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Tandem 29

  • Tandempartner*in 1: Schramm; Lisa-Marie
  • Tandempartner*in 2: Stauch; Sveva Chantal

Entwurfsfassung

In Oliver Fähnrichs Dissertation „Jugendkriminalität – Biographische Kontexte straffälliger Jugendlicher“ beschäftigt sich der Autor mit jungen Straftätern und deren Erfahrungen. Hierfür werden auf freiwilliger Basis Interviews mit solchen Jugendlichen geführt, um herauszufinden, unter welchen Bedingungen sie aufgewachsen sind, wie sie selbst ihre Erfahrungen und Lebensumstände deuten und welche Beschreibungs- und Selbstdeutungsmuster sich daraus ergeben.

Verhältnis Theorie-Gegenstand

Fragestellung, Forschungsperspektiven

Um die oben genannten Ziele zu erreichen, stellt sich Fähnrich in seiner Arbeit zwei zentrale Fragen: „Wie deuten die Jugendlichen ihre aktuellen Lebensumstände und biografischen Erfahrungen (einschließlich ihrer Straftaten) selbst? Lassen sich typische Selbstdeutungsmuster der Jugendlichen bezüglich ihrer aktuellen Lebensumstände sowie biografischen Erfahrungen (einschließlich Straftaten) feststellen?“ (Fähnrich, 2009, S.103). Es gibt viele empirische Forschungsanalysen zum Thema Jugendkriminalität, in denen jedoch die betroffenen Jugendlichen außer Acht gelassen werden und den Vorstellungen der Jugendlichen über ihr kriminelles Verhalten zu wenig Bedeutung beigemessen wird (Fähnrich, 2009, S.102). Fähnrich nähert sich in dieser Studie dagegen aus der Perspektive des institutionellen Feldes an das Thema an. Somit kann er die in diesem Feld agierenden Subjekte verstehen und deren Einschätzung darlegen (Flick, 1995, S.152).

Annäherung ans Feld

Um sich an das Feld anzunähern, nimmt Fähnrich im Frühjahr 2006 Kontakt mit dem hessischen Polizeikommissariat auf, um an Informationen von straffälligen Jugendlichen zu gelangen. „Dort wurde im Juni 2005 eine Ermittlungsgruppe „Kompass“ gegründet, die sich mit „Besonders auffälligen Straftätern unter 21 Jahren“ (BASU 21) beschäftigt.“ (Fähnrich, 2009, S. 105). Innerhalb dieses Programms werden Jugendliche vertraulich interviewt, die Informationen schriftlich in sogenannten Personagrammen fixiert und anschließend zur Verfügung gestellt (Fähnrich, 2009, S. 123). Die Informationen werden anonymisiert festgehalten, wodurch die Polizei keinerlei Bedenken bei der Weitergabe der Informationen hat (Fähnrich, 2009, S. 105). Fähnrich fokussiert sich anfangs auf die Methode des Selektiven Samblings, demnach wurden vorab 80 Jugendliche anhand verschiedener Kriterien ausgewählt. Diese Methode musste jedoch wegen geringer Resonanz zustimmender Befragter verworfen werden. Die Untersuchungsgruppe wurde dann letztendlich anhand einer Zufallsstichprobe erstellt (Fähnrich, 2009, S. 121).

Sammlung der Daten

Fähnrich nutzt in seiner Arbeit Methoden der qualitativen Sozialforschung (Fähnrich, 2009, S. 118). Es werden Interviews mit den Jugendlichen geführt, um Informationen über deren Erfahrungen und Lebensumstände zu erhalten. Fähnrich entscheidet sich an dieser Stelle für ein Befragungsverfahren, nämlich das Leitfadeninterview (Fähnrich, 2009, S.118) und somit für die Datenerhebung zwischen Subjekt und Forscher (Flick, 1995, S.158). Bei dieser Befragungsmethode dient der Leitfaden oft nur zur groben Orientierung, die Interviewenden sind dabei hinsichtlich der Formulierungen und Reihenfolge der Fragen ungebunden (Hopf, 1995, S.177). Fähnrich sieht darin den Vorteil, dass das Interview einen Gesprächscharakter erhält und der Interviewte zum angeregteren Austausch motiviert wird (Fähnrich, 2009, S.119). Die Gefahr der Wahrheitsverzerrung (Flick, 1995, S.157) wird in Fähnrichs Studie durch die offen gehaltenen Fragen relativiert. Die Befragten haben dadurch die Möglichkeit, ihren Antworten eine eigene Schwerpunktsetzung zu geben. Die Interviews werden einzeln und ohne die Anwesenheit weiterer Beteiligter geführt, um die Anonymität der Befragten zu bewahren (Fähnrich, 2009, S.123). Außerdem werden sie auf einem Tonträger aufgenommen, damit möglichst viele und vorallem wahrheitsgemäße Informationen festgehalten werden (Fähnrich, 2009, S.122).

Fixierung der Daten

Interpretation der Daten

Um die in den Leitfrageninterviews erhaltenen Daten auszuwerten und interpretieren zu können, werden sie transkribiert und mit sämtlichen weiteren Materialien zusammengestellt. Auf diese Weise entstehen erste Einzelfallporträts, welche dann in Kategorien und Subkategorien unterteilt werden. Fähnrichs Datenauswertung bezieht sich dabei in erster Linie auf Flicks Schritte des thematischen Kodierens (Flick, 2007, S.403f). So gehen in Fähnrichs Studie beispielsweise aus der Kategorie „Familie“ die Subkategorien „Eltern“, „Geschwister“ und „sonstige“ hervor (Fähnrich, 2009, S.126f). Das dadurch entstandene Kategoriensystem wird auf die weiteren Fälle übertragen und angepasst, sodass ein einheitliches Kategoriengerüst entstehen kann. Jede Kategorie wird anschließend beschrieben und auf das „Falltypische“ untersucht. Danach werden die Fälle nach Ähnlichkeiten eingeteilt, um eine Gegenüberstellung zu erleichtern. So gibt es beispielsweise acht Fälle, in denen die Täter angaben, einen strukturierten Tagesablauf zu haben, während dies bei den drei weiteren Tätern nicht der Fall war. (Fähnrich, 2009, S.129). Nach dem darauffolgenden Anlegen sogenannter Zeittafeln, die durch chronologische Sortierung biographischer Ereignisse dabei helfen sollen, eventuelle erste Weichenstellungen auszumachen, werden erste Gruppierungen der Täter vorgenommen. Die Gruppierung geschieht dabei auf zwei Ebenen. Auf der ersten Ebene wird in verschiedene „Situationstypen“ eingeteilt. Diese beschäftigten sich mit den aktuellen Lebensumständen in Bezug auf Kriminalität. Auf der zweiten Ebene erfolgt die Einteilung in „Biographietypen“, also in Bezug auf biographische Erfahrungen und Kriminalität. Letztlich werden beide Ebenen auf Zusammenhänge untersucht und neue Typen, sogenannte „Lebenslagentypen“, gebildet (Fähnrich, 2009, S.131-134).

Geltungsbegründung

Um die Studie geltend zu machen, ist es notwendig, dass der Forschende sich einerseits dem Wahrheitsgehalt seiner gesammelten Daten bewusst ist und diesen zum anderen für Dritte transparent macht, sodass der Forschungsprozess für jeden nachvollziehbar ist (Flick, 1996, S.167). Fähnrich arbeitet in Bezug auf die Auswahl der zu Interviewenden mit einem hessischen Polizeipräsidium zusammen. Die Täter erklären sich freiwillig zum Interview bereit, bleiben anonym und sind nicht dazu gezwungen Fragen zu beantworten, die ihnen unangenehm sind. Dadurch wird der Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen möglichst hoch gehalten (Fähnrich, 2009, S.119). Flick kritisiert an Leitfadeninterviews, dass durch die Hinderung des uneingeschränkten Redeflusses die Authenzität verloren gehen könnte (Flick, 1996, S.168). Dieser Gefahr geht man in Fähnrichs Studie jedoch aus dem Weg, indem die Leitfragen eher offen formuliert werden und weniger der strukturierten Abarbeitung, als viel mehr einer groben Orientierung dienen.

Forschung als Diskurs

Literatur

  • Flick, Uwe (1995). „Stationen des qualitativen Handlungsprozesses“ In: Flick, Uwe/ v. Kardorff, Ernst/ Keupp, Heiner/ v. Rosensteil, Lutz/ Wolff, Stephan (Hrsg.): „Handbuch qualitative Sozialforschung - Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen“. Weinheim: Beltz Psychologie Verlags Union, S.148-173.
  • Flick, Uwe (2014). „Sozialforschung. Methoden und Anwendungen Ein Überblick für die BA Studiengänge“. Hamburg.
  • Flick, Uwe (2007): Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung. Reinbek bei Hamburg: Rowohlts Enzyklopädie.
  • Hopf, Christel (1995). „Qualitative Interviewsin der Sozialforschung. Ein Überblick“. In: Flick, Uwe/ v. Kardorff, Ernst/ Keupp, Heiner/ v. Rosensteil, Lutz/ Wolff, Stephan (Hrsg.): „Handbuch qualitative Sozialforschung - Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen“. Weinheim: Beltz Psychologie Verlags Union, S.177-182.

Zweiter Text: Begründete Einschätzung anderer Analysen

Ranking: 1. Platz: Tandem 33, 2. Platz: Tandem 32, 3. Platz: Tandem 38, 4. Platz: Tandem 42

Tandem 33, Platz 1

Tandem 33 erhält in unserem Ranking den ersten Platz, da wir die Analyse als am besten gelungen empfinden. Sowohl in Bezug auf die Strukturierung, als auch auf die Verständlichkeit der Sätze wird deutlich, dass die Materie verstanden wurde. Die Differenzierung der eigenen bzw. fremden Gedanken ist uns besonders positiv aufgefallen, außerdem wurden eigene Ansichten im Text begründet. Im Verlauf der Forschungsanalyse wurde ausreichend Bezug auf die Werke Flicks genommen. Einen Kritikpunkt sehen wir in dem nicht ganz einheitlichen Literaturverzeichnis (siehe Jahreszahl). (Letzter Zugriff: 05.07.17, 11:25 Uhr)

Tandem 32, Platz 2

Tandem 32 bewerten wir mit dem zweiten Platz, da die Analyse insgesamt gut gelungen ist. Die Aussagen sind überwiegend verständlich, vereinzelt lassen zu lange und kommareiche Sätze den Text jedoch unübersichtlich wirken. Die Gedanken des Autors sind klar gekennzeichnet und heben sich dadurch von den eigenen Gedanken des Tandems ab . Die verwendete Fachliteratur wurde im Literaturverzeichnis zwar einheitlich angegeben, leider jedoch nicht innerhalb des Textes (Bsp.: Im Kapitel „Annäherung an das Feld“: „vgl. Flick 1995, S.153“ Zeile 4f und „vgl. S.105 Fähnrich“ Zeile 6). Trotz der kleinen Mängel ist festzuhalten, dass die Inhalte Flicks augenscheinlich verstanden wurden und auf Fähnrichs Studie angewendet werden konnten. (Letzter Zugriff: 05.07.17, 15:07 Uhr)

Tandem 38, Platz 3

Tandem 38 erhält den dritten Platz. Positiv aufgefallen sind uns die zahlreichen Literaturangaben und die damit verbundene Menge an Belegen innerhalb des Textes. Jedoch hätte man einige Aussagen Fähnrichs in eigenen Worten beschreiben können, anstatt Belege zu verwenden. Leider ändert sich die Form der Quellenangabe ab dem zweiten Abschnitt des Kapitels „Sammlung der Daten“. Fehler in Formulierungen und Kommasetzung hindern den Lesefluss und machen einige Aussagen unverständlich. Anstatt die Studie im Kapitel der „Fragestellung, Forschungsperspektive“ kurz zu erläutern, wäre es unserer Meinung nach von Vorteil gewesen, am Anfang der Analyse eine Einleitung zu formulieren, um gut in das Thema einsteigen zu können.Trotz der formalen Defizite sind wir der Ansicht, dass die wichtigsten Kriterien der Analyse erfüllt worden sind. (Letzter Zugriff: 05.07.17, 15:25 Uhr)

Tandem 42, Platz 4

Der vierte Platz unseres Rankings geht an Tandem Nr. 42. Aufgrund der gut strukturierten und deutlichen Formulierungen ist diese Analyse leicht verständlich und gut lesbar. Die Literaturangaben sind zwar einheitlich, jedoch werden die Aussagen im Text leider wenig bis gar nicht belegt. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass zur Analyse der Forschung so gut wie keine weitere Literatur verwendet wurde. Daher fehlt unter anderem ein ausreichender Bezug zu Flick, dessen Werke zum Thema Sozialforschung die Grundlage unserer Analyse bilden sollten. Demnach handelt es sich bei dieser Ausarbeitung unserer Meinung nach eher um eine Beschreibung der Studie als um eine Analyse. (Letzter Zugriff: 05.07.17, 15:11 Uhr)

Dritter Text: Endfassung

Einleitung

In Oliver Fähnrichs Dissertation „Jugendkriminalität – Biographische Kontexte straffälliger Jugendlicher“ beschäftigt sich der Autor mit jungen Straftätern und deren Erfahrungen. Hierfür werden auf freiwilliger Basis Interviews mit solchen Jugendlichen geführt, um herauszufinden, unter welchen Bedingungen sie aufgewachsen sind, wie sie selbst ihre Erfahrungen und Lebensumstände deuten und welche Beschreibungs- und Selbstdeutungsmuster sich daraus ergeben.

Verhältnis Theorie-Gegenstand

Der erste Schritt in Fähnrichs Studie ist die Formulierung einer Ausgangsthese innerhalb seines Untersuchungsgegenstands. Dieser Gegenstand ist in Fähnrichs Studie die Sicht jugendlicher Wiederholungstäter auf ihre eigenen Straftaten (Fähnrich, 2009, S. 7). Die These dazu entwickelt er anhand vorheriger Literaturrecherche. Von dieser These werden anschließend Forschungsfragen abgeleitet, die für ihre Untersuchung, bzw. Überprüfung notwendig sind (Fähnrich, 2009, S. 7). Dieses Vorgehen erinnert an die “Modellbildung”, die Flick im Zusammenhang mit theoretischen Vorannahmen und Untersuchungsgegenständen beschreibt (Flick, 1995, S. 150). Fähnrichs Ausgangsthese “dass (…) eine “subjektive kriminelle Karriere“ existiert”, (Fähnrich, 2009, S. 7) ist gleichzusetzen mit Flicks Vorstellungen eines Modells. Die daraus abgeleiteten Forschungsfragen sind vergleichbar mit den Hypothesen, die es laut Flick zu überprüfen gilt (Flick, 1995, S. 150). Die Jugendlichen, die für Fähnrichs Studie interviewt wurden, stehen stellvertretend für straffällige Jugendliche im Allgemeinen und könnten somit auch gegen Andere ausgetauscht werden. Sie dienen der Beantwortung der Forschungsfragen zur Überprüfung der Ausgangsthesen (Fähnrich, 2009, S. 8). Die Animation zum eigenständigen Redefluss der Interviewten durch die Interviewenden (Fähnrich, 2009, S. 123) entspricht dem Prinzip der Offenheit innerhalb des von Flick vorgestellten Ansatzes der Grounded Theory, welches die Zurückstellung theoretischen Vorwissens vorsieht, um eine eigenständige Strukturierung durch die Forschungssubjekte selbst zu ermöglichen (Flick, 1995, S. 150).

Fragestellung, Forschungsperspektiven

Um die oben genannten Ziele zu erreichen, stellt sich Fähnrich in seiner Arbeit zwei zentrale Fragen: „Wie deuten die Jugendlichen ihre aktuellen Lebensumstände und biografischen Erfahrungen (einschließlich ihrer Straftaten) selbst? Lassen sich typische Selbstdeutungsmuster der Jugendlichen bezüglich ihrer aktuellen Lebensumstände sowie biografischen Erfahrungen (einschließlich Straftaten) feststellen?“ (Fähnrich, 2009, S.103). Es gibt viele empirische Forschungsanalysen zum Thema Jugendkriminalität, in denen jedoch die betroffenen Jugendlichen außer Acht gelassen werden und den Vorstellungen der Jugendlichen über ihr kriminelles Verhalten zu wenig Bedeutung beigemessen wird (Fähnrich, 2009, S.102). Fähnrich nähert sich in dieser Studie dagegen aus der Perspektive des institutionellen Feldes an das Thema an. Somit kann er die in diesem Feld agierenden Subjekte verstehen und deren Einschätzung darlegen (Flick, 1995, S.152).

Annäherung ans Feld

Um sich an das Feld anzunähern, nimmt Fähnrich im Frühjahr 2006 Kontakt mit dem hessischen Polizeikommissariat auf, um an Informationen von straffälligen Jugendlichen zu gelangen. „Dort wurde im Juni 2005 eine Ermittlungsgruppe „Kompass“ gegründet, die sich mit „Besonders auffälligen Straftätern unter 21 Jahren“ (BASU 21) beschäftigt.“ (Fähnrich, 2009, S. 105). Innerhalb dieses Programms werden Jugendliche vertraulich interviewt, die Informationen schriftlich in sogenannten Personagrammen fixiert und anschließend zur Verfügung gestellt (Fähnrich, 2009, S. 123). Die Informationen werden anonymisiert festgehalten, wodurch die Polizei keinerlei Bedenken bei der Weitergabe der Informationen hat (Fähnrich, 2009, S. 105). Fähnrich fokussiert sich anfangs auf die Methode des Selektiven Samblings, demnach wurden vorab 80 Jugendliche anhand verschiedener Kriterien ausgewählt. Diese Methode musste jedoch wegen geringer Resonanz zustimmender Befragter verworfen werden. Die Untersuchungsgruppe wurde dann letztendlich anhand einer Zufallsstichprobe erstellt (Fähnrich, 2009, S. 121).

Sammlung der Daten

Fähnrich nutzt in seiner Arbeit Methoden der qualitativen Sozialforschung (Fähnrich, 2009, S. 118). Es werden Interviews mit den Jugendlichen geführt, um Informationen über deren Erfahrungen und Lebensumstände zu erhalten. Fähnrich entscheidet sich an dieser Stelle für ein Befragungsverfahren, nämlich das Leitfadeninterview (Fähnrich, 2009, S.118) und somit für die Datenerhebung zwischen Subjekt und Forscher (Flick, 1995, S.158). Bei dieser Befragungsmethode dient der Leitfaden oft nur zur groben Orientierung, die Interviewenden sind dabei hinsichtlich der Formulierungen und Reihenfolge der Fragen ungebunden (Hopf, 1995, S.177). Fähnrich sieht darin den Vorteil, dass das Interview einen Gesprächscharakter erhält und der Interviewte zum angeregteren Austausch motiviert wird (Fähnrich, 2009, S.119). Die Gefahr der Wahrheitsverzerrung (Flick, 1995, S.157) wird in Fähnrichs Studie durch die offen gehaltenen Fragen relativiert. Die Befragten haben dadurch die Möglichkeit, ihren Antworten eine eigene Schwerpunktsetzung zu geben. Die Interviews werden einzeln und ohne die Anwesenheit weiterer Beteiligter geführt, um die Anonymität der Befragten zu bewahren (Fähnrich, 2009, S.123). Außerdem werden sie auf einem Tonträger aufgenommen, damit möglichst viele und vorallem wahrheitsgemäße Informationen festgehalten werden (Fähnrich, 2009, S.122).

Fixierung der Daten

Einer der wichtigsten Bestandteile jeder Studie ist die Art und Weise, wie die erhobenen Daten fixiert werden. Flick geht hierzu von drei Schritten aus: Der Aufzeichnung der Daten, ihrer Aufbereitung und „der Konstitution einer neuen Realität“ (Flick, 1995, S.160). Fähnrich zeichnet die leitfadenorientierten Interviews auf einem Tonträger auf (Fähnrich, 2009, S.122). So können die Interviews ungestört fortlaufen, ohne dass der Interviewende den Redefluss des Interviewten zum Mitschreiben unterbrechen muss. Außerdem ermöglicht der Mitschnitt auf Tonband, im Nachhinein einen Einblick in die Emotionswelt des Interviewten während des Gesprächs durch die Interpretation von Stimme, Betonung oder Formulierung zu erhalten (Flick, 1995, S.160). Um zu gewährleisten, dass der Wahrheitsgehalt der Aussagen trotz des Tonbandmitschnittes möglichst hoch bleibt, wurde den Jugendlichen versichert, dass die Aufnahmen anonym und nur für Befugte zugänglich sein würden (Fähnrich, 2009, S.123). Randnotizen, die während des Interviews gemacht wurden, dienten lediglich als Grundlage für weitere Fragen während des Interviews (Fähnrich, 2009, S.123). Wie genau die Aufzeichnungen schließlich Transkribiert wurden, ist aus der uns vorliegenden Studie nicht herauszulesen. Laut Fähnrich wurden sie „vollständig und wörtlich transkribiert“ (Fähnrich, 2009, S.123). Die Fallporträts im Anhang, die einzelne Ausschnitte aus den jeweils transkribierten Interviews enthalten, bestätigen Fähnrichs Aussage. Sie zeigen den genauen Wortlaut der Jugendlichen, oft mit Ergänzungen des Verfassers, jedoch ohne Hinweise auf mögliches Zögern oder stockende Antworten der Interviewten (Siehe dazu Fähnrich, 2009, S.238). Die eben genannten Fallporträts bilden den letzten Schritt der Fixierung nach Flick, nämlich die Konstitution einer neuen Realität, in dem aus dem transkribierten Interview ein Text erstellt wurde. Dieser stellt nun die „eigentlich interessierende Realität“ dar (Flick, 1995, S.162), nämlich die Lebensgeschichte der Interviewten anhand ihrer Antworten auf die für die Studie relevanten Fragen.

Interpretation der Daten

Um die in den Leitfrageninterviews erhaltenen Daten auszuwerten und interpretieren zu können, werden sie transkribiert und mit sämtlichen weiteren Materialien zusammengestellt. Auf diese Weise entstehen erste Einzelfallporträts, welche dann in Kategorien und Subkategorien unterteilt werden. Fähnrichs Datenauswertung bezieht sich dabei in erster Linie auf Flicks Schritte des thematischen Kodierens (Flick, 2007, S.403f). So gehen in Fähnrichs Studie beispielsweise aus der Kategorie „Familie“ die Subkategorien „Eltern“, „Geschwister“ und „sonstige“ hervor (Fähnrich, 2009, S.126f). Das dadurch entstandene Kategoriensystem wird auf die weiteren Fälle übertragen und angepasst, sodass ein einheitliches Kategoriengerüst entstehen kann. Jede Kategorie wird anschließend beschrieben und auf das „Falltypische“ untersucht. Danach werden die Fälle nach Ähnlichkeiten eingeteilt, um eine Gegenüberstellung zu erleichtern. So gibt es beispielsweise acht Fälle, in denen die Täter angaben, einen strukturierten Tagesablauf zu haben, während dies bei den drei weiteren Tätern nicht der Fall war. (Fähnrich, 2009, S.129). Nach dem darauffolgenden Anlegen sogenannter Zeittafeln, die durch chronologische Sortierung biographischer Ereignisse dabei helfen sollen, eventuelle erste Weichenstellungen auszumachen, werden erste Gruppierungen der Täter vorgenommen. Die Gruppierung geschieht dabei auf zwei Ebenen. Auf der ersten Ebene wird in verschiedene „Situationstypen“ eingeteilt. Diese beschäftigten sich mit den aktuellen Lebensumständen in Bezug auf Kriminalität. Auf der zweiten Ebene erfolgt die Einteilung in „Biographietypen“, also in Bezug auf biographische Erfahrungen und Kriminalität. Letztlich werden beide Ebenen auf Zusammenhänge untersucht und neue Typen, sogenannte „Lebenslagentypen“, gebildet (Fähnrich, 2009, S.131-134).

Geltungsbegründung

Um die Studie geltend zu machen, ist es notwendig, dass der Forschende sich einerseits dem Wahrheitsgehalt seiner gesammelten Daten bewusst ist und diesen zum anderen für Dritte transparent macht, sodass der Forschungsprozess für jeden nachvollziehbar ist (Flick, 1995, S.167). Fähnrich arbeitet in Bezug auf die Auswahl der zu Interviewenden mit einem hessischen Polizeipräsidium zusammen. Die Täter erklären sich freiwillig zum Interview bereit, bleiben anonym und sind nicht dazu gezwungen Fragen zu beantworten, die ihnen unangenehm sind. Dadurch wird der Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen möglichst hoch gehalten (Fähnrich, 2009, S.119). Flick kritisiert an Leitfadeninterviews, dass durch die Hinderung des uneingeschränkten Redeflusses die Authenzität verloren gehen könnte (Flick, 1995, S.168). Dieser Gefahr geht man in Fähnrichs Studie jedoch aus dem Weg, indem die Leitfragen eher offen formuliert werden und weniger der strukturierten Abarbeitung, als viel mehr einer groben Orientierung dienen.

Forschung als Diskurs

Literatur

  • Fähnrich, Oliver (2009): Jugendkriminalität. Biografische Kontexte straffälliger Jugendlicher. Dissertation. Dortmund: Technische Universität Dortmund.
  • Flick, Uwe (1995): „Stationen des qualitativen Handlungsprozesses“ In: Flick, Uwe/ v. Kardorff, Ernst/ Keupp, Heiner/ v. Rosensteil, Lutz/ Wolff, Stephan (Hrsg.): „Handbuch qualitative Sozialforschung - Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen“. Weinheim: Beltz Psychologie Verlags Union, S.148-173.
  • Flick, Uwe (2014): „Sozialforschung. Methoden und Anwendungen Ein Überblick für die BA Studiengänge“. Hamburg.
  • Flick, Uwe (2007): Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung. Reinbek bei Hamburg: Rowohlts Enzyklopädie.
  • Hopf, Christel (1995): „Qualitative Interviews in der Sozialforschung. Ein Überblick“. In: Flick, Uwe/ v. Kardorff, Ernst/ Keupp, Heiner/ v. Rosensteil, Lutz/ Wolff, Stephan (Hrsg.): „Handbuch qualitative Sozialforschung - Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen“. Weinheim: Beltz Psychologie Verlags Union, S.177-182.

Kommentare

Diskussion

Naheela Ulrich, 2017/07/13 16:35

Tandem 29, Platz 2

Die Analyse weist einen einheitlichen Zitationsstil auf, außerdem setzt sich das Tandem mit viel zusätzlicher wissenschaftlich relevanter Literatur auseinander. Lediglich die Studie selbst fehlt im Literaturverzeichnis. Bei der Annäherung ans Feld sollte auf eine genaue Seitenanzahl in der Studie verwiesen und deutlich differenziert werden welche Gedanken Flick dazu hat. Ebenfalls wird nicht auf die Interviews eingegangen, wir bewerten diese aber als relevant. Hier sollte hervorgehoben werden, um welche Form des Leitfadeninterview es sich handelt. Zudem sollte kritisch hinterfragt werden ob tatsächlich nur die Zufallsstichprobe angewendet wurde und falls ja wie es zu der Auswahl der Probanden kam.

Naheela Ulrich, 2017/07/13 16:35

Tandem 29, Platz 2

Die Analyse weist einen einheitlichen Zitationsstil auf, außerdem setzt sich das Tandem mit viel zusätzlicher wissenschaftlich relevanter Literatur auseinander. Lediglich die Studie selbst fehlt im Literaturverzeichnis. Bei der Annäherung ans Feld sollte auf eine genaue Seitenanzahl in der Studie verwiesen und deutlich differenziert werden welche Gedanken Flick dazu hat. Ebenfalls wird nicht auf die Interviews eingegangen, wir bewerten diese aber als relevant. Hier sollte hervorgehoben werden, um welche Form des Leitfadeninterview es sich handelt. Zudem sollte kritisch hinterfragt werden ob tatsächlich nur die Zufallsstichprobe angewendet wurde und falls ja wie es zu der Auswahl der Probanden kam.

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