Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


lehre:sose2014:sozialwissmeth:analysen:tandem03

Unterschiede

Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen angezeigt.

Link zu dieser Vergleichsansicht

Beide Seiten der vorigen Revision Vorhergehende Überarbeitung
Nächste Überarbeitung
Vorhergehende Überarbeitung
lehre:sose2014:sozialwissmeth:analysen:tandem03 [2014/09/30 00:24]
85.179.98.241 [Dritter Text: Endfassung]
lehre:sose2014:sozialwissmeth:analysen:tandem03 [2020/11/04 21:16] (aktuell)
Zeile 176: Zeile 176:
 ===== Dritter Text: Endfassung ===== ===== Dritter Text: Endfassung =====
  
-**Sammlung der Daten**+==== Einleitung ==== 
 + 
 + 
 + 
 +Die folgende Studie befasst sich mit dem Thema, "Subjektive Theorien über Lernschwierigkeiten. Zur Inneneinsicht des erschwerten Lernens" des Autors Marius Andreas Metzger, welches 2006 in Zürich erschien. 
 +Es handlet sich um eine qualitative Forschungsanalyse, die das Ziel hat, auf die Lernschwierigkeiten mit denen Schüler konfrontiert werden aufmerksam zu machen und dessen Hintergründe mit den Schülern zusammen zu erforschen. An der Studie nahmen 25 Schülerinnen und Schüler der zehnten Klassse der freien Evangelischen Privatschule Zürich (FESZ) teil. Als nächstes wird die Studienanalyse anhand der „Stationen des qualitativen Forschungsprozesses“ untersucht (vgl. Flick, 2009). 
 + 
 + 
 +==== Verhältnis Theorie-Gegenstand ==== 
 + 
 + 
 + 
 +Der Verfasser der Dissertation weist zunächst auf die verschiedenen Definitionsansätze bzw. theoretischen Vorannahmen, welche im Zusammenhang mit dem Thema Lernschwierigkeiten stehen. Metzger weist daraufhin, dass nur sehr wenige emirische Daten zu dem Thema vorhanden sind (Vgl. Metzger, S. 2). 
 + 
 +Diesen Gedanken aufgreifend, setzt sich der Autor  mit etablierten Definitionsversuchen / Hypothesen dieses Phänomens auseinander und erarbeitet weiter, dass das Subjekt für die fundierte Beantwortung der Fragestellung (Vgl. Zielinski, 1995) mit einbezogen werden sollte. "Der konsequente Einbezug der Subjekte stellt daher eine zentrale Forderung an die Forschung, welche den tatsächlichen Verhältnissen möglichst nahe kommen will" (Vgl. Metzger, S. 3). 
 + 
 +Metzgers folgender Schritt richtet sich nach den subjektiven Theorien nach Groeben (Vgl. Metzger, S. 4). 
 +Hierbei wird der Schwerpunkt auf die Lernschwierigkeiten gesetzt. Er untersucht dabei verschiedene Thesen und schafft somit eine Grundlage für sein weiteres Vorgehen. 
 + 
 +==== Fragestellung, Forschungsperspektiven ==== 
 + 
 +Der Autor verdeutlicht durch das Konkretisieren der Fragestellung die Vorgehensweise in seiner Forschung. Dabei wird zunächst beschrieben, dass bei der Erforschung der subjektiven Theorien zu Lernschwierigkeiten es sich vor allem um Definitionsversuche Dritter handelt. Hier wird deutlich, dass jene Dritte den Versuch unternommen haben das Problem/die Fragestellung zunächst begreifbar, fassbar und theoretisch erklärbar zu machen. Als konsequente Weiterentwicklung der theoretischen Beschreibung ist es gemäß dem Verfasser unerlässlich das Subjekt mit einzubeziehen, um so ein vertieftes Verständnis des Phänomens zu erhalten.  
 + 
 +Hierzu wurde folgende Frage formuliert: 
 + 
 +„Wie sind subjektive Theorien über Lernschwierigkeiten von potentiell betroffenen Schülerinnen und Schülern beschaffen?“. 
 +  
 +Somit grenzt der Verfasser die subjektive Theoriebildung auf das schulische Lernen ein. Die statistischen Einheiten werden nach der Forschungsperspektive nach Lüders und Reichertz (1982, S. 92) gewählt, indem Schüler der 10. Klasse als Experten für die primärstatistische Erhebung herangezogen werden. Somit handelt es sich um eine Stichprobe aus der interessierenden Grundgesamtheit. Die Schüler der 10. Klasse repräsentieren zudem statistische Einheiten, welche sich im Reflexions- und Entscheidungsjahr befinden. Sie sind daher besonders geeignet um zu einem repräsentativen vertieften Verständnis über das Phänomen Lernschwierigkeiten beizutragen. 
 + 
 +Der Autor versucht seine Entscheidungen transparent zu gestalten, indem er beispielsweise detailliert begründet, warum er die oben genannte Fragestellung gewählt hat (Vgl. Metzger, S. 51). Ebenfalls lässt er die Leser an der Entscheidung teilhaben, wieso er gerade Schüler aus der zehnten Klasse beforscht und warum diese nicht eine vorattestierte Lernschwierigkeit besitzen sollten (Vgl. Metzger, S. 51). 
 +Seine Offenheit gegenüber der Schüler und deren Eltern wird ebenfalls durch die Einverständniserklärung bestärkt. Hier werden sie über das Forschungsprojekt informiert und darauf hingewiesen, dass die Schüler das Projekt jederzeit abbrechen können.  
 + 
 +Aus den Ausführungen wird ersichtlich, warum sich der Autor für eine qualitative Forschungsanalyse entschieden hat. Dadurch wird eine subjektorientierte Erforschung des Lernens ermöglicht. Die Schüler sollen aktiv, als Forschungspartner, an dieser Studie mitwirken und positiv von der Entwicklung der Lösungsperspektive beeinflusst werden. 
 + 
 +Die Studie lässt darauf schließen, dass es sich bezüglich des Forschungsdesigns um eine Mischung aus Momentaufnahme und Fallstudie handelt. Zum einen werden die Ausprägungen der Experten (Schüler) zu einem bestimmten Zeitpunkt (10. Klasse) und innerhalb eines bestimmten Feldes (Lernschwierigkeiten) erhoben und zum anderen wird das Umfeld (Familie, Lehrer, Freunde, Persönlichkeit, etc.) der Experten innerhalb eines bestimmten Falles (Schule) analysiert. 
 + 
 +==== Annäherung ans Feld ==== 
 + 
 +Die Annährung an das Forschungsfeld findet in Form eines Referates statt, welches den Schülern Auskunft über die methodisch-theoretischen Hintergrund gibt (Vgl. Metzger, S. 96). Dies ist auch hinsichtlich des Erhebungsverfahren notwendig, denn der Forscher bevorzugt hierfür das Leitfandeninterview. Hierbei wird den Beforschten ein gewisses Vorverständnis des Untersuchungsgegenstsandes vorausgesetzt (Vgl. Friebertshäuser, Langer, Prengel, S. 439). Bei dem Leifandeninterview, welches als offene und halbstrukturierte Interviewform gilt, werden vorgegeben und offene Fragen kombiniert. Somit wird eine flexible Handhabung des Interviews geregelt.  
 +Des weitern wird den Schülern und Ihren Eltern eine Einverständniserklärung bezüglich des Forschungsprojektes ausgehändigt, wodurch sie über das Projekt informiert werden und auf Ihre freiwillige Teilnahme hingewiesen werden (Vgl. Metzger, S. 96).  
 + 
 +Es fällt auf, dass der Verfasser die Beforschten des Öfteren als Forschungspartner erwähnt. Diese Erwähnung zeigt eine Vertrauens- sowie Interessensbeziehung auf. Zudem werden die beteiligten Schülerinnen und Schüler als Experten für den zu erforschenden Bereich erklärt. Dieses bestärkt das subjektorientierte Bestreben dieser Forschung. 
 +Die Rolle des Forschers ist dennoch schwer zu definieren. Es besteht ein Spannungsverhälnis zwischen der Nähe zu den Beforschten und der gegebenen Distanz. Dadurch entsteht ein gewisses Vertrauen, weil er die Schüler als Mitwirkende gewinnt, trotzdem ist der Forscher als professionellen Fremder gekennzeichnet  
 +(Vgl. Flick, S. 154). Nach Flick ist es entscheident welche Rolle der Forscher im Feld einnimmt, da er dadurch die Informationgabe stark beeinflussen kann (Vgl. Flick, S. 154).  
 + 
 + 
 +====Sammlung der Daten====
  
 Metzger stellt fest, dass der Weg zu einem tieferen Verständnis über Lernschwierigkeiten sich am Subjekt orientieren muss. Das Ziel des Forschungsprozesses ist somit die Rekonstruktion von subjektiven Theorien über Lernschwierigkeiten (Vgl. Metzger, S. 70).  Metzger stellt fest, dass der Weg zu einem tieferen Verständnis über Lernschwierigkeiten sich am Subjekt orientieren muss. Das Ziel des Forschungsprozesses ist somit die Rekonstruktion von subjektiven Theorien über Lernschwierigkeiten (Vgl. Metzger, S. 70). 
Zeile 183: Zeile 229:
 Im Rahmen der Dialog-Konsens-Methodik der Heidelberger Struktur-Lege-Technik wird zwischen einem monologisch-hermeneutischen Teil und einem dialogisch-hermeneutischen Teil der Untersuchung unterschieden. Eine Möglichkeit des Überganges von Aussagen zum Einzelfall hin zu verallgemeinernden Aussagen über alle erhobenen Fälle, also von einer idiographischen zu einer nomothetischen Sichtweise, stellt die Bildung von Modalstrukturen dar (Vgl. Stössel & Scheele, S. 360ff).  Im Rahmen der Dialog-Konsens-Methodik der Heidelberger Struktur-Lege-Technik wird zwischen einem monologisch-hermeneutischen Teil und einem dialogisch-hermeneutischen Teil der Untersuchung unterschieden. Eine Möglichkeit des Überganges von Aussagen zum Einzelfall hin zu verallgemeinernden Aussagen über alle erhobenen Fälle, also von einer idiographischen zu einer nomothetischen Sichtweise, stellt die Bildung von Modalstrukturen dar (Vgl. Stössel & Scheele, S. 360ff). 
  
-**Fixierung der Daten**+====Fixierung der Daten====
  
 Die Daten des Leitfadeninterview wurden auf Tonträgern fixiert. Dies ermöglicht deren Transkription entsprechend den Regeln der Ulmer Textbank (Vgl. Metzger: S. 71).  Die Daten des Leitfadeninterview wurden auf Tonträgern fixiert. Dies ermöglicht deren Transkription entsprechend den Regeln der Ulmer Textbank (Vgl. Metzger: S. 71). 
Zeile 189: Zeile 235:
 Eine Problemstellung der Fixierung der Daten ist, dass durch die Fixierung eine andere Version der Daten entsteht. Diesem begegnet Metzger durch eine Umfassende Datensammlung. In einer ersten Sitzung führt Metzger ein Leitfadeninterview durch. Nach der Transkribierung und Kommentierung der Daten erfolgt in einer zweiten Sitzung die Bildung der subjektiven Theorien und der Modalstruktur (Vgl. Metzger, S. 96). Eine Problemstellung der Fixierung der Daten ist, dass durch die Fixierung eine andere Version der Daten entsteht. Diesem begegnet Metzger durch eine Umfassende Datensammlung. In einer ersten Sitzung führt Metzger ein Leitfadeninterview durch. Nach der Transkribierung und Kommentierung der Daten erfolgt in einer zweiten Sitzung die Bildung der subjektiven Theorien und der Modalstruktur (Vgl. Metzger, S. 96).
  
-**Interpretation der Daten**+====Interpretation der Daten====
  
 Anhand der Definitionen der Forschungspartner setzt Metzger eine überindividuell gültige Definition der Lernschwierigkeiten.  Anhand der Definitionen der Forschungspartner setzt Metzger eine überindividuell gültige Definition der Lernschwierigkeiten. 
Zeile 197: Zeile 243:
 Die Forschungspartner sahen einen Zusammenhang zwischen Lernschwierigkeiten und Problemen in den Bereichen Person, Familie und Umfeld sowie Schule. Ebenso wurde von Interaktion zwischen den Problembereichen ausgegangen (Vgl. Metzger, S. 182).  Die Forschungspartner sahen einen Zusammenhang zwischen Lernschwierigkeiten und Problemen in den Bereichen Person, Familie und Umfeld sowie Schule. Ebenso wurde von Interaktion zwischen den Problembereichen ausgegangen (Vgl. Metzger, S. 182). 
  
-**Geltungsbegründung**+====Geltungsbegründung====
  
 Metzger stellt fest, dass die Gütebestimmung der Daten der vorliegenden Untersuchung entsprechend ihrer qualitativen Forschungsorientierung erfolgen muss (Vgl. Metzger, S. 90).  Metzger stellt fest, dass die Gütebestimmung der Daten der vorliegenden Untersuchung entsprechend ihrer qualitativen Forschungsorientierung erfolgen muss (Vgl. Metzger, S. 90). 
Zeile 204: Zeile 250:
 Diesen Gütekriterien versucht Metzger in seiner Dissertation zu entsprechen. Metzger stellt fest, dass die Ausrichtung an einem Forschungsprogramm, wie die der Subjektiven Theorie, (Vgl., Groeben et al., 1988) gewährleistet wird. Welches auf der Grundlage eines theoretisch und methodisch reflektierten Forschungsprogrammes und valider Forschungsdaten generiert werden kann.  Diesen Gütekriterien versucht Metzger in seiner Dissertation zu entsprechen. Metzger stellt fest, dass die Ausrichtung an einem Forschungsprogramm, wie die der Subjektiven Theorie, (Vgl., Groeben et al., 1988) gewährleistet wird. Welches auf der Grundlage eines theoretisch und methodisch reflektierten Forschungsprogrammes und valider Forschungsdaten generiert werden kann. 
 Ein solches Vorgehen garantiert einen stabilen Forschungsrahmen, wodurch die gewonnen Daten im wissenschaftlichen Diskurs eher bestehen können, als eine eigene Methode neu zu erfinden und nur einmal zu verwenden (Vgl., Ackermann und Rosenbusch, S. 50).  Ein solches Vorgehen garantiert einen stabilen Forschungsrahmen, wodurch die gewonnen Daten im wissenschaftlichen Diskurs eher bestehen können, als eine eigene Methode neu zu erfinden und nur einmal zu verwenden (Vgl., Ackermann und Rosenbusch, S. 50). 
 +
 +==== Forschung als Diskurs ====
 +
 +
 +Metzger diskutiert die Ergebnisse aus dem Leitfadeninterview mit den Beforschten und bindet diese in die Theoriebildung mit ein. Hieraus resultieren einzelne subjektbasierende Theorien, welche nun kategorisiert und zusammengefasst (verallgemeinert) werden können. Die Selbstreflexion der Subjekte, ermöglicht Selbsterkenntnis und Hilfestellung zur Behebung der nun offengelegten Schwierigkeiten. Die Beforschten werden dabei schriftlich über das Gesamtergenis informieret. 
 +
 +Der Forscher folgt kosequent seiner Maxime die Subjekte in die Theoriebildung mit einzubeziehen. Interessant ist die Frage: Was nun? Führt die Selbsterkenntnis über den Ursprung der Lernschwierigeit dazu, dass die Beforschten sich aus ihrer nachteiligen Situation selbst herausmanövrieren können. Kann die/der Betroffene sein familiäres Umfeld verändern? Inwiefern benötigt das Subjekt externe Unterstützung?
 +
 +Letztlich können die Erebnisse dieser Dissertation dabei helfen, die gedankliche Ausgangssituation der Lehrenden insofen zu beeinflussen, dass nicht von einer irreperabelen Behinderung des Subjekts ausgegangen werden muss. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass durch unterstützende Maßnahmen dem Subjekt bei der Behebung von Lernschwierigkeiten geholfen werden kann.
 +
 +==== Literatur ====
 +Amelang, Manfred; Zielinski, Werner; Psychologische Diagnostik und Intervention; Berlin; Springer; 2002 
 +
 +Flick, Uwe; Stationen des qualitativen Forschungsprozesses In: Handbuch qualitative Sozialforschung. Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen; Wolff, Stephan u.a. (Hrsg.); Weinheim; Beltz PVU; 1995 S. 148-173 
 +
 +Flick, Uwe; Methoden und Anwendungen, Ein Überblick für die BA-Studiengänge In: Soialforschung; König, Burghard (Hrsg.); Reinbek bei Hamburg; Rowohlt; 2009; S. 9-32
 +
 +Friedberthäuser, Barbara; Langer, Antje; Pranger, Annelore (Hrsg.); Handbuch qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft; Weinheim; Beltz Juventa; 2013; S. 430-440
 +
 +Groeben, Norbert, Wahl, Diethelm, Schlee, Jörg, Scheele, Brigitte (Hrsg.); Das Forschungsprogramm Subjektive Theorien In: Eine Einführung in die Psychologie des reflexiven Subjektes;Tübingen: Francke; 1988
 +
 +Metzger, Marius A. (Diss, 2006): Subjektive Theorien über Lernschwierigkeiten : Zur Innensicht des erschwerten Lernens. Online verfügbar unter: http://edudoc.ch/record/3622/files/zu07024.pdf (Letzter Zugriff 29.11.2010)
 +
 +
  
  
lehre/sose2014/sozialwissmeth/analysen/tandem03.1412029445.txt.gz · Zuletzt geändert: 2020/11/04 21:02 (Externe Bearbeitung)