefern“ (Fähnrich 2009, S. 104).
  
 ==== Annäherung ans Feld ==== ==== Annäherung ans Feld ====
 +Laut Flick sind bei der Annäherung an das Forschungsfeld „in der Regel vier Probleme zu lösen“. Als erstes muss „der Zugang zur Institution organisiert“ werden (Flick 2009, S. 66).
 +Wie Fähnrich in Kapitel 4 schreibt, hatte er im Frühjahr 2006 Kontakt mit einem hessischen Polizeipräsidium aufgenommen, um einen umfassenden Überblick über jugendliche Wiederholungstäter zu erhalten (Vgl. Fähnrich 2009, S. 105). 
 +Zweitens muss „der Zugang zu den Einzelpersonen, die an der Untersuchung teilnehmen gefunden werden“ (Flick 2009, S. 66). 
 +Das Polizeipräsidium, welches der Forscher auswählte, gründete 2005 eine Ermittlungsgruppe, welche sich mit „Besonders auffälligen Straftätern unter 21 Jahren“ (es wird auch als BASU 21 bezeichnet) beschäftigt. Somit erlangte Fähnrich zum Zeitpunkt der Materialübergabe Zugang zu 80 besonders auffälligen Straftätern unter 21 Jahren (Vgl. Fähnrich 2009, S. 106). 
 +Als dritten Punkt führt Flick „die Abklärung von Genehmigungen“ auf, sowie als letzten Punkt sie die „Frage des Datenschutzes zu klären“ (Vgl. Flick 2009, S. 66). Personen, welche diese Kriterien erfüllten, wurden zur Kenntnis genommen und Personagramme wurden erstellt (Vgl. Fähnrich 2009, S. 106).
  
 ==== Sammlung der Daten ==== ==== Sammlung der Daten ====
 +Für die Erhebung der Daten wählte Fähnrich das Leitfaden-Interview. Zwar hätte sich auch die Möglichkeit geboten, die Daten mit einem narrativen Interview zu erheben, allerdings sah man dann davon ab, weil „die Jugendlichen mit hoher Wahrscheinlichkeit überfordert gewesen wären, zu einem Thema eine längere Zeit ohne Nachfragen und sonstiges Intervenieren ausführlich zu erzählen“ (Fähnrich 2009, S. 118). Daher wurde das Leitfaden-Interview gewählt, bei dem ein Fragenkatalog vorbereitet wird, der „das thematisch relevante Spektrum des Interviews und seines Gegenstandes abdecken“ soll (Flick 2009, S. 113). Der Interviewer kann bei dieser Form auch von der Reihenfolge der Fragen abweichen um das Ziel zu erreichen, „die individuelle Sicht des Interviewpartners auf das Thema zu erhalten, wozu ein Dialog zwischen Interviewer und Interviewten mit den Fragen initiiert werden soll“ (Flick 2009, S. 114). Der Interviewte kann so frei und umfangreich antworten und der Interviewer kann gegebenenfalls nachfragen, falls die Antworten nicht ergiebig genug sind (Flick 2009, S. 114). Durch die versprochene Anonymität wurden „(Not-)Lügen“ weitgehend minimiert, des Weiteren mussten die Jugendlichen auf für sie unangenehme Fragen nicht antworten (Vgl. Fähnrich 2009, S. 119). Da die Gegenwart weiterer Personen außer Interviewer und Interviewtem „die Darstellung mancher Lebensabschnitte und -bereiche“ hätte verfälschen können, fanden die Interviews in einem ungestörten Büro statt. Nachdem die Fragen und thematischen Schwerpunkte des Interviews dargelegt wurden, wurde dem Jugendlichen nahegelegt „seine persönliche Meinung, Einstellung und Erfahrungen zu allen Themenkomplexen“ zu äußern.
 ==== Fixierung der Daten ==== ==== Fixierung der Daten ====
 +Zur Durchführung der Interviews wurde ein Leitfaden erstellt. Der Forscher zeichnete die Interviews mit einem Tonträger auf und machte sich Notizen „um im Nachfrageteil bestimmte Themen zu konkretisieren bzw. eventuelle Unklarheiten beseitigen zu können“ (Fähnrich 2009, S. 123). Wie Flick in Kapitel 5 auf Seite 138 schreibt, wird bei der Dokumentation der Daten „besonderer Wert auf möglichst umfassende Aufzeichnungen gelegt, weshalb Tonband oder Video der Vorzug vor dem Notieren von Antworten und Handlungen in Stichworten gegeben wird“. Nach der Erhebung der Daten begann Fähnrich damit „typische kriminelle Karriereverläufe“ herzuleiten (Vgl. Fähnrich 2009, S. 123). Um eine erste Orientierung zu erhalten wurde im Vorfeld ein Kurzprofil erstellt, welches dann im weiteren Verlauf erweitert und angepasst wurde (Vgl. Fähnrich 2009, S. 125). Als letzten Schritt werden die gesammelten Daten zusammengebracht.
 ==== Interpretation der Daten ==== ==== Interpretation der Daten ====
 +Bei der Auswertung der Daten orientierte sich Fähnrich „in einigen Punkten an dem von Flick entwickelten `thematischen Kodieren´“ (Flick, 1996, 2007). Fähnrich bildet in seiner Studie Kategorien und Subkategorien aus. Sie wurden unter dem Vorwissen des Bearbeiters aus dem Transkript der thematischen Einheiten herausgearbeitet. Es wurde „geprüft, welche thematischen Einheiten des Interviews entsprechenden Kategorien zugeordnet werden können“ (Fähnrich 2009, S. 127). So unterteilt Fähnrich in seiner Studie beispielsweise die Kategorie „Familie“ in die Subkategorien „Eltern, Mutter, Vater, Geschwister, Besonderheiten und Sonstiges“ und kann so den einzelnen Subkategorien die formulierten Textsequenzen zuordnen (Vgl. Fähnrich 2009, S. 128). Das entstanden Kategoriengerüst kann nun auf den nächsten Fall angewendet werden, wobei man hier offen für weitere neue Kategorien sein sollte. Wenn dieses Verfahren dann auf die weiteren Fälle angewandt wurde und ein einheitliches Kategoriengerüst entstanden ist, kann man es als Methode für die Bildung von Typen und den Fallvergleich heranziehen (Vgl. Fähnrich 2009, S. 129). Flick beschreibt auf Seite 184 die Vorgehensweise zur Datenanalyse hermeneutischer Verfahren, um das es sich hier, wie in der Einleitung beschrieben, handelt. Hierbei wird zunächst eine Fallanalyse durchgeführt anschließend erfolgen Fallvergleiche. Wichtig für die Erstellung von Fallanalysen ist laut Flick „die Einordnung, wofür der Fall und seine Analyse stehen und was an ihm verdeutlicht werden soll“ (Flick 2009, S. 185).
 ==== Geltungsbegründung ==== ==== Geltungsbegründung ====
  
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 ===== Zweiter Text: Begründete Einschätzung anderer Analysen ===== ===== Zweiter Text: Begründete Einschätzung anderer Analysen =====
  
-Ranking: (jeweils Tandem-Nummer eintragen)+.Tandem 12, Platz 1 
 +Für mich steht Tandem 12, welches die Studie „Jugendkriminalität – Biografische Kontexte straffälliger Jugendlicher – Merkmale und Selbstdeutungsmuster jugendlicher Wiederholungstäter“ von Oliver Fähnrich aus dem Jahr 2010 analysiert hat, auf Platz eins.  
 +Die Analyse wurde sprachlich und grammatikalisch sehr gut verfasst und es wurde auf eine wissenschaftliche Zitierweise geachtet. Das Tandem hat die einzelnen Schritte von Oliver Fähnrich genau beschrieben und mit passenden Belegen von Flick bewiesen. Die wesentlichen Inhalte der Studie wurden gut und verständlich herausgearbeitet. Zusätzlich zur vorgegebenen Literatur wurde von Tandem 12 noch weitere Literatur verwendet, des Weiteren wurde darauf geachtet, dass das Literaturverzeichnis vollständig angegeben ist. Im Text ist ein roter Faden zu erkennen, der sich positiv auf die Verständlichkeit auswirkt.
  
 +.Tandem 11, Platz 2
 +Auf den zweiten Platz möchte ich Tandem 11 einordnen. Die Forschungsfragen wurden zu Beginn eindeutig herausgearbeitet und die verwendeten Methoden gut beschrieben. Sprachlich und grammatikalisch weißt diese Analyse nur sehr wenig Mängel auf, wie z. B. „Von den zehn ausgewählten Jugendliche, sagten …“. Die Analyse wurde gut verständlich und nachvollziehbar verfasst. Von Tandem 11 wurde immer wieder ein sehr guter Bezug zu Flick hergestellt und auf richtige Zitation geachtet. Positiv fällt auf, dass das Tandem mehrere Bücher von Uwe Flick zur Analyse der Dissertation herangezogen hat, welche auch im Literaturverzeichnis angegeben wurden und somit das Literaturverzeichnis vervollständigen.
  
-===Tandem xy, Platz z=== +.Tandem 3, Platz 3 
-. +Tandem 3 möchte ich auf Platz drei einordnenDas Tandem hat zu Beginn die Forschungsfragen gut herausgearbeitet und das Ziel der Dissertation von Oliver Fähnrich wurde klar dargestelltDie Zitation ist klar und nachvollziehbar. Das Verhältnis zwischen direkten und indirekten Zitaten ist ausgewogen, wobei im Vergleich zu den anderen beiden Tandems hier mehr wörtlich zitiert wurde, was ich persönlich aber nicht für schlimm erachte. Die Sprache der Analyse ist gut zu verstehen. Aufgefallen ist mir auch der Vergleich mit Tandems aus dem Vorjahr, der zeigt, dass sich die Autorinnen mit dem Thema auseinander gesetzt haben. Das Tandem hat auf eine klare Abgrenzung zwischen Fähnrich und Flick geachtet. An manchen Stellen sollte vielleicht noch darauf geachtet werden, dass nach einem Satzzeichen ein Leerzeichen eingefügt werden muss, z. B. „Flick,2009, S.39“ oder „vgl. ebd.,2009, S. 103“. Teilweise wurde nicht einheitlich zitiert, wie im Abschnitt Fragestellung, Forschungsperspektiven zu erkennen ist, z. B. „vgl. ebd.,2009, S. 103“. Hier wurde das Jahr angegeben, aber bei den nächsten beiden Nachweisen, welche sich auch wieder auf Fähnrich beziehen, wurde keine Jahreszahl angegeben „vgl. ebd., S. 104“ und „vgl. ebd., S. 104“. Grammatikalisch weist die Analyse nur sehr wenige Fehler auf, wie beispielsweise „Durch eine Selektive Slampling, den Fähnrich…“, hier hat sich auch ein kleiner Tippfehler eingeschlichen.
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 ===== Dritter Text: Endfassung =====  ===== Dritter Text: Endfassung ===== 
  
-==== Einleitung ==== +Die Dissertation „Jugendkriminalität – Biografische Kontexte straffälliger Jugendlicher“ von Oliver Fähnrich aus dem Jahr 2009 handelt von den „Merkmalen und Selbstdeutungsmustern jugendlicher Wiederholungstäter“ (Fähnrich, 2009 S. 1). Es handelt sich um eine hermeneutisch-qualitative Studie, welche die Selbsteinschätzung der Lebenssituation der Jugendlichen und deren Straftaten, sowie deren Biografie im Kontext mit ihren Straftaten behandelt. Laut Oliver Fähnrich dürfen die Jugendlichen in dieser Studie selbst zu Wort kommen und in Interviews ihre eigenen Sichtweisen erklären, somit wird dem Leser ein „Einblick in die `Lebensphase Jugend`“ gewährt (vgl. Fähnrich, 2009, S. 7). 
 ==== Verhältnis Theorie-Gegenstand ====  ==== Verhältnis Theorie-Gegenstand ==== 
 +Laut Uwe Flick sei es für die „Planung einer qualitativen Studie“ notwendig, „die Publikationen zum jeweiligen Forschungsfeld zu kennen, in dem Interviews oder Beobachtungen durchgeführt werden sollen“ (Flick, 2014, S. 74). Bei dem Ansatz der gegenstandsbegründeten Theoriebildung werden den Daten und dem untersuchten Feld Prioritäten eingeräumt (vgl. Flick, 2014, S. 124). Die wesentlichen Bestandteile der gegenstandsbegründeten Theoriebildung beinhalten das theoretische Sampling, das theoretische Kodieren und das Schreiben der Theorie (vgl. Flick, 2014, S. 125). Beim theoretischen Sampling ist darauf zu achten, die Daten unmittelbar nach der Erhebung zu interpretieren, welche somit als Basis für Auswahlentscheidungen dienen (vgl. Flick, 2014, S. 126). Oliver Fähnrich ist in seinem Forschungsfeld darauf gestoßen, dass der Standpunkt der Jugendlichen in Bezug auf ihre Straftaten bisher vergleichsweise wenig berücksichtigt wurde und somit lässt er in seiner Dissertation die Jugendlichen selbst zu Wort kommen (vgl. Fähnrich, 2009, S.7). Allerdings lässt sich nicht eindeutig herauslesen, ob Oliver Fähnrich in seiner Studie das theoretische Sampling angewandt hat.
 ==== Fragestellung, Forschungsperspektiven ==== ==== Fragestellung, Forschungsperspektiven ====
 +„Fragestellungen können auf repräsentative Ergebnisse abzielen oder auf spezielle Teilgruppen der Gesellschaft gerichtet sein“ (Flick 2009, S. 44). In diesem Fall betrachtet Oliver Fähnrich die Lebensumstände und Merkmale von elf straffällig gewordenen Jugendlichen. Er formuliert im Laufe seiner Dissertation zwei Forschungsfragen, welche ihn zum Ziel seiner Untersuchung führen sollen. Einerseits stellt sich die Frage „Wie deuten die Jugendlichen ihre aktuellen Lebensumstände und biografischen Erfahrungen (einschließlich ihrer Straftaten) selbst?“, andererseits soll herausgefunden werden ob „sich typische Selbstdeutungsmuster der Jugendlichen bezüglich ihrer aktuellen Lebensumstände sowie biografischen Erfahrungen (einschließlich Straftaten) feststellen“ lassen (Vgl. Fähnrich 2009, S. 103). Ziel dieser Dissertation ist es zum einen herauszufinden „wie und unter welchen Bedingungen die Jugendlichen aufgewachsen sind“, zum anderen zu „beschreiben, wie die Jugendlichen ihre biografischen Erfahrungen und aktuellen Lebensumstände deuten und ihre Straftaten rechtfertigen. Anschließen sollen typische Beschreibungs- bzw. Selbstdeutungsmuster herausgearbeitet werden“ und in seinem dritten Punkt möchte er „Anregungen zur aktuellen Diskussion um das Thema Jugendkriminalität liefern“ (Fähnrich 2009, S. 104).
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 ==== Annäherung ans Feld ==== ==== Annäherung ans Feld ====
 +Laut Flick sind bei der Annäherung an das Forschungsfeld „in der Regel vier Probleme zu lösen“. Als erstes muss „der Zugang zur Institution organisiert“ werden (Flick 2009, S. 66).
 +Wie Fähnrich in Kapitel 4 schreibt, hatte er im Frühjahr 2006 Kontakt mit einem hessischen Polizeipräsidium aufgenommen, um einen umfassenden Überblick über jugendliche Wiederholungstäter zu erhalten (Vgl. Fähnrich 2009, S. 105). 
 +Zweitens muss „der Zugang zu den Einzelpersonen, die an der Untersuchung teilnehmen gefunden werden“ (Flick 2009, S. 66). 
 +Das Polizeipräsidium, welches der Forscher auswählte, gründete 2005 eine Ermittlungsgruppe, welche sich mit „Besonders auffälligen Straftätern unter 21 Jahren“ (es wird auch als BASU 21 bezeichnet) beschäftigt. Somit erlangte Fähnrich zum Zeitpunkt der Materialübergabe Zugang zu 80 besonders auffälligen Straftätern unter 21 Jahren (Vgl. Fähnrich 2009, S. 106). Durch das Selektive Sampling wählte er aus den 80 Fällen zehn Fälle aus, von denen sich jedoch nur vier Jugendliche interviewen ließen (Fähnrich, 2009, S. 120, 121). Flick beschreibt das Selektive Sampling als Purposive Sampling (Flick, 2009, S.95).
 +Als dritten Punkt führt Flick „die Abklärung von Genehmigungen“ auf, sowie als letzten Punkt sie die „Frage des Datenschutzes zu klären“ (Vgl. Flick 2009, S. 66). Personen, welche diese Kriterien erfüllten, wurden zur Kenntnis genommen und Personagramme wurden erstellt (Vgl. Fähnrich 2009, S. 106).
  
 ==== Sammlung der Daten ==== ==== Sammlung der Daten ====
 +Für die Erhebung der Daten wählte Fähnrich das Leitfaden-Interview. Zwar hätte sich auch die Möglichkeit geboten, die Daten mit einem narrativen Interview zu erheben, allerdings sah man dann davon ab, weil „die Jugendlichen mit hoher Wahrscheinlichkeit überfordert gewesen wären, zu einem Thema eine längere Zeit ohne Nachfragen und sonstiges Intervenieren ausführlich zu erzählen“ (Fähnrich 2009, S. 118). Daher wurde das Leitfaden-Interview gewählt, bei dem ein Fragenkatalog vorbereitet wird, der „das thematisch relevante Spektrum des Interviews und seines Gegenstandes abdecken“ soll (Flick 2009, S. 113). Der Interviewer kann bei dieser Form auch von der Reihenfolge der Fragen abweichen um das Ziel zu erreichen, „die individuelle Sicht des Interviewpartners auf das Thema zu erhalten, wozu ein Dialog zwischen Interviewer und Interviewten mit den Fragen initiiert werden soll“ (Flick 2009, S. 114). Der Interviewte kann so frei und umfangreich antworten und der Interviewer kann gegebenenfalls nachfragen, falls die Antworten nicht ergiebig genug sind (Flick 2009, S. 114). Durch die versprochene Anonymität wurden „(Not-)Lügen“ weitgehend minimiert, des Weiteren mussten die Jugendlichen auf für sie unangenehme Fragen nicht antworten (Vgl. Fähnrich 2009, S. 119). Da die Gegenwart weiterer Personen außer Interviewer und Interviewtem „die Darstellung mancher Lebensabschnitte und -bereiche“ hätte verfälschen können, fanden die Interviews in einem ungestörten Büro statt. Nachdem die Fragen und thematischen Schwerpunkte des Interviews dargelegt wurden, wurde dem Jugendlichen nahegelegt „seine persönliche Meinung, Einstellung und Erfahrungen zu allen Themenkomplexen“ zu äußern.
 ==== Fixierung der Daten ==== ==== Fixierung der Daten ====
 +Zur Durchführung der Interviews wurde ein Leitfaden erstellt. Der Forscher zeichnete die Interviews mit einem Tonträger auf und machte sich Notizen „um im Nachfrageteil bestimmte Themen zu konkretisieren bzw. eventuelle Unklarheiten beseitigen zu können“ (Fähnrich 2009, S. 123). Wie Flick in Kapitel 5 auf Seite 138 schreibt, wird bei der Dokumentation der Daten „besonderer Wert auf möglichst umfassende Aufzeichnungen gelegt, weshalb Tonband oder Video der Vorzug vor dem Notieren von Antworten und Handlungen in Stichworten gegeben wird“. Nach der Erhebung der Daten begann Fähnrich damit „typische kriminelle Karriereverläufe“ herzuleiten (Vgl. Fähnrich 2009, S. 123). Um eine erste Orientierung zu erhalten wurde im Vorfeld ein Kurzprofil erstellt, welches dann im weiteren Verlauf erweitert und angepasst wurde (Vgl. Fähnrich 2009, S. 125). Als letzten Schritt werden die gesammelten Daten zusammengebracht.
 ==== Interpretation der Daten ==== ==== Interpretation der Daten ====
 +Bei der Auswertung der Daten orientierte sich Fähnrich „in einigen Punkten an dem von Flick entwickelten `thematischen Kodieren´“ (Flick, 1996, 2007). Fähnrich bildet in seiner Studie Kategorien und Subkategorien aus. Sie wurden unter dem Vorwissen des Bearbeiters aus dem Transkript der thematischen Einheiten herausgearbeitet. Es wurde „geprüft, welche thematischen Einheiten des Interviews entsprechenden Kategorien zugeordnet werden können“ (Fähnrich 2009, S. 127). So unterteilt Fähnrich in seiner Studie beispielsweise die Kategorie „Familie“ in die Subkategorien „Eltern, Mutter, Vater, Geschwister, Besonderheiten und Sonstiges“ und kann so den einzelnen Subkategorien die formulierten Textsequenzen zuordnen (Vgl. Fähnrich 2009, S. 128). Das entstanden Kategoriengerüst kann nun auf den nächsten Fall angewendet werden, wobei man hier offen für weitere neue Kategorien sein sollte. Wenn dieses Verfahren dann auf die weiteren Fälle angewandt wurde und ein einheitliches Kategoriengerüst entstanden ist, kann man es als Methode für die Bildung von Typen und den Fallvergleich heranziehen (Vgl. Fähnrich 2009, S. 129). Flick beschreibt auf Seite 184 die Vorgehensweise zur Datenanalyse hermeneutischer Verfahren, um das es sich hier, wie in der Einleitung beschrieben, handelt. Hierbei wird zunächst eine Fallanalyse durchgeführt anschließend erfolgen Fallvergleiche. Wichtig für die Erstellung von Fallanalysen ist laut Flick „die Einordnung, wofür der Fall und seine Analyse stehen und was an ihm verdeutlicht werden soll“ (Flick 2009, S. 185).
 ==== Geltungsbegründung ==== ==== Geltungsbegründung ====
 +Bei der Geltungsbegründung von Daten stehen zwei zentrale Fragen im Fokus: „Wie entstehen Evidenzen und wie lassen sie sich absichern und vermitteln?“ (Flick/ Kardorff, 1995, S. 167). Zuerst beschäftigt sich der Forscher mit der Frage, wie die allgemeinen Zusammenhänge, welche er im Material gefunden hat, auch tatsächlich darin begründet sind. Der zweite Schritt besteht daraus, dies an Dritte zu vermitteln, hierbei können zwei Strategien beschrieben werden. Es kann versucht werden, Gütekriterien wie Reliabilität, Validität und Objektivität für qualitative Forschungszwecke zu modifizieren (vgl. Flick/ Kardorff, 1995, S. 167). Die zweite Strategie besteht aus der “Entwicklung und Anwendung `methodenangemessener` Gütekriterien für qualitative Forschung“ (Flick/ Kardorff, 1995, S. 167). Des Weiteren ist die Interviewsituation zu analysieren. Dabei wird überprüft, ob im Verlauf des Interviews der zu gewährleistende Authentizitätsgrad angestrebt wurde (Flick/ Kardorff, 1995, S. 167). Oliver Fähnrich wählte die Form des Leitfaden-Interviews (Fähnrich, 2009, S. 119). Hierbei hat laut Uwe Flick der Interviewer die Möglichkeit von der Fragenreihenfolge abzuweichen (Flick, 2009, S. 114).
 ==== Forschung als Diskurs ==== ==== Forschung als Diskurs ====
 +Uwe Flick beschreibt die Forschung als Diskurs als „Subjektverständnis“ (Flick/ Kardorff, 1995, S. 170). Zum Thema wird dabei die „Frage nach der Einbeziehung der Erforschten“ (Flick/ Kardorff, 1995, S. 170), diese Frage kann beschränkt auf die Rolle der Datenlieferanten sein (vgl. Flick/ Kardorff, 1995, S. 170). Oliver Fähnrich holte sich die Bereiterklärung zu den Interviews ein (vgl. Fähnrich, 2009, S. 121) und sicherte den befragten Wiederholungstätern im Vorfeld zu, dass ihre Anonymität gewahrt bliebe, des Weiteren hätten sie für sie unangenehme Fragen nicht beantworten müssen (vgl. Fähnrich, 2009, S. 119). Die Einbeziehung der Beforschten und somit eine Veränderung der Rolle der Subjekte erfolgt laut Flick in drei Schritten. 1. Die „Rückmeldung nach Abschluß der Erhebung“ (Flick/ Kardorff, 1995, S. 170), holt sich der Interviewer die Zustimmung zur Verwendung der Aussagen im Interview ein, „werden diese Aussagen den Befragten natürlich auch rückgemeldet und zugänglich gemacht“ (Flick/ Kardorff, 1995, S. 171). 2. Die „Rückmeldung von Interpretationen“ (Flick/ Kardorff, 1995, S. 170), hierbei werden die Beforschten in die Dateninterpretation miteinbezogen und die Ergebnisse werden geradewegs rückgemeldet (vgl. Flick/ Kardorff, 1995, S. 170). 3. Die „Rückmeldung nach Abschluß der Forschung“ sollte laut Flick „eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein“ (Flick/ Kardorff, 1995, S. 170).
 ==== Literatur ==== ==== Literatur ====
 +Fähnrich, Oliver (2009): „Jugendkriminalität: Biografische Kontexte straffälliger Jugendlicher“ Dissertation. Dortmund: Technische Universität Dortmund.
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 +Flick, Uwe (2009): „Sozialforschung. Methoden und Anwendungen. Ein Überblick für die BA-Studiengänge“, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag.
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 +Flick, Uwe (2014): „Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung“, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag.
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 +Flick, Uwe (1995): „Stationen des qualitativen Forschungsprozesses“. In: Flick, Uwe/ von Kardorff, Ernst/ Keupp, Heiner/ von Rosenstiel, Lutz/ Wolff, Stephan (Hrsg.): „Handbuch qualitative Sozialforschung. Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen“, 3. Auflage, Weinheim: Psychologie Verlags Union, S. 148-173.
  
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