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Tandem 28

  • Tandempartner 1: Sarah Bulmahn
  • Tandempartner 2: Lena Aronson

Verhältnis Theorie-Gegenstand

Fragestellung, Forschungsperspektiven

Bei der zu analysierenden Dissertation „Zur Lebenssituation von Kindern, deren Eltern als geistig behindert gelten“ vom 1. November 2002 von Magnus Prangenberg handelt es sich um eine Biographie- und Milieustudie (vgl. Prangenberg 2002, S.19). Um die Fragestellung zu analysieren, wurde der Leitfaden für die Formulierung von Fragestellung nach Uwe Flick als Orientierung genommen. Zunächst gilt, dass jede Studie eine Fragestellung haben sollte. Diese lautet in Prangenbergs Dissertation wie folgt: „Die Zielsetzung dieser Studie ist es, die Lebens- und Entwicklungssituation von Kindern kennenzulernen, bei denen mindestens ein Elternteil eine geistige Behinderung aufweist. […] So richtet sich der Fokus der Betrachtung in dieser Arbeit zum einen auf die Ausgestaltung unterschiedlicher kindlicher Lebensläufe, angefangen von der frühen Phase der Kindheit, über den weiteren Entwicklungsverlauf bis ins Erwachsenenalter hinein.“ (Prangenberg 2002, S. 19). An dieser Stelle ist festzuhalten, dass die Dissertation von Prangenberg das Kriterium einer konkreten und ausformulierten Fragestellung erfüllt. Anschließend ist zu klären, aus welchen Beweggründen die Fragestellung ausgewählt wurde (vgl. Flick 2009, S. 43). Ein Grund war die bereits erwähnte vorausgegangene Studie der Universität Bremen (Prof. Dr. U. Pixa-Kettner), der Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V und dem Bundesministerium für Gesundheit. Jedoch nicht nur dies diente Prangenberg als Motivation für seine Studie, sondern er benannte diese auch als „konsequente Fortsetzung einer knapp dreißigjährigen behindertenpädagogischen Diskussion um die Sexualität von Menschen mit einer geistigen Behinderung.“ (Prangenberg 2002, S. 20). Zusätzlich zur formulierten Fragestellung wirft der Autor zwei weitere Leitfragen auf, „[sind] Menschen mit einer geistigen Behinderung den anstehenden Aufgaben einer Elternschaft […] gewachsen [?]“ und „welche Elemente das Leben der Kinder charakterisieren; Wie sieht das Leben dieser Kinder aus?“ (Prangenberg 2002, S. 19).

Annäherung ans Feld

Der Zugang zu dieser Thematik sollte über die Kinder als Datenquelle stattfinden (vgl. Prangenberg 2002, S. 19). Der Autor sendete 1997 bundesweit Rundbriefe an 2650 Einrichtungen und Hilfsdienste für geistig behinderte Menschen mit der Absicht, über diese Informationen und Kontaktdaten von Kindern geistig behinderter Eltern zu erhalten. Insgesamt wurden 368 Kinder über die Fragebögen gemeldet (vgl. Prangenberg 2002, S. 139). Nach dem Einholen näherer Informationen über die potenziellen Interviewpartner durch die Kontaktperson in der jeweiligen Einrichtung, bat Prangenberg diese, sein Anliegen an die ausgewählten Gesprächspartner heranzutragen (vgl. Prangenberg 2002, S. 144). Er legte großen Wert auf die Zusammenarbeit mit einer Kontaktperson in der Institution, über welche er die zu befragenden Personen ermittelte. Das Rollenverhältnis wird wie folgt definiert: „Fand bisher Forschung über Kinder statt, sollen in dieser Erhebung die Kinder als Experten ihrer eigenen Lebensgeschichte verstanden werden. Dieser Perspektivwechsel bedeutet eine Neudefinition des Rollenverständnisses zwischen Forscher und Forschungsobjekt, der Erforschte soll nicht mehr als reiner Datenlieferant verstanden werden, vielmehr ist eine Begegnung der am Forschungsprozess Teilnehmenden auf gleicher Ebene notwendig“ (Prangenberg 2002, S. 117) Für den Autor ist es in seiner Untersuchung von großer Bedeutung, dass keine große Distanz zwischen ihm und den Forschungsteilnehmenden besteht.

Sammlung der Daten

Der erste Schritt der Datenerhebung ist das Durchführen von leitfadenorientierten Befragungen mit Freiraum für narrative Sequenzen. Hierbei handelt es sich um eine eigene Formulierung des Autors, um seine Mischform des leitfadenorientierten und des narrativen Interviews zu erfassen. Der Leitfaden dient dazu, dem Gespräch eine gewisse Struktur zur „inhaltlichen Erfassung der Lebensgeschichte“ (Prangenberg 2002, S. 123) zu verleihen, und er bietet gleichzeitig eine Kontrollmöglichkeit für den Forscher, um sicherzustellen, dass forschungsrelevante Themen angesprochen werden. Dennoch ist es dem Forscher wichtig, auch sogenannte Freiräume für narrative Sequenzen zu schaffen, um dem Interviewpartner eine Möglichkeit zu geben, die Gesprächsführung in Teilen der Unterhaltung zu übernehmen (vgl. Prangenberg 2002, S. 123). Somit erfolgt eine Strukturierung der Daten beim Interview durch Forscher, Beforschte und Situation. Die oben genannten forschungsrelevanten Themenbereiche bilden den Inhalt des Interviews. Der Autor macht dabei folgende fünf Bereiche zum Gegenstand der Gespräche: Deutung des Selbst, Eltern, Umfeld/Herkunftsfamilie, Institution/Betreuungspersonal und Behinderung (vgl. Prangenberg 2002, S. 125f). Um während des Interviews eine möglichst angenehme Atmosphäre für die Befragten zu schaffen und um einer Künstlichkeit der Situation entgegenzuwirken, wurden alle Gesprächspartner nur vom Forscher selbst befragt und eine Anwesenheit Dritter wurde nur auf Wunsch der Befragten zugelassen. Zudem wurden die Interviews entweder im Wohnraum der Befragten, oder in einer der Einrichtungen durchgeführt (vgl. Prangenberg 2002, S. 145). Der zweite Schritt war es, im Anschluss an die Gespräche Interviewprotokolle bzw. Feldnotizen anzufertigen. Hierbei wurden beispielsweise das Setting, der Verlauf, sowie eine Skizze des Umfelds des Interviewpartners festgehalten und auch „Ereignisse, die dem Befragten später bewusst wurden“ (Prangenberg 2002, S. 127), wurden den Protokollen beigefügt.

Fixierung der Daten

Interpretation der Daten

Die Datenauswertung erfolgte an einem Grobraster der Auswertungsschritte von Schmidt, Haupert, Bortz und Döring. Prangenberg hat sein durch die Fragebögen und Interviews erworbenes Datenmaterial weder nur „hermeneutisch-interpretierend“, noch „empirisch-erklärend“ (Prangenberg 2002, S. 126) ausgewertet, sondern vielmehr versucht, beide Vorgehensweisen miteinander zu verknüpfen. Es war ihm wichtig, dass die „theoretische[r] Explikation des Forschers„ und die „autobiographische[r] Berichterstattung des Befragten“ ausgeglichen sind und bezeichnet sein Vorgehen als „systematische thematische Analyse“ (Prangenberg 2002, S. 127). Die Textinterpretation erfolgt erstens themenorientiert und zweitens einzelfallorientiert. Die themenorientierte Auswertung richtet sich nach Kernthemen aus den Lebensläufen der Kinder. Diese entwickelt der Autor aus den zuvor erstellten Transkripten, Memos und Interviewprotokollen heraus (vgl. Prangenberg 2002, S. 131). Bei der Aufarbeitung des Materials hat sich Prangenberg „am Verfahren der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (1997) orientiert,“ (Prangenberg 2002, S. 131), da die Reduktion des unübersichtlich großen Datenmaterials für System und Kontrolle sorgt und somit qualitätssichernd ist. Der Autor teilte seine Daten in folgende Themengruppen: 1. Alltag der Kinder – Beschreibung der Lebenssituation, 2. Elterliche Kompetenz, 3. Soziales Netzwerk, 4. Realisierung, Initiativen und Strategien, 5. Heutige Lebenssituation und Zukunftsvorstellung, 6. Behinderung der Eltern – Stellungnahme zur Elternschaft (vgl. Prangenberg 2002, S. 7). Die einzelfallorientierte Auswertung soll im Gegensatz dazu nicht kategorisiert werden, sondern vielmehr das Leben des Kindes im Ganzen betrachten. Im Fazit seiner Studie spricht der Autor an, dass es gar keine Kinder geistig behinderter Eltern gibt, sondern „allenfalls Risikokinder, deren Eltern u.a. eine geistige Behinderung aufweisen.“ (Prangenberg 2002, S. 330). Die Interpretation der Daten führte Prangenberg alleine durch, Grenzen des Verfahrens zeigt er nicht auf.

Geltungsbegründung

In der Dissertation wird nicht explizit auf Gütekriterien eingegangen. Lediglich in Bezug zu den Memos spricht der Autor von „Dokumentation und Sicherung der einzelnen Arbeitsschritte.“, welche als Gütekriterium „eine ständige Sicherung und Rücküberprüfung von Analyseschritten“ darstellen sollen (Prangenberg 2002, S. 128).

Forschung als Diskurs

Literatur

  • Nachname, Vorname Jahr: Titel. Untertitel. Ort.
  • Flick, Uwe. „Stationen des qualitativen Forschungsprozesses.“ Handbuch qualitative Sozialforschung: Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen 2 (1995). S. 148-173
  • Flick, Uwe (2009): Sozialforschung. Methoden und Anwendungen. Ein Überblick für die BA-Studiengänge.

Zweiter Text: Begründete Einschätzung anderer Analysen

Ranking: 1. Tandem 33; 2. Tandem 25; 3. Tandem 14; 4. Tandem 19

Tandem Platz 1

Tandem 33 ist für uns auf dem ersten Platz, da es insgesamt sprachlich und inhaltlich sehr gut ausformuliert und analysiert ist und uns nur wenige Mängel aufgefallen sind.

In der Fragestellung fehlt uns die genaue Benennung der vorausgegangen Studie, auf die Prangenberg sich bezieht. Im Feldzugang ist das Nähe-Distanz-Verhältnis nicht erwähnt und im Interpretationsverfahren fehlt uns das Fazit des Autors. Bei den Gütekriterien wird lediglich nicht auf die Memos eingegangen. Generell liest sich die Analyse flüssig und ist auch für Außenstehende gut verständlich.

Tandem Platz 2

Tandem 25 ist für uns auf Platz 2. Die wesentlichen inhaltlichen Aspekte wurden aufgeführt, doch leider ist auch hier die sprachliche Ausarbeitung im Vergleich zu Tandem 33 schlechter. Es fiel uns schwer, zwischen diesem Tandem und Tandem 14 zu unterscheiden, da sie für uns ziemlich gleich gut sind. Da der Text dieses Tandems sich jedoch besser lesen lässt, ist er für uns knapp vor der anderen Analyse.

Die Ausarbeitung der Fragestellung ist sehr gut, jedoch sind uns teilweise Wiederholungen im Inhalt aufgefallen (siehe der Bezug zur internationalen Fachliteratur, welche sich im Feldzugang wiederfindet). Im Feldzugang wird nicht auf das Nähe-Distanz-Verhältnis eingegangen, dieses ist jedoch fälschlicherweise im Text über die Sammlung der Daten enthalten. Auch wird in der Sammlung der Daten weder das Verfahren benannt, noch eine Aussage über das eigentliche Sammeln der Daten gemacht. Den Text über das Auswertungsverfahren fanden wir gut, allerdings sind wichtige Aspekte wie zum Beispiel die angewandte Analyseform und die themen- und einzelfallorientierte Auswertung nicht genannt. Die Gütekriterien wurden sehr gut analysiert.

Tandem Platz 3

Tandem 14 ist für uns auf dem 3. Platz, da die sprachlichen Fehler und die fehlerhafte Zitierweise sehr stark auffällt und die Struktur der gesamten Analyse schwer zu erkennen ist. Dennoch ist es inhaltlich vollständiger als bei Tandem 19.

Gut fanden wir bei der Ausarbeitung dieses Tandems, dass in einigen Textstellen das Vorgehen des Autors kritisch beleuchtet wurde, wie beispielsweise im letzten Satz des Abschnitts: Fragestellung, Forschungsperspektive. Des Weiteren gefiel uns der Text über die Gütekriterien. Er war ausreichend am Text belegt und vollständig. Leider war der gesamte Text sehr unstrukturiert, da beispielsweise der Feldzugang bereits im Abschnitt der Fragestellung erwähnt wird. Außerdem erscheint uns der Text über die Sammlung der Daten etwas kurz und wir stellen in Frage, ob das Tandem die eigene Meinung in die Analyse einbringen sollte. Zudem fehlt uns ein genaues Fazit des Autors über seine Studie in der Interpretation. Insgesamt ist es uns schwergefallen einen roten Faden zu finden. Auch die sprachliche Ausarbeitung und die nicht einheitliche Zitierweise erschweren das Lesen sehr.

Tandem Platz 4

Tandem 19 ist für uns auf dem 4. Platz, da inhaltlich bei den letzten drei Punkten zu viel fehlt.

Die zusätzliche Einleitung gefiel uns sehr gut, da sie erste Informationen explizit auf Punkt bringt. Auch der Text zur Fragestellung ist unserer Meinung nach vollständig und gut formuliert. Der Feldzugang ist zwar kurz, enthält jedoch alle wichtigen Informationen. Auf das Nähe-Distanz-Verhältnis wird jedoch nicht eingegangen. Der Text über die Sammlung der Daten ist definitiv unvollständig und viel zu kurz. Es wird weder auf das genaue Verfahren und dessen Schritte eingegangen, noch auf die Bereiche der Interviews, was den eigentlichen Inhalt dieses Punktes ausmachen sollte. Auch beim Auswertungsverfahren fehlen eine Aussage über Ergebnisse, sowie die vom Autor gewählten Themengruppen. Sprachlich gefiel uns diese Analyse gut, inhaltlich gibt es aber zu viele Lücken.

Dritter Text: Endfassung

Verhältnis Theorie-Gegenstand

In seiner Dissertation macht Prangenberg Kinder, bei denen mindestens ein Elternteil geistig behindert ist, zum Gegenstand seiner Forschung (Prangenberg 2002 S.19). Ziel ist es, detaillierte Kenntnisse über die Lebens- und Entwicklungssituation dieser Kinder zu gewinnen. Dabei bezieht er sich explizit auf die vorangegangene Studie, „Dann waren sie sauer auf mich, dass ich das Kind haben wollte …“ - Eine Untersuchung zur Lebenssituation geistig behinderter Menschen mit Kindern in der BRD von Pixa-Kettner, Bargfrede und Blanken, einem Forschungsteam der Universität Bremen (Prangenberg 2002 S.20). Den Autoren_innen dieser Untersuchung war es nur bedingt möglich, Kenntnisse über die Lebenssituation der Kinder geistig behinderter Eltern zu gewinnen. Die dadurch aufgeworfenen Fragen sind für Prangenberg der Beweggrund für seine Studie und er bezeichnet diese als „Anschlussuntersuchung“ (Prangenberg 2002, S. 20).

Jedoch dient nicht nur die vorausgegangene Studie der Bremer Wissenschaftler_innen als theoretischer Bezugsrahmen. Darüber hinaus zeigt auch der ausführliche Überblick über die internationale Fachliteratur, welche einen bemerkenswerten Teil der Ausarbeitung ausmacht, sowie die Verknüpfung der Befragungen mit der Fachliteratur im letzten Kapitel, dass nicht nur einer Theorie gefolgt wird, sondern auch eine kritische und tiefergehende Auseinandersetzung stattfindet. Auf das Prinzip der Offenheit wird erst eingegangen, als es um die Befragungen geht. Der Autor wählt hier eine Methode (näheres dazu im Abschnitt der Datenerhebung), welche keiner strikten Struktur unterliegt, sondern möglichst offen gehalten ist, um Raum für nicht geplante Gesprächssequenzen zu schaffen (Prangenberg 2002 S.124).

Fragestellung, Forschungsperspektiven

Bei der zu analysierenden Dissertation „Zur Lebenssituation von Kindern, deren Eltern als geistig behindert gelten“ vom 1. November 2002 von Magnus Prangenberg handelt es sich um eine Biographie- und Milieustudie (vgl. Prangenberg 2002, S.19). Um die Fragestellung zu analysieren, wurde der Leitfaden für die Formulierung von Fragestellung nach Uwe Flick als Orientierung genommen.

Zunächst gilt, dass jede Studie eine Fragestellung haben sollte. Diese lautet in Prangenbergs Dissertation wie folgt: „Die Zielsetzung dieser Studie ist es, die Lebens- und Entwicklungssituation von Kindern kennenzulernen, bei denen mindestens ein Elternteil eine geistige Behinderung aufweist. […] So richtet sich der Fokus der Betrachtung in dieser Arbeit zum einen auf die Ausgestaltung unterschiedlicher kindlicher Lebensläufe, angefangen von der frühen Phase der Kindheit, über den weiteren Entwicklungsverlauf bis ins Erwachsenenalter hinein.“ (Prangenberg 2002, S. 19). An dieser Stelle ist festzuhalten, dass die Dissertation von Prangenberg das Kriterium einer konkreten und ausformulierten Fragestellung erfüllt.

Anschließend ist zu klären, aus welchen Beweggründen die Fragestellung ausgewählt wurde (vgl. Flick 2009, S. 43). Ein Grund war die bereits erwähnte vorausgegangene Studie der Universität Bremen (Prof. Dr. U. Pixa-Kettner), der Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V und dem Bundesministerium für Gesundheit. Jedoch nicht nur dies diente Prangenberg als Motivation für seine Studie, sondern er benannte diese auch als „konsequente Fortsetzung einer knapp dreißigjährigen behindertenpädagogischen Diskussion um die Sexualität von Menschen mit einer geistigen Behinderung.“ (Prangenberg 2002, S. 20).

Zusätzlich zur formulierten Fragestellung wirft der Autor zwei weitere Leitfragen auf, „[sind] Menschen mit einer geistigen Behinderung den anstehenden Aufgaben einer Elternschaft […] gewachsen [?]“ und „welche Elemente das Leben der Kinder charakterisieren; Wie sieht das Leben dieser Kinder aus?“ (Prangenberg 2002, S. 19).

Annäherung ans Feld

Der Zugang zu dieser Thematik sollte über die Kinder als Datenquelle stattfinden (vgl. Prangenberg 2002, S. 19). Der Autor sendete 1997 bundesweit Rundbriefe an 2650 Einrichtungen und Hilfsdienste für geistig behinderte Menschen mit der Absicht, über diese Informationen und Kontaktdaten von Kindern geistig behinderter Eltern zu erhalten. Insgesamt wurden 368 Kinder über die Fragebögen gemeldet (vgl. Prangenberg 2002, S. 139). Nach dem Einholen näherer Informationen über die potenziellen Interviewpartner durch die Kontaktperson, die sogenannte „Key-person“, in der jeweiligen Einrichtung, bat Prangenberg diese, sein Anliegen an die ausgewählten Gesprächspartner heranzutragen (vgl. Prangenberg 2002, S. 144). Er legte großen Wert auf die Zusammenarbeit mit einer Kontaktperson in der Institution, über welche er die zu befragenden Personen ermittelte.

Das Rollenverhältnis wird wie folgt definiert: „Fand bisher Forschung über Kinder statt, sollen in dieser Erhebung die Kinder als Experten ihrer eigenen Lebensgeschichte verstanden werden. Dieser Perspektivwechsel bedeutet eine Neudefinition des Rollenverständnisses zwischen Forscher und Forschungsobjekt, der Erforschte soll nicht mehr als reiner Datenlieferant verstanden werden, vielmehr ist eine Begegnung der am Forschungsprozess Teilnehmenden auf gleicher Ebene notwendig“ (Prangenberg 2002, S. 117) Für den Autor ist es in seiner Untersuchung von großer Bedeutung, dass keine große Distanz zwischen ihm und den Forschungsteilnehmenden besteht. Zudem gewährleistet er Vertrauens-und Interessenschutz, indem er seine Interviewpartner zu Beginn ausführlich aufklärt (Prangender 2002 S.145f).

Sammlung der Daten

Der erste Schritt der Datenerhebung ist das Durchführen von leitfadenorientierten Befragungen mit Freiraum für narrative Sequenzen. Hierbei handelt es sich um eine eigene Formulierung des Autors, um seine Mischform des leitfadenorientierten und des narrativen Interviews zu erfassen. Der Leitfaden dient dazu, dem Gespräch eine gewisse Struktur zur „inhaltlichen Erfassung der Lebensgeschichte“ (Prangenberg 2002, S. 123) zu verleihen, und er bietet gleichzeitig eine Kontrollmöglichkeit für den Forscher, um sicherzustellen, dass forschungsrelevante Themen angesprochen werden. Dennoch ist es dem Forscher wichtig, auch sogenannte Freiräume für narrative Sequenzen zu schaffen, um dem Interviewpartner eine Möglichkeit zu geben, die Gesprächsführung in Teilen der Unterhaltung zu übernehmen (vgl. Prangenberg 2002, S. 123). Somit erfolgt eine Strukturierung der Daten beim Interview durch Forscher, Beforschte und Situation.

Die oben genannten forschungsrelevanten Themenbereiche bilden den Inhalt des Interviews. Der Autor macht dabei folgende fünf Bereiche zum Gegenstand der Gespräche: Deutung des Selbst, Eltern, Umfeld/Herkunftsfamilie, Institution/Betreuungspersonal und Behinderung (vgl. Prangenberg 2002, S. 125f).

Um während des Interviews eine möglichst angenehme Atmosphäre für die Befragten zu schaffen und um einer Künstlichkeit der Situation entgegenzuwirken, wurden alle Gesprächspartner nur vom Forscher selbst befragt und eine Anwesenheit Dritter wurde nur auf Wunsch der Befragten zugelassen. Zudem wurden die Interviews entweder im Wohnraum der Befragten, oder in einer der Einrichtungen durchgeführt (vgl. Prangenberg 2002, S. 145).

Der zweite Schritt war es, im Anschluss an die Gespräche Interviewprotokolle bzw. Feldnotizen anzufertigen. Hierbei wurden beispielsweise das Setting, der Verlauf, sowie eine Skizze des Umfelds des Interviewpartners festgehalten und auch „Ereignisse, die dem Befragten später bewusst wurden“ (Prangenberg 2002, S. 127), wurden den Protokollen beigefügt.

Fixierung der Daten

Der dritte Schritt im methodischen Vorgehen war das Erstellen von Memos, welche an die vorangegangenen Feldnotizen anknüpfen. Prangenberg orientiert sich bei dieser Methode nicht an der „Grounded Theory“ nach Glaser und Strauss (1967). Bei den Memos handelt es sich nicht um ein „Produkt einer Arbeitssitzung eines Forschungsteams“ (Prangenberg 2002, S. 128), sondern sie „bieten eine Dokumentation und Sicherung der einzelnen Arbeitsschritte“ (Prangenberg 2002, S. 128).

Um die Erzählungen authentisch wiedergeben zu können, wurden alle sprachlichen Äußerungen, inklusive grammatikalische Fehler, und jedes „äh“ und „hm“ im Transkript genauso festgehalten.

Abschließend lässt sich festhalten, dass es sich bei diesen angewendeten Methoden um rekonstruktive Verfahren handelt (vgl. Flick 1995, S. 156).

Interpretation der Daten

Die Datenauswertung erfolgte an einem Grobraster der Auswertungsschritte von Schmidt, Haupert, Bortz und Döring. Prangenberg hat sein durch die Fragebögen und Interviews erworbenes Datenmaterial weder nur „hermeneutisch-interpretierend“, noch „empirisch-erklärend“ (Prangenberg 2002, S. 126) ausgewertet, sondern vielmehr versucht, beide Vorgehensweisen miteinander zu verknüpfen. Es war ihm wichtig, dass die „theoretische[r] Explikation des Forschers“ und die „autobiographische[r] Berichterstattung des Befragten“ ausgeglichen sind und bezeichnet sein Vorgehen als „systematische thematische Analyse“ (Prangenberg 2002, S. 127). Die Textinterpretation erfolgt erstens themenorientiert und zweitens einzelfallorientiert.

Die themenorientierte Auswertung richtet sich nach Kernthemen aus den Lebensläufen der Kinder. Diese entwickelt der Autor aus den zuvor erstellten Transkripten, Memos und Interviewprotokollen heraus (vgl. Prangenberg 2002, S. 131). Bei der Aufarbeitung des Materials hat sich Prangenberg „am Verfahren der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (1997) orientiert,“ (Prangenberg 2002, S. 131), da die Reduktion des unübersichtlich großen Datenmaterials für System und Kontrolle sorgt und somit qualitätssichernd ist. Der Autor teilte seine Daten in folgende Themengruppen:

  1. Alltag der Kinder – Beschreibung der Lebenssituation,
  2. Elterliche Kompetenz,
  3. Soziales Netzwerk,
  4. Realisierung, Initiativen und Strategien,
  5. Heutige Lebenssituation und Zukunftsvorstellung,
  6. Behinderung der Eltern – Stellungnahme zur Elternschaft

(vgl. Prangenberg 2002, S. 7).

Die einzelfallorientierte Auswertung soll im Gegensatz dazu nicht kategorisiert werden, sondern vielmehr das Leben des Kindes im Ganzen betrachten.

Im Fazit seiner Studie spricht der Autor an, dass es gar keine Kinder geistig behinderter Eltern gibt, sondern „allenfalls Risikokinder, deren Eltern u.a. eine geistige Behinderung aufweisen.“ (Prangenberg 2002, S. 330). Die Interpretation der Daten führte Prangenberg alleine durch, Grenzen des Verfahrens zeigt er nicht auf.

Geltungsbegründung

In der Dissertation wird nicht explizit auf Gütekriterien eingegangen. Lediglich in Bezug zu den Memos spricht der Autor von „Dokumentation und Sicherung der einzelnen Arbeitsschritte.“, welche als Gütekriterium „eine ständige Sicherung und Rücküberprüfung von Analyseschritten“ darstellen sollen (Prangenberg 2002, S. 128).

Forschung als Diskurs

Der Autor gibt den Befragten keine Rückmeldung, d.h. in der Ausarbeitung wird nicht erwähnt, dass die Beforschten über die Ergebnisse der Studie in Kenntnis gesetzt werden. Es wurde keine konkrete Veränderung der Situation der Befragten angestrebt, dennoch wurden ihre Schilderungen zur Lebenssituation als Kinder geistig behinderter Eltern genutzt, um (sonder-) pädagogische Forderungen (Prangenberg 2002 Kapitel 7) zu formulieren. Auf diese Weise möchte Prangenberg Denkanstöße liefern und die Ergebnisse seiner Studie nutzen.

Literatur

  • Prangenberg, Magnus (2002): Zur Lebenssituation von Kindern, deren Eltern als geistig behindert gelten. Eine Exploration der Entwicklungs- und Lebensrealität anhand biografischer Interviews und Erörterung der internationalen Fachliteratur. Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde. Universität Bremen.
  • Flick, Uwe. „Stationen des qualitativen Forschungsprozesses.“ Handbuch qualitative Sozialforschung: Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen 2 (1995). S. 148-173
  • Flick, Uwe (2009): Sozialforschung. Methoden und Anwendungen. Ein Überblick für die BA-Studiengänge. S.42ff.

Kommentare

Diskussion

Feedback, 2015/07/02 10:38

Ihr seid für uns auf Platz 1, da eure Studienanalyse insgesamt sehr leserfreundlich aber doch wissenschaftlich geschrieben ist und ihr alle Inhalte ausführlich und sehr gut beschrieben habt. Die Fragestellung sowie Forschungsperspektiven sind nachvollziehbar dargestellt und bei der Annäherung ans Feld habt ihr die wichtigsten Aspekte mit eingebracht. Hier würden wir uns wünschen, wenn ihr nochmal am Anfang von diesem Absatz eure Satzstellung überarbeitet [Der Autor sendete …. Behinderter Eltern zu erhalten].

Bei Sammlung der Daten würde uns freuen, wenn ihr bei den fünf Bereichen eine optische Abtrennung, z.B durch einen Absatz, einarbeitet [Gut gemacht habt ihr es bei Interpretation]. Des Weiteren ist uns aufgefallen, dass ihr geschrieben habt, Prangenberg würde sich nicht an der „Grounded Theory“ orientieren. Wir haben verstanden, dass er aber genau dies tut?!

Eure Studienanalyse zu lesen hat uns sehr viel Freude bereitet und uns selbst viele Mängel in unserer aufgezeigt.

Nicole Reiter, 2015/07/02 20:31

Tandem Platz 1

Tandem 28 geht sehr gut auf die inhaltlichen Aspekte der Studie ein und belegt diese auch hinreichend mit Paraphrasen aber auch Zitaten. Lediglich die Länge einiger Zitate ist im Lesefluss etwas störend und diese sollten vielleicht etwas gekürzt werden. An sich scheint die Analyse gut strukturiert, die sprachlichen Ausformulierungen sind gut gewählt und weisen lediglich wenige Defizite auf, sodass sich die Analyse ansonsten flüssig lesen lässt. Das ,,wir“ (,,Um die Fragestellung zu analysieren, haben wir uns am Leitfaden…“) sollte vermieden werden, denn dies gehört nicht in eine wissenschaftliche Arbeit. Besonders gefällt uns die Annäherung an das Feld, denn hier sind alle wichtigen inhaltlichen Punkte benannt und auch genauestens ausgeführt worden. Im Gegensatz dazu ist der Teil der Geltungsbegründung etwas kurz geraten und misst zum Beispiel die empirische Verankerung und inwiefern Transparenz in dem Forschungsprozess eine Rolle spielt.

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