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lehre:sose2017:sozialwissmeth:analysen:faehnrich:tandem33

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lehre:sose2017:sozialwissmeth:analysen:faehnrich:tandem33 [2017/09/11 11:17]
tandem33b [Geltungsbegründung]
lehre:sose2017:sozialwissmeth:analysen:faehnrich:tandem33 [2017/09/15 23:43]
tandem33b [Geltungsbegründung]
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 ==== Verhältnis Theorie-Gegenstand==== ==== Verhältnis Theorie-Gegenstand====
  
-Im Rahmen von qualitativer Forschung ist die Auseinandersetzung mit vorhandenen Wissensbeständen und das in Beziehung setzen zu verwandten Feldern von großer Bedeutung. Die Auseinandersetzung findet statt, bevor der Forscher in das Forschungsfeld eintritt. Er recherchiert nach vorhanden Theorien und gleicht den aktuellen Forschungsstand ab (Flick, 2011, S.72/75-76). Mit den Informationen konstruiert der Forscher ein Modell, aus welchem Hypothesen, die geprüft werden sollen, abgeleitet werden. Das Untersuchungsfeld und -objekt sind im Modell exemplarisch und austauschbar. Allgemeingültige Zusammenhänge sollen überprüft werden (Flick, 1995, S.150). Der Untersuchungsgegenstand der Studie stellt die gestiegene Jugendkriminalität dar. Gegenstand und Vorgehen sind theoretisch verankert, er setzt sich mit vorhandenen Kriminalitätstheorien auseinander, mit welchen ist allerdings unklar. Auch das spezifische Vorwissen wird nicht offen gelegt, beides bewerten wir als kritisch. Anspruch seiner Studie ist die Forschungslücken zu füllen (Fähnrich, 2010, S.6-7). Nach dem Prinzip der Grounded Theory entwickeln sich Hypothesen, welche im Laufe der Studie zu Lebenslagentypen zusammengefasst werden und zur Theoriebildung führen (ebd., S.201-212). Fähnrich benennt seine Auseinandersetzung mit dem „Prinzip der Offenheit“ nicht. Laut Flick (1995, S.150) bedeutet Offenheit die Zurückstellung von einer vorherigen „theoretischen Strukturierung des Forschungsgegenstandes“, der Untersuchungsgegenstand soll sich durch die Forschungsobjekte selbst herausbilden. Dieses Vorgehen ist bei Fähnrich beobachtbar, indem er bei der Auswertung flexibel Individualitäten der Probanden hinzuzieht (Fähnrich, 2010, S.123-129).+Im Rahmen von qualitativer Forschung ist die Auseinandersetzung mit vorhandenen Wissensbeständen und das in Beziehung setzen zu verwandten Feldern von großer Bedeutung. Die Auseinandersetzung findet statt, bevor der Forscher in das Forschungsfeld eintritt. Er recherchiert nach vorhandenen Theorien und gleicht den aktuellen Forschungsstand ab (Flick, 2011, S.72/75-76). Mit den Informationen konstruiert der Forscher ein Modell, aus welchem Hypothesen, die geprüft werden sollen, abgeleitet werden. Das Untersuchungsfeld und -objekt sind im Modell exemplarisch und austauschbar. Allgemeingültige Zusammenhänge sollen überprüft werden (Flick, 1995, S.150). Der Untersuchungsgegenstand der Studie stellt die gestiegene Jugendkriminalität dar. Gegenstand und Vorgehen sind theoretisch verankert, er setzt sich mit vorhandenen Kriminalitätstheorien auseinander, mit welchen ist allerdings unklar. Auch das spezifische Vorwissen wird nicht offen gelegt, beides bewerten wir als kritisch. Anspruch seiner Studie ist die Forschungslücken zu füllen (Fähnrich, 2010, S.6-7). Nach dem Prinzip der Grounded Theory entwickeln sich Hypothesen, welche im Laufe der Studie zu Lebenslagentypen zusammengefasst werden und zur Theoriebildung führen (ebd., S.201-212). Fähnrich benennt seine Auseinandersetzung mit dem „Prinzip der Offenheit“ nicht. Laut Flick (1995, S.150) bedeutet Offenheit die Zurückstellung von einer vorherigen „theoretischen Strukturierung des Forschungsgegenstandes“, der Untersuchungsgegenstand soll sich durch die Forschungsobjekte selbst herausbilden. Dieses Vorgehen ist bei Fähnrich beobachtbar, indem er bei der Auswertung flexibel Individualitäten der Probanden hinzuzieht (Fähnrich, 2010, S.123-129).
 ==== Fragestellung, Forschungsperspektiven==== ==== Fragestellung, Forschungsperspektiven====
  
-Das Problem „Jugendkriminalität“ wird von Fähnrich mit dem Ziel behandelt, vorhandene Erkenntnisse zu erweitern, indem die Selbstdeutung der Wiederholungstäter im Fokus stehen. Dies leitet ihn zu folgenden zwei Fragestellungen, inwiefern deuten die Jugendlichen ihre aktuellen Lebensumstände, biografischen Erfahrungen und Straftaten selbst? Außerdem, lassen sich typische Selbstdeutungsmuster aus den Antworten feststellen? (ebd., S.102-105). Durch das wiederholte Erheben und Analysieren von Daten bildet er stufenweise Typen, welche er in Beziehung zueinander setzt und diese sich zu einer Theorie, den drei Lebenslagentypen, verdichten (ebd., S.201-212). Dies entspricht dem Prinzip der Grounded Theory nach Glaser und Strauss (Mey/Mruck, 2011, S.1115-16).+Das Problem „Jugendkriminalität“ wird von Fähnrich mit dem Ziel behandelt, vorhandene Erkenntnisse zu erweitern, indem die Selbstdeutungen der Wiederholungstäter im Fokus stehen. Dies leitet ihn zu folgenden zwei Fragestellungen, inwiefern deuten die Jugendlichen ihre aktuellen Lebensumstände, biografischen Erfahrungen und Straftaten selbst? Außerdem, lassen sich typische Selbstdeutungsmuster aus den Antworten feststellen? (ebd., S.102-105). Durch das wiederholte Erheben und Analysieren von Daten bildet er stufenweise Typen, welche er in Beziehung zueinander setzt und diese sich zu einer Theorie, den drei Lebenslagentypen, verdichten (ebd., S.201-212). Dies entspricht dem Prinzip der Grounded Theory nach Glaser und Strauss (Mey/Mruck, 2011, S.11/15-16).
 ==== Annäherung ans Feld==== ==== Annäherung ans Feld====
  
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 ==== Fixierung der Daten==== ==== Fixierung der Daten====
  
-Die Datenfixierung ist nach Flick (1995, S.160-162) ein dreischnittiger Prozess, bestehend aus der Aufzeichnung, Transkription und Konstitution der gesammelten Daten. Dieser soll dabei helfen gesammelte Daten objektiv zu ordnen und leichter zugänglich zu machen. Fähnrich zeichnet die Interviews auf und macht Feldnotizen ohne dabei den Redner zu unterbrechen (Fähnrich, 2010, S.123). Welche Transkriptionsmethoden Fähnrich wählt benennt er nicht, es ist nur nachvollziehbar, dass die Interviews im originalen Wortlaut aufbereitet und zu Fallporträts verschriftlicht wurden. So wird sichergestellt, dass das Gesagte bei der Transkription nicht von der Subjektivität des Forschers beeinflusst wird. Mit den transkribierten Interviews und Personagrammen konnte eine Konstitution nach Flick (1995, S.162), eine Zusammensetzung der Realität stattfinden, um letztendlich „typische kriminelle Karriereverläufe“ (Fähnrich, 2010, S.123) aufzuzeigen.+Die Datenfixierung ist nach Flick (1995, S.160-162) ein dreischnittiger Prozess, bestehend aus der Aufzeichnung, Transkription und Konstitution der gesammelten Daten. Dieser soll dabei helfen gesammelte Daten objektiv zu ordnen und leichter zugänglich zu machen. Fähnrich zeichnet die Interviews auf und macht Feldnotizenohne dabei den Redner zu unterbrechen (Fähnrich, 2010, S.123). Welche Transkriptionsmethoden Fähnrich wählt benennt er nicht, es ist nur nachvollziehbar, dass die Interviews im originalen Wortlaut aufbereitet und zu Fallporträts verschriftlicht wurden. So wird sichergestellt, dass das Gesagte bei der Transkription nicht von der Subjektivität des Forschers beeinflusst wird. Mit den transkribierten Interviews und Personagrammen konnte eine Konstitution nach Flick (1995, S.162), eine Zusammensetzung der Realität stattfinden, um letztendlich „typische kriminelle Karriereverläufe“ (Fähnrich, 2010, S.123) aufzuzeigen.
  
 ==== Interpretation der Daten==== ==== Interpretation der Daten====
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 ==== Geltungsbegründung==== ==== Geltungsbegründung====
  
-Inwiefern diese Lebenslagentypen allgemeingültig sind, versuchen wir anhand des von Flick formulierten Gütekriteriums, der Verallgemeinerung, zu analysieren (Flick, 2009, 275). Demnach wird „in der qualitativen Forschung eher eine theoretische Verallgemeinerung angestrebt“ (ebd., S.279). Die wird erreicht durch das Bilden von Typen und das Gegenüberstellen von Fällen. Das wird in der detaillierten Auswertung von Fähnrich erfüllt, indem er Kategoriesysteme erstellt, welche er miteinander abgleicht. Anhand der entstehenden thematischen Strukturen kann er weitere Fälle analysieren und miteinander vergleichen. Die darauffolgende Feinanalyse und der erneute Vergleich der Fälle erhöht die Vergleichbarkeit und lässt eine Verallgemeinerung zu. Das Gegenüberstellen von unterschiedlichen Fällen findet somit statt (ebd., S.79). Aufgrund dieser Verallgemeinerung bildet Fähnrich unterschiedliche Typen auf zwei Ebenen (Fähnrich, 2010, S.201), die zusammengefasst werden. Anhand derer leitet er praktische Lösungsansätze für das Problem an das hessische Polizeipräsidium weiter (ebd., S.105). Es findet eine Weitergabe an Dritte statt, er lässt seine Studie nachvollziehbar werden, was nach Flick zusätzlich die Geltung der Studie begründet (Flick, 1995, S.167-169). Wir bewerten die gewählte Interviewform nach Flicks Kriterien (ebd.) als geeignet, da so ein hoher Grad an Authentizität angestrebt werden konnte, die Probanden durften sich selbstständig äußern und Fragen stellen (Fähnrich, 2010, S.123).+Inwiefern diese Lebenslagentypen allgemeingültig sind, versuchen wir anhand des von Flick formulierten Gütekriteriums, der Verallgemeinerung, zu analysieren (Flick, 2009, S.275). Demnach wird „in der qualitativen Forschung eher eine theoretische Verallgemeinerung angestrebt“ (ebd., S.279). Die wird erreicht durch das Bilden von Typen und das Gegenüberstellen von Fällen. Das wird in der detaillierten Auswertung von Fähnrich erfüllt, indem er Kategoriesysteme erstellt, welche er miteinander abgleicht. Anhand der entstehenden thematischen Strukturen kann er weitere Fälle analysieren und miteinander vergleichen. Die darauffolgende Feinanalyse und der erneute Vergleich der Fälle erhöht die Vergleichbarkeit und lässt eine Verallgemeinerung zu. Das Gegenüberstellen von unterschiedlichen Fällen findet somit statt (ebd., S.79). Aufgrund dieser Verallgemeinerung bildet Fähnrich unterschiedliche Typen auf zwei Ebenen (Fähnrich, 2010, S.201), die zusammengefasst werden. Anhand derer leitet er praktische Lösungsansätze für das Problem an das hessische Polizeipräsidium weiter (ebd., S.105). Es findet eine Weitergabe an Dritte statt, er lässt seine Studie nachvollziehbar werden, was nach Flick zusätzlich die Geltung der Studie begründet (Flick, 1995, S.167-169). Wir bewerten die gewählte Interviewform nach Flicks Kriterien (ebd.) als geeignet, da so ein hoher Grad an Authentizität angestrebt werden konnte, die Probanden durften sich selbstständig äußern und Fragen stellen (Fähnrich, 2010, S.123).
 ==== Forschung als Diskurs==== ==== Forschung als Diskurs====
  
-Forschung als Diskurs beschreibt Flick (1995, S.170) als Subjektverständnis. Dies meint, inwieweit bei der Datensammlung, -auswertung die Probanden einbezogen werden und Wert auf das subjektiv Gemeinte gelegt wird. Nach Flick kann dies in drei Schritten erfolgen. Der Forscher kann die erfassten Daten nach der Erhebung zurückmelden und zugänglich für die Probanden machen. Eine Einverständniserklärung und Zusicherung der Anonymität findet man bei Fähnrich (Fähnrich, 2010, S.167-170), allerdings geht nicht hervor, ob die Probanden nach der Erhebung Zugriff auf die Daten hatten. Im zweiten Schritt sollen die Probanden bei der „Interpretation der Daten“ (Flick, 1995, S.170) einbezogen werden, bzw. eine Rückmeldung erhalten, um möglichst nah am subjektiv gemeinten Sinn zu bleiben. Diese zwei Schritten werden von Flick als „kommunikative Validieren“ (ebd.) bezeichnet. Abschließend sollte, falls keine Rückmeldung nach Erhebung oder Interpretation stattgefunden hat, eine Rückmeldung nach Beendigung des Forschungsprozesses folgen. Beachtet werden soll, dass die Ergebnisse auch für fachfremde Leser nachvollziehbar sind (ebd.). In der Studie bleibt unklar, ob eine Rückmeldung nach der Erhebung oder Interpretation stattgefunden hat. Es ist nur bekannt, dass die Ergebnisse (Fähnrich, 2010, S.235) mit Beendigung des Forschungsprozesses zugänglich gemacht und weitergeleitete wurden an das Polizeipräsidiums (ebd., S.105). Diese sollen in Zukunft bei der Prävention von Jugendkriminalität helfen.+Forschung als Diskurs beschreibt Flick (1995, S.170) als Subjektverständnis. Dies meint, inwieweit bei der Datensammlung, -auswertung die Probanden einbezogen werden und Wert auf das subjektiv Gemeinte gelegt wird. Nach Flick kann dies in drei Schritten erfolgen. Der Forscher kann die erfassten Daten nach der Erhebung zurückmelden und zugänglich für die Probanden machen. Eine Einverständniserklärung und Zusicherung der Anonymität findet man bei Fähnrich (Fähnrich, 2010, S.167-170), allerdings geht nicht hervor, ob die Probanden nach der Erhebung Zugriff auf die Daten hatten. Im zweiten Schritt sollen die Probanden bei der „Interpretation der Daten“ (Flick, 1995, S.170) einbezogen werden, bzw. eine Rückmeldung erhalten, um möglichst nah am subjektiv gemeinten Sinn zu bleiben. Diese zwei Schritte werden von Flick als „kommunikatives Validieren“ (ebd.) bezeichnet. Abschließend sollte, falls keine Rückmeldung nach Erhebung oder Interpretation stattgefunden hat, eine Rückmeldung nach Beendigung des Forschungsprozesses folgen. Beachtet werden soll, dass die Ergebnisse auch für fachfremde Leser nachvollziehbar sind (ebd.). In der Studie bleibt unklar, ob eine Rückmeldung nach der Erhebung oder Interpretation stattgefunden hat. Es ist nur bekannt, dass die Ergebnisse (Fähnrich, 2010, S.235) mit Beendigung des Forschungsprozesses zugänglich gemacht und an das Polizeipräsidium weitergeleitet wurden  (ebd., S.105). Diese sollen in Zukunft bei der Prävention von Jugendkriminalität helfen.
 ==== Literatur ==== ==== Literatur ====
  
 * Fähnrich, Oliver (2010): Jugendkriminalität. Biografische Kontexte straffälliger Jugendlicher. Dissertation. Dortmund: Technische Universität Dortmund. * Fähnrich, Oliver (2010): Jugendkriminalität. Biografische Kontexte straffälliger Jugendlicher. Dissertation. Dortmund: Technische Universität Dortmund.
  
-* Flick, Uwe. „Sozialforschung. Methoden und Anwendungen Ein Überblick für die BA Studiengänge. Hamburg.(2014)+* Flick, Uwe (2014): Sozialforschung. Methoden und Anwendungen Ein Überblick für die BA Studiengänge. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
  
 * Flick, Uwe (2007): Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung. Reinbek bei Hamburg: Rowohlts Enzyklopädie. * Flick, Uwe (2007): Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung. Reinbek bei Hamburg: Rowohlts Enzyklopädie.
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