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lehre:sose2017:sozialwissmeth:analysen:leimbach:tandem34

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Tandem 34

  • Tandempartner*in 1: Novelli; Ariane
  • Tandempartner*in 2: Catterfeld; Alexandra

Entwurfsfassung

1. Einleitung

Die 2015 veröffentlichte Studie „Verschenkte Chancen - Schülerinnen und Schüler als Gestalter ihrer Schulkarrieren?“ von Burkhard Leimbach behandelt das Thema ob und wenn ja in wie weit 13 bis 14 jährige gymnasial Schüler_innen mit türkischem Migrationshintergrund (vgl. Leimbach, 2015, S.6/ S.26) sich selbst als „Gestalter ihrer Schulkarriere begreifen“ (Leimbach, 2015, S.6). In der Studie werden verschiedene Aspekte, wie beispielsweise die Rolle des Austauschs zwischen Schule, Schüler_innen und Elternhaus untersucht (vgl. Leimbach, 2015, S.6).

2. Verhältnis Theorie-Gegenstand

Folgt in der Endfassung.

3. Fragestellung, Forschungsperspektiven

Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit der Fragestellung „wie Schülerinnen und Schüler mit türkischem Migrationshintergrund […] ihren Lernprozess beeinflussen und am Kommunikationsprozess zwischen Schule und Eltern teilnehmen können“ (Leimbach, 2015, S.48). Dem Eindruck nach vertritt Leimbach selbst die Position, dass eine verstärkte Einbindung der Schüler_innen sich positiv auswirken würde und sie in „Zusammenarbeit mit ihren Eltern ihren Schulerfolg steigern“ könnten (Leimbach, 2015, S.6). Interessant zu betrachten ist, aus welcher Sicht Leimbach diese Ansicht entwickelt hat. Aus der Studie geht hervor, dass er selbst Schulleiter war (vgl. Leimbach, 2015, S.65). Somit ist feststellbar, dass er seine Vermutung einer Verbesserung durch das oben genannte Vorhaben auf eine erworbene Innensicht stützt. Die Annahme liegt nahe, dass die Gestaltung der Fragestellung daher „ihren Ursprung in der persönlichen Biographie des Forschers und in seinem sozialen Kontext“ (Flick, 2014, S.133) hat. Desweitern ist es wichtig zu beachten, dass die Teilnehmer_innen der Studie gezielt mit dem Augenmerk eines türkischen Migrationshintergrunds gewählt wurden. Diese Migrantengruppe schneidet laut der NRW-Schulstatisik 2011/12 (www.schulministerium.nrw.de/BP/Schulsystem/Statistik/20011_12) was die Höhe der Gymnasiumsbesuche anbelangt vergleichsweise schlecht ab (vgl. Leimbach, 2015, S.16), stellt jedoch nach Zahlen des Statistischen Bundesamts gleichzeitig „die größte Gruppe unter Migrantenkindern in Deutschland dar“ (Leimbach, 2015, S.16). Dieses Missverhältnis fordere Änderungsansätze. In der Studie wird deshalb auch ein Interesse an familiären Gegebenheiten gezeigt. Die Rolle der Eltern lässt Leimbach dabei nicht außen vor. Er schreibt „elterliche[r] Unterstützung und schulbezogen[em] förderliche[n] Lernbedingungen im Elternhaus“ (Leimbach, 2015, S.6) eine große Bedeutung bezüglich des Schulerfolgs ihrer Kinder zu und deutet im selben Zug an, dass diese bei Familien mit Migrationshintergrund allein schon aufgrund fehlender Kenntnisse bezüglich des strukturellen schulischen Aufbaus, aber auch offenliegend aufgrund eines Mangels an Möglichkeiten, erschwert werden könnte (vgl. Leimbach, 2015, S.6-7). Mit der Auswahl der Schulform, eines Gymnasiums, muss jedoch beachtet werden, dass die Studie sehr spezifische Ergebnisse liefert, die unter keinen Umständen auf andere Schulformen übertragen werden können. Leimbach selbst schreibt, dass „diese Schulform [im Gegensatz zu anderen Formen, wie der Hauptschule] noch nicht optimal auf diese[s] Schülerklientel eingestellt“ sind (Leimbach, 2015, S.22). Die Erkenntnisse der Studie sind in Anbetracht der Tatsache, dass „der Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund am Gymnasium zu[nimmt]“ (Leimbach, 2015, S.22) von großer Bedeutung. Eine optimale Einbindung der Schüler_innen stellt somit eine gesellschaftlich bundesweit relevante Aufgabe dar. Leimbach erfüllt damit ein Kriterium der Sozialforschung, da die „Beantwortung der Fragestellungen […] einen Nutzen erbringen [und] neue Erkenntnisse, neue Lösungsvorschläge für das untersuchte Problem“ (Flick, 2009, S.38) zu gewinnen sind.

4. Annäherung ans Feld

Laut Flick nimmt der Forscher innerhalb des Forschungsfeld eine wesentliche Rolle ein (vgl. Flick, 1991, S.154). Außerdem führt er an, dass „von der Art dieser Rolle nicht zuletzt wesentlich bestimmt wird, zu welchen Informationen der Forscher Zugang findet und zu welchen ihm der Zugang verwehrt wird“ (Flick, 1991, S.154). Leimbach selbst war Schulleiter an der Schule, an der die Befragung stattfand. Deshalb sei es nicht ratsam, ihn selbst die Interviews durchführen zu lassen, denn diese Tatsache könne die Offenheit der interviewten Personen beeinflussen und damit die gewonnenen Erkenntnisse verfälschen. Außerdem ist er selbst weder der türkischen Sprache mächtig, noch mit den Werten des Herkunftlands vertraut. Somit bevorzugt er einen neutralen, türkisch-sprachigen Interviewer (vgl. Leimbach, 2015, S.65). Auf der anderen Seite stellte die passende Besetzung der Studienteilnehmer_innen Leimbach vor erneute Herausforderungen. Man müsse darauf achten, dass „die Werbung um Interviewpartner[_innen] mit großem Einfühlungsvermögen und Offenheit erfolgt“ (Leimbach, 2015, S.80), damit die Schüler_innen sich nicht im vorhinein aufgrund ihres Migrationshintergrundes diskriminiert fühlen. Dazu sei es von großer Bedeutung, dass die Teilnehmer_innen den „Sinn darin sehen, an der Studie teilzunehmen, dass sie sich ernst genommen fühlen und dass sie hinreichend Empathie erwarten können, um auch sehr persönliche Fragen nach Familienbeziehungen, Elternverhalten, eigenen Sehnsüchten und Problemen und Versagen beantworten zu können“ (Leimbach, 2015, S.80). Leimbach schreibt, dass bei einer darauffolgenden Zusage der Schüler_innen „davon auszugehen [ist], dass man ernsthafte Interviewpartner gewonnen hat, die die Ziele der Studie für sinnvoll halten und eine erhöhte Mitarbeitsbereitschaft zeigen“ (Leimbach, 2015, S.81).

5. Sammlung der Daten

Bei der Datenerhebung spielt die passende Wahl des Interviewverfahrens eine wichtige Rolle. Nach Leimbach ist das leitfadengestützte problemzentrierte Interviewverfahren (kurz: PZI) am geeignetsten für die Untersuchung des vorliegenden Forschungsfeldes (vgl. Leimbach, 2015, S.66/ S.72). Nach Witzel zielen „die Konstruktionsprinzipien des problemzentrierten Interviews […] auf eine möglichst unvoreingenommene Erfassung […] subjektiver Wahrnehmungen“ ab. In genau diesem Punkt besteht Leimbachs vorhaben, welcher die Aussagen der Schüler_innen nachvollziehen möchte und dazu grundlegend wahrheitsgetreue, „möglichst unverfälscht[e]“ Antworten erzielen möchte (vgl. Leimbach, 2015, S.48). Nach Flick gibt es verschiedene Kriterien, die zur Erfüllung eines PZI erforderlich sind (vgl. Flick, 2014, S.270). So hat Leimbach beispielsweise die „Offenheit für die subjektive Sicht des Interviewpartners“ (vgl. Flick, 2014, S.270) durch eine systematische Präzensierung seiner Interviewfragen ein gegenstands- und prozessorientierte Vorgehen gewährleistet. Dies lässt sich im Kapitel 2.1.2 „Präzisierung der Untersuchungsfragestellung“ erkennen, in welchem er erst drei thematische Bereiche herausarbeitet, davon Hauptfragen ableitet und abschließend aus diesen Interviewfragen generiert (vgl. Leimbach, 2015, S.44-48). Diese Fragen stellen wiederum bloß eine Orientierungshilfe dar und sollen vom „Interviewende[n] […] möglichst flexibel [ge]handhab[t]“ (Leimbach, 2015, S.97) werden. Auch der „Beitrag zur allgemeinen Entwicklung der Methode des Interviews“ (vgl. Flick, 2014, S.270) wurde erfüllt. So heißt es, es sei „angebracht, den Interviews noch einen Kurzfragebogen vorauszuschicken. Er dient dazu, Daten, die zur späteren Interpretation der Interviews unerlässlich sind (sozioökonomischer Status, Familienstruktur, Sprachkompetenz, peer-group-Beziehungen etc.), zu erheben und damit das Interview zu entlasten“ (Leimbach, 2015, S.69). Ein weiteres Element des PZI ist das Erstellen eines Postskripts, welches Leimbach aus den Seiten 115-175 seiner Studie eingebracht hat. Hier findet eine anschließende Einschätzung des Interviews im Bezug auf die Rahmenbedingungen, Verhalten der interviewten Person und des/der Interviewer_in, der Kommunikation und sonstigen Eindrücken der Interviewer_in statt (vgl. Flick, 2014, S.213).

Die Daten wurden in zwei Interviewyklen erhoben. In der ersten Interviewrunde lag der Fokus darauf, Vertrauen zum Interviewer aufzubauen, sowie generell den Fragenkatalog zu erproben. Der zweite Durchgang bot dann nochmals die Möglichkeit, gegebenenfalls Fragen zu überarbeiten und durch vielleicht abweichende Antworten der Teilnehmer_innen einen vertieften Blick zu bekommen (vgl. Leimbach, 2015, S.82)

6. Fixierung der Daten

Folgt in der Endfassung.

7. Interpretation der Daten

Die Überschrift des dritten Kapitels „Ablauf der Untersuchung“ (vgl. Leimbach, 2015, S.103) könnte auf den ersten Blick irreführend sein, auf den zweiten Blick jedoch eine mögliche Ansicht Leimbachs darstellen. Diese Ansicht besteht in der Annahme, dass eine Untersuchung eine solche wird, in dem die zuvor erhobenen Daten ausgewertet werden. Der Ablauf der Untersuchung ist von dem Ablauf der Datenerhebung abzugrenzen. Der Begriff der „Untersuchung“ impliziert eine stärkere Auseinandersetzung mit dem bereits vorgegebenem Material (hier Interviewmaterial). Der vorangehende Teil der Überschrift weist darauf hin, dass die Untersuchung in mehren einzelnen Punkten aufgegliedert ist und gleichzeitig auch einem festgelegten Ablaufschema folgen. Vorangehend werden kurz die Rahmenbedingungen erläutert unter denen die Interviews stattfinden.Leimbach behauptet, dass die zeitlichen, räumlichen, sowie zwischenmenschlichen Gegebenheiten keine negativen Einflüsse auf die interviewten Personen und deren Antworten nahmen (vgl. Leimbach, 2015, S.103-104). Das kann dem Leser vermitteln, dass die darauffolgende Auswertung besonders aussagekräftig und erkenntnistheoretisch ist. In einer statistischen Auswertung führt Leimbach tabellarisch die Häufigkeit, sowie die Ausführlichkeit der Antworten auf (vgl. Leimbach, 2015, S.104). Sein Auswertungsmodell setzt sich aus zwei Herangehensweisen der qualitativen Inhaltsanalyse zusammen (Leimbach, 2015, S.89). Einerseits geht er deduktiv vor und hebt die für die Fragestellung zentralen Aspekte hervor, andererseits bedient er sich dem induktiven Stil, indem er aus den Antworten der Schüler_innen neue Bewertungsaspekte erschließt (vgl. Leimbach, 2015, S.89-90). Die Auflistung vieler Auswertungsunterpunkte gewährleistet dabei „eine Überprüfung und den Nachvollzug von Analyse und Interpretation“ (Leimbach, 2015, S.90).

Im Gegensatz zu anderen Studien ist eine Verallgemeinerung, sowie darauf folgende Theoriebildung nicht Leimbachs Ziel. Er selbst schreibt dazu, dass viel mehr das von Reinders formulierte Ziel „subjektive[s] Erleben gesellschaftlicher Probleme in theoretische Aussagen über den Umgang mit der Lebenssituation zu überführen“ (Leimbach, 2015, S.66) wünschenswert sei. Was die Mithilfe der Eltern anbelangt, so kommt Leimbach zu dem Schluss, dass die Unterstützung der Eltern im Rahmen ihrer Möglichkeiten ausreichend und aufstiegsorientiert ist. Die interviewten Personen seien im großen und ganzen mit den Leistungen der Schule zufrieden. Nur in den Bereichen Notengebung, Individualisierung des Angebots und Leistungsmessung gebe es Entwicklungs- und Verbesserungsbedarf. Gerne würden sich die Schüler_innen schon als ziemlich eigenständig in der Gestaltung ihrer Schullaufbahn ansehen und eine schülerorientierte Intensivierung der Elternarbeit begrüßen (vgl. Leimbach, 2015, S. 305-306).

8. Geltungsbegründung

Neben der Subjektivität gibt noch weitere Gütekriterien, von denen zwei im Folgenden betrachtet werden:

1) Betrachtung aus verschiedenen Standpunkten (Triangulation): Leimbach hat in seiner Studie die „with-in-method“ benutzt, in dem die Fragestellungen so formuliert wurden, dass neben bloßen ja-nein-Antworten auch Raum für Erzählungen eingeräumt wurde (vgl. Flick, 2009, S.226-227).

2) Reliabilität: Laut Flick lässt sich die Reliabilität der Interviewdaten durch „eine Interviewschulung der […] Interviewer und durch eine Überprüfung von Leitfäden oder Eingangsfragen in Probeinterviews oder nach dem ersten Interview erhöhen“ (Flick, 2014, S.491). Diese Bedingungen liegen bei der Studiendurchführung vor. Er schreibt, dass der Interviewer „eigene Interviewerfahrung[en]“ habe (Leimbach, 2015, S.69), sowie dass der Interviewreihe ein „Probedurchlauf“ voran ging (Leimbach, 2015, S.93).

9. Forschung als Diskurs

Folgt in der Endfassung.

Literatur

  • Flick, Uwe. „Sozialforschung. Methoden und Anwendungen. Ein Überblick für die BA-Studiengänge“. Hamburg. (2009).
  • Flick, Uwe. „Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung“. Hamburg. (2014).

Internetquellen

  • Leimbach, Burkhard. „Verschenkte Chancen - Schülerinnen und Schüler als Gestalter ihrer Schulkarrieren?“. (2015). Online publiziert auf dem Server der Deutschen Nationalbibliothek: http://d-nb.info/1082346985 (letzter Zugriff am 08.06.2017 um 23:00Uhr).

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Begründete Einschätzung anderer Analysen

Ranking: 1. Platz: Tandem 44, 2. Platz: Tandem 36, 3. Platz: Tandem 35, 4. Platz: Tandem 43

Tandem 44, Platz 1

Im Kapitel Forschungsperspektiven ist das Tandem nicht darauf eingegangen, welche Position der Autor zu seiner Studie hat. Des Weiteren könnte man noch erwähnen welche Art der Aufzeichnung bei der Fixierung der Daten angewendet wird (wurde zwar in anderen Kapiteln genannt, wäre aber hier angebrachter) und wie genau sich diese auf die genannte „Subjektivität“ auswirkt. Generell lässt sich sagen, dass das Tandem 44 in den jeweiligen Kapiteln durchweg einen roten Faden verfolgt, die Begründungsmuster sind deutlich erkennbar. Die Darstellung der Informationen erscheint sinnvoll und ist ggf. auch chronologisch an die Arbeitsschritte, die in der Studie durchgeführt wurden, angepasst. Zuletzt wäre es ratsam, Leimbachs Studie in das Literaturverzeichnis mit aufzunehmen und nochmals die Gütekriterien einer qualitativen Forschung zu recherchieren.

Tandem 36, Platz 2

Die Ziele, Vorgehensweisen und möglichen Schwierigkeiten innerhalb Leimbachs Studie wurden gut herausgearbeitet, jedoch fehlen im ersten Kapitel die Vergleiche zu Leimbachs Studie. Auch in den folgenden Kapiteln sind die Bezüge zur entsprechenden Fachliteratur unzureichend (siehe z.B. „symbolischen Interaktionismus“ → Quelle des Wissens?). Die Unterteilung der Fragestellung in drei Schwerpunkte dient gut der Übersichtlichkeit, hätte dennoch im Kapitel „Fragestellung, Forschungsperspektiven“ einen besseren Platz gefunden. Die SchülerInnen haben nicht „insbesondere“ einen türkischen Migrationshintergrund, sondern ausschließlich. Besonders positiv fiel, neben der kritischen Auseinandersetzung mit dem Konzept der „Wie“-Fragen im Abschnitt Erhebungsverfahren, die gelungene Geltungsbegründung auf.

Tandem 35, Platz 3

Die Leitfrage Leimbachs erfüllt alle zuvor genannten Kriterien einer guten Fragestellung, was teilweise vom Tandem aufgezeigt wird (Anspruch an eine Fragestellung: neue Erkenntnisse gewinnen – Vorgehen bei Leimbach: Interviews führen die für negative, aber auch positive Aussagen offen sind). Bei der Annäherung ans Feld wurde das Vorgehen gut herausgearbeitet: möglichst heterogene Gruppe erforschen → vorab Datenblätter → Interviews mit Protokollen → Herausarbeitung von Besonderheiten. Leimbachs gewählte Interviewform wird gut erklärt und mit anderen Autoren gelungen begründet. Die ausgewählte Zielgruppe und die möglicherweise damit einhergehenden Schwierigkeiten werden benannt und Lösungsvorschläge aufgeführt. Vielleicht besser: Auf Werk von Mayring selbst verweisen, anstatt des Internetlinks. Die direkten Zitate wurden im ersten Kapitel kaum in Bezug zur Studie gesetzt und im weiteren Verlauf sind sie nicht gut in den Fließtext eingebunden und erklärt. Einige Daten zur Interviewgruppe wurden im Kapitel „Annäherung ans Feld“ genannt, jedoch könnte man noch mehr Informationen geben, die teilweise auch in den anderen Kapiteln verstreut sind.

Tandem 43, Platz 4

Das Kapitel „Sammlung der Daten“ hat noch Potential, denn es könnten einige Aussagen noch präziser getroffen werden wie z.B. dass die Fragebögen im Vorfeld des Interviews ausgefüllt wurden. Außerdem ist dieses Kapitel sehr beschreibend und weniger einschätzend. Weiterhin besteht eine Unklarheit bei der Interviewführung: Erst wird genannt, dass der Autor die Interviews durchführt (Fragestellung, Forschungsperspektiven) und später wird ein „türkischer Mitarbeiter“ genannt (Annäherung ans Feld). Darüber hinaus werden oftmals Zitate übergangslos in den Text eingebaut. Gut gelungen ist die inhaltliche Strukturierung des Kapitels „Annäherung ans Feld“, wobei ergänzend die persönliche berufliche Erfahrung Leimbachs genannt werden könnte, da diese im Kontext nicht unbedeutend ist. Auch im Kapitel „Interpretation der Daten“ könnte das von Leimbach resultierende „Fazit“ ergänzt werden. Das Kapitel „Geltungsbegründung“ scheint inhaltlich das Thema verfehlt zu haben.

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Endfassung

1. Einleitung

Die 2015 veröffentlichte Studie „Verschenkte Chancen - Schülerinnen und Schüler als Gestalter ihrer Schulkarrieren?“ von Burkhard Leimbach behandelt das Thema ob und wenn ja in wie weit 13 bis 14 jährige Gymnasialschüler_innen mit türkischem Migrationshintergrund (Leimbach, 2015, S.6, 26) sich selbst als „Gestalter ihrer Schulkarriere begreifen“ (zit. Leimbach, 2015, S.6). In der Studie werden verschiedene Aspekte, wie beispielsweise die Rolle des Austauschs zwischen Schule, Schüler_innen und Elternhaus, untersucht (Leimbach, 2015, S.6).

2. Verhältnis Theorie-Gegenstand

Die vorliegende Studie nähert sich dem zu untersuchenden Gegenstand mit Hilfe des „qualitative[n] Untersuchungsdesign[s]“ (zit. Leimbach, 2015, S.49) an. Wie Leimbach Mayring bereits zitiert, ist der Untersuchungsgegenstand in der Humanwissenschaft nie offensichtlich und muss erst durch Interpretation erschlossen werden (Mayring, 2002, S.19). Die Fragestellung der Studie lässt mehrere Möglichkeiten der Festlegung des Gegenstands zu. Es scheint, dass der wesentliche, mit politischer Relevanz versehene Untersuchungsgegenstand der Schulerfolg ist. Leimbach behandelt diesen Gegenstand einzig aus der Sicht des „Schule-Eltern-Schüler_innen-Verhältnisses“ (kurz: S-E-S) und setzt somit hier seinen Schwerpunkt. In der vorliegenden Studie stellen türkische Migrant_innen die gewählte Untersuchungsgruppe dar. Leimbach bezieht sich auf die theoretische Vorannahme, dass der Migrationshintergrund der Schüler_innen den schulischen Erfolg erschwert (Leimbach, 2015, S.7) und stellt gleichzeitig die Hypothese auf, dass Schüler_innen in Zusammenarbeit mit ihren Eltern den eigenen Schulerfolg steigern können (Leimbach, 2015, S.8). Diese Annahme könnte auf dem Vorverständnis , über das Leimbachs als ehemaliger Schulleiter verfügt, basieren (Leimbach, 2015, S.65). Um umfassende Erkenntnisse über den Schulerfolg türkischer Schüler_innen zu erlagen, müsste Leimbach jedoch über das S-E-S-Verhältnis hinaus, auch andere Theorieansätze mit einfließen lassen (z.B. Perspektive der Lehrkräfte). Den Umfang einer qualitativen Studie entsprechend ist es sinnvoller und besser realisierbar, sich auf einen Aspekt zu beschränken. Hierbei macht der Autor jedoch nicht transparent, ob er diese Eingrenzung bewusst vornimmt oder ob sie allein durch seine o.g. Vorannahme geleitet ist, was für eine mangelhafte Auseinandersetzung mit anderen Theorien sprechen würde. Wahrhaft neue Erkenntnisse könnten aufgrund dessen verschlossen bleiben. Durch die Anwendung des Prinzips der Offenheit (Flick, 2014, S.27), versucht Leimbach, dieser Tendenz entgegenzuwirken (Leimbach, 2015, S.55-56, 65).

3. Fragestellung, Forschungsperspektiven

Leimbachs Auswahl beschränkt sich auf fünf 13-14 jährige Gymnasialschüler_innen mit türkischen Migrationshintergrund (Leimbach, 2015, S.26, 64) und einer relativ erfolgreichen Schullaufbahn (Leimbach, 2015, S.7). Die Befragten, die aufgrund ihres sozialen Milieus „als Angehörige von Problemgruppen wahrgenommen“ (zit. Leimbach, 2015, S.7) werden, sollen aus ihrer subjektiven Sicht erzählen, wie sie ihr eigenes Handeln, das ihrer Eltern und das der Schule im Gesamtkonstrukt S-E-S wahrnehmen und bewerten (Leimbach, 2015, S.96-97). Leimbach verwendet hierzu den symbolischen Interaktionismus, welcher sich nach Flick auf die subjektiven Bedeutungen und individuellen Sinnzuschreibungen fokussiert (Flick, 2014, S.82). Damit steht der subjektive Sinn im Mittelpunkt seiner Forschungsperspektive. Leimbach macht transparent, dass nur mit dieser Perspektive die Forschungsfrage „wie Schülerinnen und Schüler mit türkischem Migrationshintergrund […] ihren Lernprozess beeinflussen und am Kommunikationsprozess zwischen Schule und Eltern teilnehmen können“ (zit. Leimbach, 2015, S.48) hinreichend untersucht werden könne (Leimbach, 2015, S.66). Lobenswert ist, dass Leimbach dem Zusammenhang zwischen Interaktionismus und seinem Untersuchungsgegenstand sogar ein eigenes Kapitel (Leimbach, 2015, S.55-59) widmet. Das von Leimbach gewählte qualitative Basisdesign der Momentaufnahmen (Leimbach, 2015, S.48) kennzeichnet sich nach Flick dadurch aus, dass „eine Zustandsbeschreibung zum Zeitpunkt der Forschung“ (zit. Flick, 2014, S.182) gewonnen wird. Leimbach selbst ist sich den Schwierigkeiten seiner Forschungsperspektive und -designs bewusst. So hält er fest, dass darauf geachtet werden müsse, dass „ihre subjektive Sichtweise möglichst unverfälscht wahrgenommen“ werden sollten und reflektiert anschließend die Problematik, dass Momentaufnahmen nie „Dokumente von Ganzheit“ darstellen können (zit. Leimbach, 2015, S.48).

4. Annäherung ans Feld

Um sich dem Feld anzunähern, nutzt Leimbach ein „stufenweises Informations- und Annäherungsverfahren an Schule[n] und potentielle Informationspartner“ (zit. Leimbach, 2015, S.80). Es wird nicht ersichtlich wie viele Schulen kontaktiert wurden (Leimbach, 2015, S.77) und ob der Forscher selbst die Informationen vorstellt (Leimbach, 2015, S.81). Andererseits wird deutlich, dass er nicht als Interviewer auftritt, da ihm bewusst ist, dass er als ehemaliger Schulleiter keinen Fremdenstatus annehmen kann (Leimbach, 2015, S.65, 78-79). Weiterhin erkennt Leimbach, dass es wichtig ist, die Innensicht der Befragten einzunehmen, denn man soll „an der Perspektive der einzelnen Menschen“ (zit. Mayring, 2002, S.107) ansetzen. Leimbach balanciert das Verhältnis von Nähe und Distanz geschickt, indem er selbst eine gewisse Distanz wahrt, während der Interviewer ein Vertrauensverhältnis aufbauen soll (Leimbach, 2015, S.78). Dadurch werden einerseits die Informationen gut zugänglich und andererseits objektiv bewertet. Der Vertrauens- und Interessenschutz wird dadurch gewährleistet, dass „Transparenz über Ziele, Verfahren und Verwendung der Ergebnisse“ (zit. Leimbach, 2015, S.78) herrscht und die Anonymisierung zugesichert wird (Leimbach, 2015, S.104).

5. Sammlung der Daten

Nach Leimbach ist das leitfadengestützte problemzentrierte Interviewverfahren (kurz: PZI) am geeignetsten zur Untersuchung des vorliegenden Forschungsfeldes (Leimbach, 2015, S.66, 72). Hierbei nutzt Leimbach weder Feldnotizen, noch visuelle Daten, sondern aufgezeichnete Audiodateien (Leimbach, 2015, S.87). Vorweg dient ein Kurzfragebogen/Datenblatt der Klärung familiärer, sozioökonomischer und lernumfeldbezogener Daten (Leimbach, 2015, S.69, 83). In den Interviews findet immer eine Rekonstruktion von Wirklichkeit statt, welche stets einer subjektiven Interpretation der Interviewpartner_innen unterliegt (Flick, 2014, S.116). Die Strukturierung der zu erhaltenden Daten wird überwiegend durch den Leitfaden des/-r Forscher_in (Leimbach, 2015, S. 94-95) vorgenommen, jedoch können die Beforschten durch das Prinzip der Offenheit (vgl. Verhältnis Theorie-Gegenstand) auch darauf Einfluss nehmen. Leimbach reflektiert, dass aufgrund seines „kleine[n] Sample[s] und eine[s] nur zweistufige[n] Interviewzyklus“ (zit. Leimbach, 2015, S.66) kein Anspruch auf Allgemeingültigkeit erhoben werden kann. Eine allgemeine, kritische Auseinandersetzung mit dem PZI wird leider nicht vorgenommen.

6. Fixierung der Daten

Zur Transkription der Audiodateien verwendet Leimbach die „literarische Umschrift“. Hierbei werden die „Informationen zu Sprachkompetenz, Mitteilungsbereitschaft und kognitiver Reife“ mitberücksichtigt (zit. Leimbach, 2015, S.85). Da sich ein ganzheitliches Stimmungsbild nicht nur aus „verbale[n] Äußerungen erschließen [lässt], sondern […] auch durch die Art und Weise der Sprachverwendung und der nicht sprachlichen Informationen“ (zit. Leimbach, 2015, S.85), werden Pausen, Betonungen, etc. bei der Verschriftlichung zwar beachtet. Übertriebene Genauigkeitsstandarts sind in der Studie allerdings nicht vorzufinden (Flick, 2014, S.380). Laut Flick führt „die Verschriftung von Abläufen und Aussagen […] zumindest zu einer anderen Version des Geschehens“ (zit. Flick, 2014, S.383). Leimbach ist sich bewusst, dass die Protokolle keinen Anspruch auf Ganzheit erheben (vgl. Fragestellung, Forschungsperspektiven).

7. Interpretation der Daten

Als Auswertungsverfahren verwendet Leimbach die zusammenfassende qualitative Inhaltsanalyse (Mayring, 2002, S.114) und wählt die Methode der Kategorisierung (Leimbach, 2015, S.88). Lobenswert ist die Mischung der Kategorienentwicklung aus einer deduktiven Strukturierung, sowie einer induktiven Zusammenfassung, welche einerseits eine zielorientierte Auswertung ermöglicht, diese aber auch ggf. erweitern kann. Zur Umsetzung etabliert Leimbach vier Auswertungsstufen (Leimbach, 2015, S.111-115). Leimbach verzichtet auf eine schrittweise erfolgende Reduzierung des Datenmaterials (Flick, 2014, S.409), da es „überschaubar“ (zit. Leimbach, 2015, S.88) sei, was jedoch für eine mangelnde Auseinandersetzung mit den Interviews sprechen könnte. Leimbach gibt kategoriebezogene „Ankerbeispiele“ der Interviews an (Leimbach, 2015, S.115-176), obwohl er nur unzureichend präzise Definitionen (vgl. Leimbach, 2015, S.91), sowie keine Kodierregeln aufstellt (Mayring, 2000, S.6). Die unterschiedlichen Antworten aus den verschiedenen Interviewzkylen werden nicht zueinander in Bezug gesetzt, was auf eine fehlende Bestimmung der Re-Test-Reliabilität schließen lässt (Mayring, 2016, S.142).

8. Geltungsbegründung

Das Thema „Gütekriterien“ wird in der Studie implizit in mehreren Kapiteln angesprochen. Die Nachvollziehbarkeit der dokumentierten Forschungsprozesse ist durch die transparente Beschreibung von Auswahlverfahren bzgl. der Methodologie (Leimbach, 2015, S.59-72, 84-93), festgelegten Transkriptionsregeln (Leimbach, 2015, S.86), des geschilderten Vorverständnis (Leimbach, 2015, S.63), sowie einer kritischen Auseinandersetzung mit möglichen Problemen (Leimbach, 2015, S.78-79) gegeben. Durch die Methode des Interviews wird zudem die „intersubjektive Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse erleichtert“ (zit. Leimbach, 2015, S.59). Schlussendlich werden alle Interviewzusammenfassungen miteinander verglichen und geschaut, „ob sie hinreichende Belege für generalisierende Vermutungen oder gar Typisierungen enthalten“ (zit. Leimbach, 2015, S.115). Die Erkenntnisse sind dahingehend empirisch verankert, als dass „Deduktion und Induktion als Zugang zur Gewinnung von Analysekategorien […] gleichberechtigt nebeneinander“ (zit. Leimbach, 2015, S.91) stehen. Somit gewährleistet die Theoriebildung die Möglichkeit zur Entdeckung neuer Erkenntnisse. Die Grenzen der Aussagekraft innerhalb der Interviews werden in der Studie anhand eines Fallbeispiels analysiert (Leimbach, 2015, S.137-138). Leimbach hält diesbezüglich fest, dass „neue Erkenntnisse an Hand von abweichendem Verhalten zu gewinnen“ (zit. Leimbach, 2015, S.74) seien. Dabei spielt nicht die Quantität der Interviews, sondern die Qualität die entscheidende Rolle, um „Typisierungen oder vorsichtige Vermutungen über Generalisierungen abzusichern“ (zit. Leimbach, 2015, S.74). Der Forscher reflektiert die in die Studie mit einfließende eigene Subjektivität (vgl. Annäherung ans Feld).

9. Forschung als Diskurs

Leimbach hat den Bedarf, eine Studie dieser Art zum wissenschaftlichen Diskurs beizutragen, im Kapitel „1.3 Aktueller Forschungsstand“ aufgezeigt und sich dort mit der Abgrenzung zu anderen Studien gut auseinandergesetzt. Dazu betrachtet er überwiegend Studien zur allgemeinen Elternarbeit im deutschsprachigen und „angloamerikanischen“ (zit. Leimbach, 2015, S.29) Raum. Dabei erörtert er kritisch die Definition von „Elternarbeit“. Hervorzuheben ist weiterhin, dass er berichterstattende, kausale Zusammenhänge aufweisende und tatsächliche Erfolgsstrukturen aufweisende Studien voneinander unterscheidet (Leimbach, 2015, S. 31-33). Es wird auf Studien verwiesen, die bereits Verhaltensweisen türkischer Eltern im schulischen Kontext aufzeigen. Leimbach kontrastiert die widersprüchlichen Denkmuster und damit einhergehenden Verhaltensweisen der Eltern in Bezug auf die Schule (Leimbach, 2015, S. 42-43) und glaubt, deshalb eine wichtige Forschungslücke zu bedienen, indem er das eigene Gestaltungspotential der Kinder zusätzlich in den Blick nimmt. Leimbach erwähnt mehrmals, dass man aufgrund des kleinen Samples keine generalisierenden Aussagen treffen kann und ordnet solche dementsprechend nicht in einen internationalen Kontext ein (Leimbach, 2015, S.304). Er stellt nicht einmal Bezüge zur Bildungssituation in der Türkei her.

Literatur

  • Flick, Uwe (2009): Sozialforschung. Methoden und Anwendungen. Ein Überblick für die BA-Studiengänge. 3. Auflage. Hamburg: Rowohlt Taschenbuch.
  • Flick, Uwe (2014): Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung. 6. Auflage. Hamburg: Rowohlt Verlag.
  • Mayring, Philipp (2002): Qualitative Sozialforschung. 5. Auflage. Weinheim: Beltz
  • Mayring, Philipp (2016): Einführung in die qualitative Sozialforschung. Eine Anleitung zu qualitativem Denken. 6. Auflage. Weinheim und Basel: Beltz

Internetquellen

  • Leimbach, Burkhard (2015): Verschenkte Chancen. Schülerinnen und Schüler als Gestalter ihrer Schulkarrieren?. Oldenburg. Online einzusehen unter: http://d-nb.info/1082346985/34 (letzter Zugriff am 14.09.2017 um 03:25Uhr).

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