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lehre:sose2015:sozialwissmeth:analysen:prangenberg:tandem22

Tandem 22

  • Tandempartner 1: Selina Haindl
  • Tandempartner 2: Alexandra Würsching

Einleitung

Die Studie „Zur Lebenssituation von Kindern, deren Eltern als geistig behindert gelten“ von Magnus Prangenberg, 2002 in Bremen erschienen, ermöglicht einen Einblick in die Lebens- und Entwicklungsrealität von Kindern mit geistig eingeschränkten Eltern. Zugleich versucht Prangenberg, Vorurteile der Vernachlässigung geistig behinderter Eltern gegenüber ihren Kindern aufzuräumen und eine Differenz zwischen einer Erziehung von Eltern mit und ohne geistiger Behinderung zu hinterfragen (vgl. Prangenberg 2002, S. 16). Dabei knüpft er an die Studie „Dann waren sie sauer auf mich, dass ich das Kind haben wollte…“ von Kettner, Bargfreude und Blanken an, diese jedoch das unbekannte Feld der Elternschaft geistig behinderter Eltern aufgrund von Materialmangel nicht ausreichend erforschen konnte. Prangenberg erhält anhand von Lebensläufen der erwachsenen Kinder mit geistig eingeschränkten Eltern eine neuen Zugang.

Verhältnis Theorie-Gegenstand

Fragestellung, Forschungsperspektiven

Das Basisdesign der retrospektiven Studie ist durch eine Biografie- und Milieustudie (vgl. Prangenberg 2002, S. 19) gekennzeichnet. Die qualitative Forschung besitzt einen explorativen Charakter (Prangenberg 2002, S. 131 und 148) mit sowohl subjektiven Sinn als auch einer Deskription von Lebenswelt. Im Vorwort sowie in der Einleitung werden zwar drei Leitfragen aufgestellt, die eine Forschungsperspektive erschließen lassen, jedoch gibt es keine erkennbare Fragestellung (vgl. Flick 2009, S. 38-43):

1. „Wie habt ihr eure Kindheit, als Kinder geistig behinderter Eltern erfahren?“ (Prangenberg 2002, S. 16)

2. „Wie können Menschen mit einer geistigen Behinderung die Entwicklung und das Wohlempfinden ihrer Kinder gewährleisten?“ (Prangenberg 2002, S. 19)

3. „Erfüllen Menschen mit geistiger Behinderung die Anforderungen einer Elternschaft?“ (Prangenberg 2002, S. 19)

Des Weiteren existiert ein Leitsatz „Ihr seid die Experten eurer eigenen Lebensgeschichte.“ (Prangenberg 2002, S. 16) und ein theoretischer Bezugsrahmen (Sexualität von Menschen mit geistiger Behinderung). Die Zielsetzung der Studie basiert auf der Begegnung von Lebens- und Entwicklungssituationen von Kindern mit geistig eingeschränkten Eltern. Hierzu werden die Lebensläufe der Kinder ausgewertet. Ein begrenzter Zugang zu relevanten Themen ist nicht ersichtlich.

Annäherung ans Feld

Die zu untersuchende Gruppe bilden die erwachsenen Kinder mit geistig eingeschränkten Eltern, während Prangenberg als einziger Untersucher die Rolle des gering distanzierten Zuhörers/ Gesprächspartners übernimmt. Die Suche nach Kindern, deren Eltern als geistig behindert gelten, ist aufgrund des fehlenden Nachweises erschwert (Prangenberg 2002, S. 120). Um die Kontaktaufnahme zu ermöglichen, müssen die Kinder über ihre Eltern gesucht werden. Die Annäherung an das Feld erfolgt über die Entwicklung und die bundesweite Verteilung eines Fragebogens an Institutionen, die geistig behinderte Menschen betreuen. Der Fragebogen stellt die erste Kontaktaufnahme dar und klärt die Gesprächsbereitschaft der (erwachsenen) Kinder ab, während die Mitarbeiter der Institutionen die Aufgabe der Vermittlung und des Aufklärers („‘Key Informant’ Methode“ nach Whitman und Accardo) übernehmen. Bei einer positiven Rückmeldung kontaktiert Prangenberg die Institution telefonisch, um mehr über den Interviewpartner zu erfahren und im Fall eines Treffers, dem (erwachsenen) Kind Informationen überliefern zu lassen. Der nächste Schritt besteht im „Erfassen der Lebenssituation der Befragten zur besseren Abstimmung der Befragungssituation“ (Prangenberg 2002, S. 121). Von 368 verschickten Fragebögen bleiben 20 Interviewteilnehmer von denen 18 zugesagt, 16 Interviews durchgeführt und 15 verwertet werden können. Alle Daten fallen unter den Datenschutz und garantieren den Kindern weiterhin ihre Privatsphäre. Um sich einen umfassenden Zugang zur Elternschaft von geistig eingeschränkten Eltern zu verschaffen, zieht Prangenberg internationale Literatur hinzu.

Sammlung der Daten

Der Interviewtyp zeichnet sich durch eine „leidfadenorientierte Befragung mit Freiraum für narrative Sequenzen“ (Prangenberg 2002, S. 123) aus. Prangenberg hat hierzu einen Leitfaden entwickelt, der dem Interview eine gewisse Struktur verleihen und sprachliche Barrieren überwinden soll. Trotzdem werden den Befragten durch narrative Sequenzen genügend Freiraum zur eigenen Mitgestaltung des Interviews gegeben (Prangenberg 2002, S. 123). Die Themenbereiche, die den Leitfaden gestalten, erforschen die „Deutung des Selbst“, die „Eltern“, das „Umfeld/Herkunftsfamilie“, die „Institution/Betreuungspersonal“ und die „Behinderung“ (vgl. Prangenberg 2002, S. 125-126). Die Rahmenbedingungen für das biographische Interview sind offen gestaltet. Sowohl der Ort (gewohntes Umfeld) als auch die Dauer des Interviews (von 25 Minuten bis 2 Stunden) hängen vom Befragten ab. Im Anschluss an die Befragung werden Interviewprotokolle bzw. Feldnotizen sowie Memos aufgenommen. Diese beinhalten neben dem Verlauf, die ersten Hypothesen und Interpretationen, biographisch statistische Daten, Lebensläufe, das eigene Empfinden des Forschers, eine Beschreibung des Settings sowie eine Skizze des Umfeldes (vgl. Prangenberg 2002, S. 127). Zum einen zeichnet sich seine Studie durch ein rekonstruktives Verfahren in Form von Interviews als zentrales Erhebungsinstruments aus, zum anderen sind auch Züge des interpretativen Verfahrens in Form von Transkripte aus Tonbandaufnahmen erkennbar.

Fixierung der Daten

Interpretation der Daten

Die Auswertung erfolgt sowohl hermeneutisch interpretierend als auch empirisch erklärend (vgl. Prangenberg 2002, S. 126). Seine Auswertungsverfahren orientieren sich an einem „Grobraster der Auswertungsschritten“ (Prangenberg 2002, S. 126), die von Schmidt, Haupert, Bortz und Döring präzisiert wurden. Nach dem Grundsatz von Faraday und Plummer beabsichtigt Prangenberg ohne Beteiligung weiterer Forscher eine „systematisch thematische Analyse“ (Prangenberg 2002, S.127) durchzuführen. Die Interpretation erfolgt durch die Auswertung der Interviewprotokolle bzw. Feldnotizen, der Transkription der Tonbandaufnahmen sowie der Aufarbeitung von Memos und das Erstellen von Kurzbiografien. Bei der Textinterpretation nutzt er zwei verschiedene Herangehensweisen um eine Auswertung der Themen, die innerhalb der Interviews aufgegriffen wurden und eine Auswertung in Bezugnahme auf das Subjekt zu erzielen. Die „Themenorientierte Auswertung“ zielt auf die Ermittlung von Themengruppen und deren Kernthemen anhand der Lebensläufe der erwachsenen Kinder ab, während die „Einzelfallorientierte Auswertung“ die persönlichen Erinnerungen des Subjekts und die Betrachtung der Lebensgeschichten auf eine Gesamtheit fokussiert. Um bei der Einzelfallorientierten Auswertung die Lebensläufe der Kinder zu vergleichen, orientiert sich Prangenberg an den methodischen Vorgehensweisen von Südmersen, Riemann und Ehrig mithilfe der Stufen „Auswahl der Einzelfälle“, „Sequenzierung des Textes“, „Sequenzanalyse“, „Analytische Abstraktion“und „Vergleich der Einzelfälle“ (Prangenberg 2002, S. 133-135).

Geltungsbegründung

Zur Geltungsbegründung werden keine genauen Güterkriterien formuliert. Durch seine Aufzeichnungen in Form von Memos, Feldnotizen, Transkriptionen von Tonbandaufnahmen wird das Gütekriterium der „Nachvollziehbarkeit“ sowie der teilweisen „Transparenz“ gewährleistet (vgl. Flick 2009, S. 270-279). Des Weiteren sind im Anhang die Interviewprotokolle sowie die Vorlage des Leitfadens und des Fragebogens beigelegt. Allerdings erwähnt Prangenberg die Fülle an Kurzbiografien, themenorientierten Auswertungen und Einzelfällen, weshalb er keine ausführliche Darstellung der einzelnen Analysenschritte aufzeigen und somit keine Transparenz in diesem Punkt gewähren kann (vgl. Prangenberg 2002, S. 136). Seine nicht repräsentative Studie fokussiert das Individuum, lässt sich aber nicht auf die Gesamtpopulation beziehen. Zu kritisieren ist die subjektive Stellungnahme in den Interviewprotokollen des Forschers sowie der Verzicht auf weitere Forscher. Mithilfe von internationaler Fachliteratur versucht er, ein breitgefächertes Verständnis über die Elternschaft mit geistiger Behinderung aufzubringen, jedoch ist aufgrund seiner Auswahl der Literatur und seinem persönlichen Eindruck die Objektivität in Frage gestellt.

Forschung als Diskurs

Literatur

  • Prangenberg, Magnus 2002: Zur Lebenssituation von Kindern, deren Eltern als geistig behindert gelten. Eine Exploration der Lebens- und Entwicklungsrealität anhand biografischer Interviews und Erörterung der internationalen Fachliteratu. Bremen
  • Flick, Uwe 2009: Sozialforschung. Methoden und Anwendungen. Hamburg.

Zweiter Text: Begründete Einschätzung anderer Analysen

Ranking: 1. Tandem 37 ; 2. Tandem 15; 3. Tandem 32; 4. Tandem 11; 5. Tandem 26

Tandem Platz 1

Sprachlich und inhaltlich ist die Analyse sehr ausführlich behandelt worden, sodass sich kaum Mängel finden lassen. Weiterführende Literatur wurde sinnvoll eingebracht. Als Verbesserungsvorschlag könnte eine Einleitung als Extrapunkt dem Leser einen besseren Einstieg verschaffen. Irritierend sind die Wörterangaben nach jedem Abschnitt. Des Weiteren ist nicht klar, ob es eine formulierte Fragestellung gibt.

Tandem Platz 2

Sprachlich sowie inhaltlich ist die Analyse sehr gut gelungen. Die Verständlichkeit erfolgt durch den roten Faden, der sich durch euer Konzept zieht. Die knappe Einführung leitet in die Analyse ein. Des Weiteren wurde weiterführende Literatur einbezogen. Trotzdem sollte es an einigen Stellen gekürzt werden, insbesondere die „Sammlung der Daten“ (teilweise inhaltliche Wiederholungen). In der „Fragestellung“ sollte bedacht werden, ob es eine ausformulierte Fragestellung oder „nur“ Leitfragen gibt. In „Sammlung der Daten“ ist ein inhaltlicher Fehler aufgetreten, welcher ein Interview mit behinderten Kindern von Eltern mit geistiger Behinderung beschreibt. Die Kinder müssen aber keineswegs eine Behinderung aufweisen.

Tandem Platz 3

Die Analyse ist inhaltlich gut strukturiert, hat viele Verweise und es wurde richtig zitiert. Durch eine ausführliche Einleitung wurde ein guter Überblick über die zu analysierende Dissertation gegeben. Des Weiteren wurde mit weiterführender Literatur gearbeitet. Die Gütekriterien wurden detailliert bearbeitet. Allerdings sollte in „Fragestellung“ bedacht werden, ob es eine ausformulierte Fragestellung oder „nur“ Leitfragen gibt. Die Rechtschreibung (z.B. „erfolge“, „zu zwei“) sowie die Kommasetzung sollte nochmals überprüft werden. An gewissen Stellen etwas umgangssprachlich (z.B. „freiere“) . Die Interpretation der Daten ist noch lückenhaft und könnte inhaltlich ausgebaut werden. Der Autor Schmidt sollte in Autorin Schmidt geändert werden (Christiane Schmidt).

Tandem Platz 4

Eine überschauliche Einführung ermöglicht einen schnellen Einstieg in die Analyse. Des Weiteren ist die Analyse verständlich und inhaltlich bis auf ein paar Punkte gut. Das Einbringen der eigenen Meinung zeigt, dass ihr euch persönlich mit der Materie auseinander gesetzt habt. Die Rechtschreibung sowie die Kommasetzung sollte nochmals überprüft werden (z.B. „Breits“ in „Fragestellung, Forschungsperspektive“). Zudem ist eine sprachliche Überarbeitung in Bezug auf mehrmaliges Wiederholen der gleichen Verben (z.B. „erstellt“ in Fixierung der Daten) notwendig. Die Kontaktaufnahme in „Annäherung ans Feld“ und auch die Gütekriterien in Hinblick auf „Transparenz“ und „Nachvollziehbarkeit“ könnten noch ein bisschen ausführlicher gestaltet werden. In „Interpretation der Daten“ fehlen Verweise (z.B. Faraday und Plummer).

Tandem Platz 5

Die Analyse zeichnet sich durch eine gute Rechtschreibung sowie die Verwendung von weiterführender Literatur und vielen Verweisen aus. Die Punkte „Sammlung der Daten“, „Interpretation der Daten“ und „Gütekriterien“ sind gelungen, allerdings ist die Analyse inhaltlich noch ausbaubar. Sprachliche Kompetenzen sind vorhanden, dennoch lässt sich die Analyse aufgrund von Ausschmückungen nicht flüssig lesen. Eine Einleitung könnte als Extrapunkt dem Leser den Einstieg in die Analyse vereinfachen. Des Weiteren sollte mehr auf die Fragestellung eingegangen werden (Gibt es eine Fragestellung oder sind das Leitfragen?). Es ist darauf zu achten, in Zitaten mit rechteckigen Klammern den Inhalt grammatikalisch anzupassen (z.B. „systematische[n] …“ in Auswertungsverfahren und Interpretationen). Inhaltliche Wiederholungen sind in „Annäherung ans Feld“ aufgetreten. Im Literaturverzeichnis ist das jeweilige Werk nur einmal ohne Seitenzahlen anzugeben.

Dritter Text: Endfassung

Einleitung

Die Studie „Zur Lebenssituation von Kindern, deren Eltern als geistig behindert gelten“ von Magnus Prangenberg, 2002 in Bremen erschienen, ermöglicht einen Einblick in die Lebens- und Entwicklungsrealität von Kindern mit geistig eingeschränkten Eltern. Zugleich versucht Prangenberg, Vorurteile der Vernachlässigung geistig behinderter Eltern gegenüber ihren Kindern aufzuräumen und eine Differenz zwischen einer Erziehung von Eltern mit und ohne geistiger Behinderung zu hinterfragen (vgl. Prangenberg 2002, S. 15-16).

Verhältnis Theorie-Gegenstand

Der Untersuchungsgegenstand besteht in der Analyse von authentischen Lebensgeschichten über die Kindheit, Jugend und gegenwärtigen Situationen von Kindern mit geistig eingeschränkten Eltern. Es muss mindestens ein Elternteil eine geistige Behinderung aufweisen (vgl. Prangenberg, S. 16 ff.). Prangenberg erhält anhand von Lebensläufen der erwachsenen Kinder mit geistig eingeschränkten Eltern eine neuen Zugang und lässt die Kinder ihre Erziehung bewerten (Prangenberg 2002, S. 19, 333). Prangenberg knüpft an die Studie „Dann waren sie sauer auf mich, dass ich das Kind haben wollte…“ von Pixa-Kettner, Bargfrede und Blanken an, diese jedoch das unbekannte Feld der Elternschaft geistig behinderter Eltern aufgrund von Materialmangel nicht ausreichend erforschen konnten (vgl. Prangenberg 2002, S. 20). Anhand von internationaler Literatur lassen sich vier bzw. fünf Hypothesen oder Mythen aufstellen, die eine Elternschaft mit geistiger Behinderung in Frage stellen und die Prangenberg kritisch aufarbeiten wird (vgl. Prangenberg 2002, S. 31 ff.). Nach Flick muss das Prinzip der Offenheit „auf die Formulierung von Hypothesen verzichte[n], und Fragen […] möglichst offen formulier[en], um den Sichtweisen der Untersuchungsteilnehmer möglichst nahe zu kommen (Flick 2009, S. 312). Dieses Prinzip ist nur teilweise erfüllt, da durch verschiedene Leitfragen und keine feste Fragestellung zwar die Forschung relativ offen gestaltet werden kann, aber jedoch bereits im Vorfeld Hypothesen aufgestellt wurden.

Fragestellung, Forschungsperspektiven

Das Basisdesign der retrospektiven Studie ist durch eine Biografie- und Milieustudie gekennzeichnet (vgl. Prangenberg 2002, S. 19). Die qualitative Forschung besitzt einen explorativen Charakter (Prangenberg 2002, S. 131 und 148) mit sowohl subjektiven Sinn als auch einer Deskription von Lebenswelt. Im Vorwort sowie in der Einleitung werden zwar drei Leitfragen aufgestellt, die eine Forschungsperspektive erschließen lassen, jedoch gibt es keine erkennbare Fragestellung (vgl. Flick 2009, S. 38-43):

1. „Wie habt ihr eure Kindheit, als Kinder geistig behinderter Eltern erfahren?“ (Prangenberg 2002, S. 16)

2. „Wie können Menschen mit einer geistigen Behinderung die Entwicklung und das Wohlempfinden ihrer Kinder gewährleisten?“ (Prangenberg 2002, S. 19)

3. „Erfüllen Menschen mit geistiger Behinderung die Anforderungen einer Elternschaft?“ (Prangenberg 2002, S. 19)

Des Weiteren existiert ein Leitsatz „Ihr seid die Experten eurer eigenen Lebensgeschichte.“ (Prangenberg 2002, S. 16) und ein theoretischer Bezugsrahmen (Sexualität von Menschen mit geistiger Behinderung)(Prangenberg 2002, S.21). Die Zielsetzung der Studie basiert auf der Begegnung von Lebens- und Entwicklungssituationen von Kindern mit geistig eingeschränkten Eltern (vgl. Prangenberg 2002, S. 16). Hierzu werden die Lebensläufe der Kinder ausgewertet. Ein begrenzter Zugang zu relevanten Themen ist nicht ersichtlich.

Annäherung ans Feld

Die zu untersuchende Gruppe bilden die erwachsenen Kinder mit geistig eingeschränkten Eltern, während Prangenberg als einziger Untersucher die Rolle des gering distanzierten Zuhörers bzw. Gesprächspartners übernimmt (vgl. Prangenberg 2002, S. 146). Jedoch führt Prangenberg seine Rolle als fremde Person nicht weiter aus. Die Suche nach Kindern, deren Eltern als geistig behindert gelten, ist aufgrund des fehlenden Nachweises erschwert. Um die Kontaktaufnahme zu ermöglichen, müssen die Kinder über ihre Eltern gesucht werden. Die Annäherung an das Feld erfolgt über die Entwicklung und die bundesweite Verteilung eines Fragebogens an Institutionen, die geistig behinderte Menschen betreuen. Der Fragebogen stellt die erste Kontaktaufnahme dar und klärt die Gesprächsbereitschaft der (erwachsenen) Kinder ab, während die Mitarbeiter der Institutionen die Aufgabe der Vermittlung und des Aufklärers („‘Key Informant’ Methode“ nach Whitman und Accardo) übernehmen. Bei einer positiven Rückmeldung kontaktiert Prangenberg die Institution telefonisch, um mehr über den Interviewpartner zu erfahren und im Fall eines Treffers, dem (erwachsenen) Kind Informationen überliefern zu lassen (Prangenberg 2002, S. 120 ff.). Der nächste Schritt besteht im „Erfassen der Lebenssituation der Befragten zur besseren Abstimmung der Befragungssituation“ (Prangenberg 2002, S. 121). Von 368 verschickten Fragebögen bleiben 20 Interviewteilnehmer von denen 18 zugesagt, 16 Interviews durchgeführt und 15 verwertet werden können. Alle Daten fallen unter den Datenschutz und garantieren den Kindern weiterhin ihre Privatsphäre. Um sich einen umfassenden Zugang zur Elternschaft von geistig eingeschränkten Eltern zu verschaffen, zieht Prangenberg internationale Literatur hinzu.

Sammlung der Daten

Der Interviewtyp zeichnet sich durch eine „leidfadenorientierte Befragung mit Freiraum für narrative Sequenzen“ (Prangenberg 2002, S. 123) aus. Prangenberg hat hierzu einen Leitfaden entwickelt, der dem Interview eine gewisse Struktur verleihen und sprachliche Barrieren überwinden soll. Trotzdem werden den Befragten durch narrative Sequenzen genügend Freiraum zur eigenen Mitgestaltung des Interviews gegeben (vgl. Prangenberg 2002, S. 123). Die Themenbereiche, die den Leitfaden gestalten, erforschen die „Deutung des Selbst“, die „Eltern“, das „Umfeld/Herkunftsfamilie“, die „Institution/Betreuungspersonal“ und die „Behinderung“ (vgl. Prangenberg 2002, S. 125-126). Die Rahmenbedingungen für das biographische Interview sind offen gestaltet. Sowohl der Ort (gewohntes Umfeld) als auch die Dauer des Interviews (von 25 Minuten bis 2 Stunden) hängen vom Befragten ab. Im Anschluss an die Befragung werden Interviewprotokolle bzw. Feldnotizen sowie Memos aufgenommen. Diese beinhalten neben dem Verlauf, die ersten Hypothesen und Interpretationen, biographisch statistische Daten, Lebensläufe, das eigene Empfinden des Forschers, eine Beschreibung des Settings sowie eine Skizze des Umfeldes (vgl. Prangenberg 2002, S. 127). Prangenberg führt alle Befragungen alleine durch, dokumentiert eigenhändig die Beobachtungen und verzichtet somit auf weitere Forscher (vgl. Prangenberg 2002, S. 145). Zum einen zeichnet sich seine Studie durch ein rekonstruktives Verfahren in Form von Interviews als zentrales Erhebungsinstruments aus, zum anderen sind auch Züge des interpretativen Verfahrens in Form von Transkripte aus Tonbandaufnahmen erkennbar.

Fixierung der Daten

Die Datenfixierung erfolgt in mehreren Schritten. Bereits mit der Kontaktaufnahme in Form eines Fragebogens werden die ersten Vorkenntnisse über die Eltern und das Kind gesichert (vgl. Prangenberg 2002, S. 120). Die leitfadenorientierten Befragungen mit narrativen Sequenzen stellen das „zentrale Erhebungsinstrument“ dar (Prangenberg 2002, S. 119). Anhand dieser Interviews werden Tonbandaufnahmen gesichert, aufgearbeitet und transkribiert. Die Transkription dient zur „Überprüfung der Qualität des erhobenen Materials“ nach Bortz und Döring um eine unverfälschte Wiedergabe des Interviews zu garantieren (vgl. Prangenberg 2002, S. 126, 128). Zudem fertigt Prangenberg Interviewprotokolle bzw. Feldnotizen (vgl. Prangenberg 2002, S. 127), Kurzbiografien (vgl. Prangenberg 2002, S. 129) und Memos direkt im Anschluss an die Interviews an. Die Memos erfüllen die Funktion der Weiterverfolgung der ersten Feldnotizen. Somit werden eine Dokumentation sowie eine Sicherung der jeweiligen Arbeitsschritte gewährleistet (vgl. Prangenberg 2002, S. 128 ff.). Es ist nicht ersichtlich, ob eine neue Realität durch den Text geschaffen wird.

Interpretation der Daten

Die Auswertung erfolgt sowohl hermeneutisch interpretierend als auch empirisch erklärend (vgl. Prangenberg 2002, S. 126). Seine Auswertungsverfahren orientieren sich an einem „Grobraster der Auswertungsschritten“, die von Schmidt, Haupert, Bortz und Döring präzisiert wurden (Prangenberg 2002, S. 126). Nach dem Grundsatz von Faraday und Plummer beabsichtigt Prangenberg eine „systematisch thematische Analyse“ durchzuführen (Prangenberg 2002, S.127). Die Interpretation erfolgt durch die Auswertung der Interviewprotokolle bzw. Feldnotizen, der Transkription der Tonbandaufnahmen sowie der Aufarbeitung von Memos und das Erstellen von Kurzbiografien. Bei der Textinterpretation nutzt er zwei verschiedene Herangehensweisen um eine Auswertung der Themen, die innerhalb der Interviews aufgegriffen wurden und eine Auswertung in Bezugnahme auf das Subjekt zu erzielen. Die „Themenorientierte Auswertung“ zielt auf die Ermittlung von Themengruppen und deren Kernthemen anhand der Lebensläufe der erwachsenen Kinder ab, während die „Einzelfallorientierte Auswertung“ die persönlichen Erinnerungen des Subjekts und die Betrachtung der Lebensgeschichten auf eine Gesamtheit fokussiert (vgl. Prangenberg 2002, S. 130 ff.). Um bei der Einzelfallorientierten Auswertung die Lebensläufe der Kinder zu vergleichen, orientiert sich Prangenberg an den methodischen Vorgehensweisen von Südmersen, Riemann und Ehrig (Prangenberg 2002, S. 133-135).

Geltungsbegründung

Prangenberg garantiert ein selbstgeschaffenes Gütekriterium, indem er als einziger Forscher die Ergebnisse auswertet. Somit sind die Analyseschritte permanent gesichert und zurückverfolgbar (vgl. Prangenberg 2002, S. 128). Weitere Gütekriterien zur Geltungsbegründung werden nicht formuliert. Durch seine Aufzeichnungen in Form von Memos, Feldnotizen und Transkriptionen von Tonbandaufnahmen lassen sich die Gütekriterien der „Nachvollziehbarkeit“ sowie der teilweisen „Transparenz“ erahnen (vgl. Flick 2009, S. 270-279). Des Weiteren sind im Anhang die Interviewprotokolle sowie die Vorlage des Leitfadens und des Fragebogens beigelegt, welche den Prozess der Erkenntnisgewinnung gewährleisten. Allerdings erwähnt Prangenberg die Fülle an Kurzbiografien, themenorientierten Auswertungen und Einzelfällen, weshalb er keine ausführliche Darstellung der einzelnen Analysenschritte aufzeigen und somit keine Transparenz in diesem Punkt gewähren kann (vgl. Prangenberg 2002, S. 136). Seine nicht repräsentative Studie fokussiert das Individuum, lässt sich aber nicht auf die Gesamtpopulation beziehen. Zu kritisieren ist die subjektive Stellungnahme in den Interviewprotokollen des Forschers sowie der Verzicht auf weitere Forscher. Mithilfe von internationaler Fachliteratur versucht er, ein breitgefächertes Verständnis über die Elternschaft mit geistiger Behinderung aufzubringen, jedoch ist aufgrund seiner Auswahl der Literatur und seinem persönlichen Eindruck die Objektivität in Frage gestellt.

Forschung als Diskurs

Prangenberg erwähnt in seiner Dissertation nicht, ob er den Befragten die Ergebnisse seiner Forschung rückmeldet. Somit ist seine Studie nur bedingt transparent und es wird kein direkter Einfluss auf die Kinder und die Eltern genommen. Prangenberg versucht, mit „althergebrachten Vorstellungen und Mythen“ aufzuräumen und kritisiert den Titel seiner Fragestellung (Prangenberg 2002, S. 329). Hierbei nennt er mögliche Ursachen, die eine Kindheit mit geistig eingeschränkten Eltern erschweren könnten (vgl. Prangenberg 2002, S. 330 ff.) und zeigt gleichzeitig auf, dass es keine fassbaren Unterschiede zwischen Kindern mit und ohne geistig behinderten Eltern gibt (vgl. Prangenberg 2002, S. 332). Diese Studie dient dazu, den betroffenen Kindern zu zeigen, dass man sie und ihre Bedürfnisse Ernst nimmt (vgl. Prangenberg 2002, S. 332). Letztendlich muss aufgrund der individuellen Erziehung jedes Kind selbst entscheiden, wie es seine/ihre Kindheit empfindet oder empfand (vgl. Prangenberg 2002, S. 333).

Literatur

  • Prangenberg, Magnus 2002: Zur Lebenssituation von Kindern, deren Eltern als geistig behindert gelten. Eine Exploration der Lebens- und Entwicklungsrealität anhand biografischer Interviews und Erörterung der internationalen Fachliteratu. Bremen.
  • Flick, Uwe 2009: Sozialforschung. Methoden und Anwendungen. Hamburg.

Kommentare

Diskussion

Felicitas Sorg, 2015/07/02 17:46

Insgesamt hat uns diese Analyse sehr gut gefallen. Sie ist klar und prägnant, man merkt, dass eine genaue Auseinandersetzung mit der Studie und den Merkmalen qualitativer Forschung stattgefunden hat. Einziger Kritikpunkt unsererseits ist, dass der Bezug zu der Studie von Pixa-Kettner, Bargfrede und Blanken schon in der Einleitung vielleicht etwas zu vorausgreifend ist, oder zumindest im Abschnitt „Fragestellung und Forschungsperspektiven“ nochmal aufgegriffen werden sollte (und die Namen natürlich richtig geschrieben sein sollten!).

Damaris Julia Rief, 2015/07/03 14:33

Die Analyse der Studie ist ausführlich und sehr verständlich geschrieben sowie Punkt für Punkt gut strukturiert. Die Fragestellung wird umfassend erläutert. Quellenangaben sind an den notwendigen Stellen vorhanden und es wurde eine zusätzliche Quelle miteinbezogen. Vor allem unter dem Punkt ‚Annäherungen ans Feld‘ wird sehr ausführlich erklärt, wie die Zahl von 15 Interviewpartnern zustande kommt. Der Fremdenstatus Prangenbergs im Feld, wird allerdings nicht beschrieben. Außerdem könnte auf den Einfluss des Forschers noch eingegangen werden. Die Sammlung der Daten beinhaltet alle wesentlichen Punkte. Es könnte noch deutlicher formuliert werden, dass die Strukturierung auch durch die Befragten erfolgt und nicht nur durch den Leitfaden des Forschers. Die Grenzen des Interpretationsverfahrens werden nicht thematisiert, jedoch sind alle anderen Punkte der Interpretation enthalten und gut erklärt. Die Geltungsbegründung ist umfassend und sehr gut in Bezug zur Fachliteratur interpretiert. Jedoch formuliert Prangenberg selbst ebenfalls ein Gütekriterium auf das nicht eingegangen wird.

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