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Tandem 19

  • Tandempartner*in 1: Ewert; Jana
  • Tandempartner*in 2: Silvko; Margarita

Einleitung

Verhältnis Theorie-Gegenstand

Zu Beginn der Forschung wird ein Modell erstellt, welches die „dort vermuteten beziehungsweise wirkenden Bedingungszusammenhänge“ beschreibt (vgl. Flick 1996, S.150). Der Wissenschaftler nutzt hierbei bereits vorhandene Theorien und Literaturen, aus denen er eine Hypothese oder mehrere Hypothesen ableitet und diese anschließend auf ihre Beobachtbarkeit und Messbarkeit überprüft. Faktoren die hierbei verwendet werden, sind dabei auswechselbar und beliebig. Das entworfene Modell wird der Realität vorgezogen (vgl. Flick 1996, S.150). Die systematische Auswertung von qualitativer Daten mit dem Ziel der Theorienbildung beschreibt Flick als „Grounded Theory“ (vgl. Flick 1996, S.150). Fähnrich verwendet diese in seiner Dissertation als Basis seiner Forschung.

Fragestellung, Forschungsperspektiven

In den bisherigen Studien über Jugendkriminalität wurde der Zusammenhang zwischen der individuellen Biografie und Lebenswelt der Jugendlichen und deren kriminelles Verhalten nur wenig berücksichtigt. Nach der Formulierung einer Ausgangsthese, entwickelt Fähnrich daraus zwei spezifische Forschungsthesen (Flick, 2007, S.134-135), die in seiner Dissertation erforscht und beantwortet werden sollen. In Interviews sollen Jugendliche ihre aktuellen Lebensumstände und biografischen Erfahrungen beurteilen und diese auf ihre Straftaten beziehen (Flick,2007. S.136-137). Dadurch können Selbstdeutungsmuster herausgearbeitet werden. Ein weiteres Ziel ist es, zu erfahren wie und unter welchen Bedingungen die Jugendlichen aufgewachsen sind. Die gesamte Dissertation und das Thema Jugendkriminalität soll neuen Diskussionsstoff bieten.

Annäherung ans Feld

Zu Beginn der Studie beschäftigt sich Fähnrich mit bereits vorhandenen Studien, relevanten Forschungen und deren Ergebnisse zum Thema Jugendkriminalität. Fähnrich möchte, dass Jugendliche selbst ihre Straftaten beschreiben und aus ihrer Sicht begründen. Sie sollen von bisherigen Erfahrungen berichten und ihre aktuellen Lebensumstände reflektieren. Um an entsprechende Daten zur Auswertung zu gelangen, kontaktiert Fähnrich ein hessisches Polizeipräsidium, das ein Projekt unter dem Namen „Besonders auffälligen Straftätern unter 21 Jahren“ (BASU 21) betreute (Vgl. Flick,2011, S.145-146). In der Polizeibehörde wurde eine EDV-Recherche der Jugendlichen nach den Kriterien BASU 21 durchgeführt, um nur die Jugendlichen herauszufiltern, die in das Profil passen. Von den passenden Jugendlichen wurden Personagramme zur Auswertung bereitgestellt.

Sammlung der Daten

In O. Fähnrichs Dissertation zum Thema „biografische Kontexte straffälliger Jugendlicher“ erfolgte die Sammlung der Daten systematisch. Bevor die eigentliche Datensammlung erfolgte, musste festgelegt werden, welche Interviewform genutzt wird. Im Verlauf der Untersuchungen ergaben sich zwei Lösungsvorschläge; das narrative Interview nach Fritz Schütze und das Leitfadeninterview (vgl Fähnrich S.117). Ersteres wurde nicht übernommen, da es die Jugendlichen überfordern könnte, länger über ein Thema intensiv zu sprechen (vgl. O. Fähnrich, S. 118). Fähnrich entschied sich für die Methode des selektiven Samplings, da diese sich gut für Datenerhebungen eignet, bei denen relevante Faktoren und Merkmale im Vorfeld bekannt sind und erst dann die Datenerhebung erfolgt (vgl. O. Fähnrich, S. 120). Doch wurde diese Methode im Nachhinein verworfen, da nur 4 der 10 geplanten Befragten auffindbar waren, daher wurde Kontakt zu anderen Institutionen aufgenommen, um Jugendliche, die in das Profil „BASU 21“ passen, zu finden (vgl. O. Fähnrich, S. 121). Die Kontaktaufnahme zu anderen Einrichtungen war eine gelungene und interessante Idee, woraus dann eine zufällige Stichprobe an Jugendlichen resultierte. Das Ziel des Interviews war es möglichst authentische und selbstständige Antworten der Befragten zu erhalten. Um den Jugendlichen die Angst zu nehmen, wurde ihnen die Schweigepflicht zugesichert, und nur wenige Personen hatten die Möglichkeit die aufgenommenen Interviews zu hören. Das Interview fand in einem Büro stat, in welchem nur die Interviewer und der Befragte anwesend waren. Jede weitere Person wäre ein Störfaktor und könnte allein mit der Anwesenheit die Antworten des Jugendlichen manipulieren oder verändern. (vgl. Fähnrich S123). Die Einholung der Einverständniserklärung bei Minderjährigen Befragten, die Schweigepflicht und auch die Schaffung eines ruhigen Ortes waren wichtig. Die Befragung fand in einem Büro statt, wobei nur der Befragte und der Interviewer anwesend waren (vgl. S. 123). Jeder Befragte hatte zwischen 60 und 90 Minuten Zeit, um die Fragen ausführlich zu beantworten. Die gestellten Fragen sind nicht komplex, sodass jeder Befragte in der Lage war sie zu beantworten. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass die Sammlung der Daten sehr professionell durchgeführt wurde und in jeder Hinsicht ihre Richtigkeit hatte. Auch wenn im Verlauf der Durchführung Problematiken aufgetreten sind, wurden diese durch adäquate Lösungsvorschläge behoben. Jeder Schritt wurde genaustens beschrieben und erklärt, sodass keine Fragen in Bezug auf die Vorgehensweise offen blieben.

Fixierung der Daten

Fähnrich interviewt die Jugendliche, nimmt sie dabei mit Tonträgern auf und macht sich Notizen (vgl. Fähnrich 2009, S.122). Dadurch können spätere Unklarheiten noch einmal aufgearbeitet werden (vgl. ebd., S.123). Anschließend werden Einzelfallporträts der Jugendlichen durch ganzheitliche und wörtliche Transkription der Interviews erstellt. Zum Schluss werden die gesammelten Informationen zusammengefügt. Es erfolgte hierbei die Fixierung der Daten nach Flick. Dabei wird in drei Schritten vorgegangen: die „Aufzeichnung der Daten, ihrer Ausarbeitung (Transkription) der Daten und der Konstitution einer neuen Realität im und durch den erstellten Text“ (vgl. Flick 1996, S.160).

Interpretation der Daten

Durch die Datenauswertung soll es zu einer „Typenbildung“ kommen, in welche kriminelle Jugendliche eingeteilt werden. Für die Auswertung der Daten wird das „thematischen Kodieren“ (Flick, 1996, 2007) verwendet. Die in der Analyse verwendeten Arbeitsschritte orientieren sich an Kelle/Kluge (1999) sowie Strauss/Corbin (1996). Es erfolgt eine Einzelfallanalyse durch die Kategorien und bestimmte Merkmale erschlossen werden (Flick, U. 2007, S. 187, S. 403 f.). Die vorläufigen Kategorien ermöglichen es, die Fälle miteinander zu vergleichen und Gemeinsamkeiten oder Unterschiede herauszuarbeiten. Es werden Haupt- und Subkategorien entwickelt, welche auf die anderen Fälle angewendet werden. Ähnliche Merkmale und Selbstdeutungsmuster die die aktuellen Lebensumstände der Jugendlichen betreffen, werden dabei herausgearbeitet (Ebene1). Durch die Gegenüberstellung der ermittelten Merkmale und Selbstdeutungsmuster mit den entsprechenden Untersuchungskategorien ergaben sich zwei unterschiedliche „Situationstypen“. Auf Ebene 2 handelt es sich um „Biografietypen“. Dieses Mal wurden die ermittelten Merkmale und Selbstdeutungsmuster in Bezug auf biografischen Erfahrungen der Jugendlichen herausgearbeitet und miteinander verglichen. Die „Biografietypen“ lassen sich nochmal in drei Typen unterscheiden. Anschließend werden die beiden Ebenen miteinander kombiniert und erneute Typen daraus gebildet, welche als „Lebenslagentypen“ bezeichnet werden. Diese werden als Grundlage für eine pädagogisch folgernde Betrachtungsweise verwendet und im Gesamtkontext überprüft. Daraus folgen drei unterschiedliche „Lebenslagerntypen“.

Geltungsbegründung

Inwieweit die Untersuchungen Geltung erweisen, lässt sich gut beschreiben. Die Versuchsgruppe bestand aus 11 Jugendlichen, die nach bestimmten Kriterien auserwählt wurden. Diese Anzahl ist zu gering, um eine allgemein gültige Aussage treffen zu können, jedoch beruhen die Ergebnisse auf strukturierter Forschung. Die Jugendlichen wurden Merkmalen oder Selbstdeutungsmustern zugeteilt (vgl. S.165 oben) und in einer grafischen Übersicht dargestellt (vgl. Tabelle 20, S. 166). Diese Kriterien wurden wiederum in 3 Situationstypen eingeteilt und aus diesen 3 Typen wurden Thesen zu Selbstdeutungsmustern entwickelt (vg. S. 213 unten – S. 214). Es wurden deutliche Muster herausgearbeitet; einige, die sich positiv auf die Situation des ehemaligen Straftäters auswirken, und andere, welche sich wiederum negativ auf die Lebenslage auswirken. Jedoch, wie bereits am Anfang erwähnt, gibt es keine allgemeine Geltungsbegründung, solange diese Form der Untersuchung nicht in einem größeren Maß wiederholt und erneut ausgewertet wird. Erst wenn diese Untersuchungen zu diesen Ergebnissen kommen, kann eine allgemeingültige Hypothese aufgestellt werden (vgl. S. 219 unten).

Forschung als Diskurs

Forschung als Diskurs beschäftigt sich mit dem Subjektverständnis der Forschung und seinem Bezug zu der Thematik (vgl. Flick 1996, S.170). Die befragten Jugendlichen werden vorher um ihr Einverständnis gebeten (vgl. Fähnrich 2009, S.121), was von Flick als kommunikative Validierung beschrieben wird (vgl. Flick 1996 S.170). Die gesammelten Daten werden dabei anonym behandelt. Sie werden zusammengeführt, ausgewertet und unteranderem in Übersichten/ Tabellen festgehalten. Nach Beendigung der Forschung sollte, laut Flick, eine Rückmeldung an die Befragten erfolgen (vgl. Flick 1996, S.170). Ob dies bei Fähnrich nach Abschluss erfolgt ist, wird in seiner Dissertation nicht genannt.

Literatur

  • Flick, Uwe. „Sozialforschung. Methoden und Anwendungen Ein Überblick für die BA Studiengänge“. Hamburg. (2014).

Zweiter Text: Begründete Einschätzung anderer Analysen

Ranking: 1. Platz, 2. Platz, 3. Platz, 4. Platz (jeweils Tandem-Nummer eintragen)

Tandem 27, Platz 1

Die Analyse ist inhaltlich sehr ausführlich und sprachlich gutgeschrieben. Sie wurde unserer Meinung nach auf das Wichtigste reduziert. Eine kurze Einleitung hilft, direkt in die Analyse einzusteigen. Besonders gefallen hat uns, dass wichtige Schlagwörter fett gedruckt sind und damit abgehoben werden. Die Absätze wurden ebenfalls gut gewählt.

Man könnte bei „Annäherung an das Feld“ „Fähnrich wählt darauf basierend Interviewpartner aus, die für seine Studie größtmöglichste (größtmögliche) Aufschlüsse versprechen“ nochmal genauer darauf eingehen, was damit gemeint ist. Es ist positiv zu bemerken, das bei „Sammlung der Daten“ im letzten Satz der Aspekt der Verzerrung durch den Methodenwechsel aufgegriffen wird, dennoch sollte dieser belegt werden.

Tandem 23, Platz 2

Die Analyse ist inhaltlich sehr ausführlich geschrieben, bis auf den letzten Punkt Geltungsbegründung. Hier könnte man inhaltlich noch näher drauf eingehen. Positiv ist, dass viele Bezüge zu Flick herausgearbeitet wurden. Außerdem ist die Analyse sprachlich sehr gut gelungen. Eine Einleitung würde den Einstieg in die Analyse erleichtern. Bei „Annäherung an ans Feld“ wird genannt, dass die Methode des selektiven Samplings nicht weiterverfolgt werden, hier könnte man genauer darauf eingehen, warum das nicht möglich ist. Unter dem Punkt „Fragestellung, Forschungsperspektive“ geht das Tandem auf ein Zitat von Flick ein (vorletzter Satz „vgl. Flick, 2016, S136), nimmt aber keinen Bezug auf die Studie. Es wird dadurch kein Zusammenhang erkennbar.

Tandem 17, Platz 3

In der Analyse werden Ausgangsthese und Ziele der Studie klar genannt. Durch formale Absätze entsteht eine gute inhaltliche Struktur, die das Lesen und Verstehen vereinfachen. Bei dem Punkt „Interpretation der Daten“ könnte der Satz „In der Studie hat Fähnrich das folgendermaßen angewandt“ weggelassen werden. Es wird bei dem Thema „Annäherung an das Feld“ zu ungenau beschrieben, wie sich die Anzahl der befragten Jugendlichen zusammensetzt. Außerdem ist uns hierbei aufgefallen, dass die Anzahl der Jugendlichen falsch ist (hier 10, eigentlich aber 11). Ebenfalls wird nicht genau begründet, warum die Methode des selektiven Samplings nicht weiterverfolgt wurde. Das könnte man nochmal genauer erläutern. Unser Verbesserungsvorschlag wäre, mehr auf die Analyse mit Hilfe von Flick einzugehen, da die Analyse mehr beschreibend ist.

Tandem 24, Platz 4

Durch eine kurze präzise Einleitung, die uns sehr gut gefallen hat, wird ein guter schneller Einstieg in die Analyse ermöglicht. Der Vergleich mit Reithel in dem Abschnitt „Annäherung ans Feld“ hat uns gut gefallen, da hier nochmal ein neuer Punkt aufgegriffen wurde. Bei der Fragestellung, Forschungsperspektive werden direkt zwei Zitate von Flick direkt hintereinander genannt, was den Leser verwirrt. Es wurde nicht darauf eingegangen, was die beiden Zitate mit der Studie von Fähnrich zu tun hat. Außerdem werden Ausgangsthese, Forschungsfrage und Ziele nicht genannt. Der Punkt Sammlung der Daten könnte ausführlicher darauf eingehen, wie sich die Anzahl der Befragten zusammensetzt. Der Satz „Um dann schließlich an diese gewählte Gruppe von Jugendlichen zu gelangen, wurde mit dem hessisches Polizeikommissariat Kontakt aufgenommen, welches die Daten auf eine anonymisierte __ zur Verfügung gestellt.“, ist unvollständig. Die Analyse sollte noch einmal auf Kommasetzung überprüft werden.

Dritter Text: Endfassung

Einleitung

In der Dissertation „Jugendkriminalität“ von Oliver Fähnrich werden das Verhältnis von Jugendstraftätern, die wiederholt strafrechtlich verfolgt wurden, und ihren Lebensumständen, biographischen Erfahrungen und familiären Umständen untersucht. Die Ausgangsthese ist hierbei, dass die bisherigen Forschungsansätze nur die Selbstdeutungen der Jugendlichen für ihr kriminelles Verhalten berücksichtigen. Daraus abgeleitet, möchte Fähnrich die Frage beantworten, wie Jugendliche ihre aktuelle Lebenslage und Erfahrungen selbst deuten und ob sich typische Muster der Jugendlichen bezügliche ihrer Umstände und Lebenserfahrungen feststellen lassen. Dies wurde anhand von Interviews und Fragen zu den Straftaten eingeleitet. (vgl. Fähnrich 2010, S. 103).

Verhältnis Theorie-Gegenstand

Zu Beginn der Forschung wird ein Modell erstellt, welches die „dort vermuteten beziehungsweise wirkenden Bedingungszusammenhänge“ beschreibt (vgl. Flick 1996, S.150). Der Wissenschaftler nutzt hierbei bereits vorhandene Theorien und Literaturen, aus denen er eine Hypothese oder mehrere Hypothesen ableitet und diese anschließend auf ihre Beobachtbarkeit und Messbarkeit überprüft. Faktoren die hierbei verwendet werden, sind dabei auswechselbar und beliebig. Das entworfene Modell wird der Realität vorgezogen (vgl. Flick 1996, S.150). Die systematische Auswertung von qualitativer Daten mit dem Ziel der Theorienbildung beschreibt Flick als „Grounded Theory“ (vgl. Flick 1996, S.150). Fähnrich verwendet diese in seiner Dissertation als Basis seiner Forschung.

Fragestellung, Forschungsperspektiven

In den bisherigen Studien über Jugendkriminalität wurde der Zusammenhang zwischen der individuellen Biografie und Lebenswelt der Jugendlichen und deren kriminelles Verhalten nur wenig berücksichtigt. Nach der Formulierung einer sinnvollen, eindeutigen und leitenden Ausgangsthese, welche einer der wichtigsten Punkte für eine erfolgreiche qualitative Definition ist (vgl. Flick 2016, S.140), entwickelt Fähnrich daraus zwei spezifische Forschungsthesen (Flick, 2007, S.134-135), die in seiner Dissertation erforscht und beantwortet werden sollen. Diese werden explizite genannt: „Wie deuten die Jugendlichen ihre aktuellen Lebensumstände und biografischen Erfahrungen (einschließlich ihrer Straftaten) selbst?“ und „Lassen sich typische Selbstdeutungsmuster der Jugendlichen bezüglich ihrer aktuellen Lebensumstände sowie biografischen Erfahrungen (einschließlich Straftaten) feststellen?“ (vgl. Fähnrich 2009, S.103ff). In Interviews sollen Jugendliche ihre aktuellen Lebensumstände und biografischen Erfahrungen beurteilen und diese auf ihre Straftaten beziehen (Flick,2007. S.136-137). Dadurch können Selbstdeutungsmuster herausgearbeitet werden. Ein weiteres Ziel ist es, zu erfahren wie und unter welchen Bedingungen die Jugendlichen aufgewachsen sind. Die gesamte Dissertation und das Thema Jugendkriminalität soll neuen Diskussionsstoff bieten.

Annäherung ans Feld

Zu Beginn der Studie beschäftigt sich Fähnrich mit bereits vorhandenen Studien, relevanten Forschungen und deren Ergebnisse zum Thema Jugendkriminalität. Fähnrich möchte, dass Jugendliche selbst ihre Straftaten beschreiben und aus ihrer Sicht begründen. Sie sollen von bisherigen Erfahrungen berichten und ihre aktuellen Lebensumstände reflektieren. Um an entsprechende Daten zur Auswertung zu gelangen, kontaktiert Fähnrich ein hessisches Polizeipräsidium, das ein Projekt unter dem Namen „Besonders auffälligen Straftätern unter 21 Jahren“ (BASU 21) betreute (Vgl. Flick,2011, S.145-146). In der Polizeibehörde wurde eine EDV-Recherche der Jugendlichen nach den Kriterien BASU 21 durchgeführt, um nur die Jugendlichen herauszufiltern, die in das Profil passen. Von den passenden Jugendlichen wurden Personagramme zur Auswertung bereitgestellt (vgl. Fähnrich, 2010. S. 107).

Sammlung der Daten

Die Sammlung der Daten erfolgte systematisch. Vor der eigentlichen Datensammlung, musste festgelegt werden, welche Interviewform genutzt wird. Im Verlauf der Untersuchungen ergaben sich zwei Lösungsvorschläge; das narrative Interview nach Fritz Schütze und das Leitfadeninterview (vgl. Fähnrich S.117). Ersteres wurde nicht übernommen, da es die Jugendlichen überfordern könnte, länger über ein Thema intensiv zu sprechen (vgl. O. Fähnrich, S. 118). Das Leitfadeninterview bietet den Vorteil den Jugendlichen gezielte Impulse zu geben. Fähnrich entschied sich für die Methode des selektiven Samplings, da diese sich gut für Datenerhebungen eignet, bei denen relevante Faktoren und Merkmale im Vorfeld bekannt sind und erst dann die Datenerhebung erfolgt (vgl. Fähnrich, S. 120). Doch wurde diese Methode im Nachhinein verworfen, da nur 4 der 10 geplanten Befragten auffindbar waren, daher wurde Kontakt zu anderen Institutionen aufgenommen, um ins Profil passende Jugendliche zu finden (vgl. O. Fähnrich, S. 121). Die Kontaktaufnahme zu anderen Einrichtungen war es möglich eine zufällige Stichprobe an Jugendlichen erstellen. Das Ziel des Interviews war es möglichst selbstständige Antworten der Befragten zu erhalten. Den Jugendlichen wurde die Schweigepflicht zugesichert, und nur wenige Personen hatten die Möglichkeit die aufgenommenen Interviews zu hören. Die Einholung der Einverständniserklärung bei minderjährigen Befragten, die Schweigepflicht und auch die Schaffung eines ruhigen Ortes waren wichtig (vgl. Fähnrich S. 123). Die gestellten Fragen sind nicht komplex, sodass jeder Befragte in der Lage war sie zu beantworten. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass die Sammlung der Daten sehr professionell durchgeführt wurde. Auch wenn im Verlauf der Durchführung Problematiken aufgetreten sind, wurden diese durch adäquate Lösungsvorschläge behoben. Jeder Schritt wurde genau beschrieben und erklärt, sodass keine Fragen in Bezug auf die Vorgehensweise offen blieben.

Fixierung der Daten

Fähnrich interviewt die Jugendlichen, nimmt sie dabei mit Tonträgern auf und macht sich Notizen (vgl. Fähnrich 2009, S.122). Dadurch können spätere Unklarheiten noch einmal aufgearbeitet werden (vgl. ebd., S.123). Anschließend werden Einzelfallporträts der Jugendlichen durch ganzheitliche und wörtliche Transkription der Interviews erstellt. Zum Schluss werden die gesammelten Informationen zusammengefügt. Es erfolgte hierbei die Fixierung der Daten nach Flick. Dabei wird in drei Schritten vorgegangen: die „Aufzeichnung der Daten, ihrer Ausarbeitung (Transkription) der Daten und der Konstitution einer neuen Realität im und durch den erstellten Text“ (vgl. Flick 1995, S.160).

Interpretation der Daten

Durch die Datenauswertung soll es zu einer „Typenbildung“ kommen, in welche kriminelle Jugendliche eingeteilt werden. Für die Auswertung der Daten wird das „thematischen Kodieren“ (Flick, 1996, 2007) verwendet. Die in der Analyse verwendeten Arbeitsschritte orientieren sich an Kelle/Kluge (1999) sowie Strauss/Corbin (1996). Es erfolgt eine Einzelfallanalyse durch die Kategorien und bestimmte Merkmale erschlossen werden (Flick, U. 2007, S. 187, S. 403 f.). Die vorläufigen Kategorien ermöglichen es, die Fälle miteinander zu vergleichen und Gemeinsamkeiten oder Unterschiede herauszuarbeiten. Es werden Haupt- und Subkategorien entwickelt, welche auf die anderen Fälle angewendet werden. Ähnliche Merkmale und Selbstdeutungsmuster die die aktuellen Lebensumstände der Jugendlichen betreffen, werden dabei herausgearbeitet (Ebene1). Durch die Gegenüberstellung der ermittelten Merkmale und Selbstdeutungsmuster mit den entsprechenden Untersuchungskategorien ergaben sich zwei unterschiedliche „Situationstypen“. Auf Ebene 2 handelt es sich um „Biografietypen“. Dieses Mal wurden die ermittelten Merkmale und Selbstdeutungsmuster in Bezug auf biografischen Erfahrungen der Jugendlichen herausgearbeitet und miteinander verglichen. Die „Biografietypen“ lassen sich nochmal in drei Typen unterscheiden. Anschließend werden die beiden Ebenen miteinander kombiniert und erneute Typen daraus gebildet, welche als „Lebenslagentypen“ bezeichnet werden. Diese werden als Grundlage für eine pädagogisch folgernde Betrachtungsweise verwendet und im Gesamtkontext überprüft. (vgl. Fähnrich, S. 107 ff)

Geltungsbegründung

Inwieweit die Untersuchungen Geltung erweisen, lässt sich gut beschreiben. Die Versuchsgruppe bestand aus 11 Jugendlichen, die nach bestimmten Kriterien auserwählt wurden. Diese Anzahl ist zu gering, um eine allgemein gültige Aussage treffen zu können, jedoch beruhen die Ergebnisse auf strukturierter Forschung. Die Jugendlichen wurden Merkmalen oder Selbstdeutungsmustern zugeteilt (vgl. S.165 oben) und in einer grafischen Übersicht dargestellt (vgl. Tabelle 20, S. 166). Diese Kriterien wurden wiederum in 3 Situationstypen eingeteilt und aus diesen 3 Typen wurden Thesen zu Selbstdeutungsmustern entwickelt (vg. S. 213 unten – S. 214). Es wurden deutliche Muster herausgearbeitet; einige, die sich positiv auf die Situation des ehemaligen Straftäters auswirken, und andere, welche sich wiederum negativ auf die Lebenslage auswirken. Jedoch, wie bereits am Anfang erwähnt, gibt es keine allgemeine Geltungsbegründung, solange diese Form der Untersuchung nicht in einem größeren Maß wiederholt und erneut ausgewertet wird. Erst wenn diese Untersuchungen zu diesen Ergebnissen kommen, kann eine allgemeingültige Hypothese aufgestellt werden (vgl. S. 219 unten).

Forschung als Diskurs

Forschung als Diskurs beschäftigt sich mit dem Subjektverständnis der Forschung und seinem Bezug zu der bestehenden Thematik (vgl. Flick 1996, S.170). Die befragten Jugendlichen werden anfangs um ihr Einverständnis gebeten (vgl. Fähnrich 2009, S.121), was von Flick als kommunikative Validierung beschrieben wird (vgl. Flick 1996 S.170). Die auf Tonträgern aufgezeichneten Interviews und Notizen mit den dabei gesammelten Daten, werden anonym behandelt. Sie werden zusammengeführt, ausgewertet und unteranderem in Übersichten/ Tabellen festgehalten. Nach Beendigung der Forschung sollte, laut Flick, eine Rückmeldung an die Befragten erfolgen (vgl. Flick 1996, S.170). Ob dies bei Fähnrich nach Abschluss erfolgt ist, wird in seiner Dissertation nicht genannt.

Literatur

  • Flick, Uwe. „Sozialforschung. Methoden und Anwendungen Ein Überblick für die BA Studiengänge“. Hamburg.(2014)
  • Flick, Uwe. Stationen des qualitativen Forschungsprozesses (S.150-173) in Flick, Uwe/Kardorff, Ernst v./ Keupp, Heiner/ Rosenstiel, Lutz v. & Wolff, Stephan (Hrgs.). Handbuch qualitative Sozialforschung (S.150-173). Beltz, Weinheim, 1996.
  • Flick, Uwe. Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung. Vollständig überarbeitete und erweiterte Neuausgabe. Rowohlt Taschenbuch,2007.
  • Flick, Uwe. Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung (7. völlig überarbeitete Neuauflage). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt (rowohlts enzyklopädie),2016.
    • Fähnrich, Oliver (2010): Jugendkriminalität. Biografische Kontexte straffälliger Jugendlicher. Merkmale und Selbstdeutungsmuster jugendlicher Wiederholungstäter. Online publiziert auf dem Server der Deutschen Nationalbibliothek: http://d-nb.info/1005450560 (Letzter Zugriff: 12.09.2017)

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